Es war ein recht ruhiger Sommer für Aktienanleger. Zwar herrschte in den Kommentaren vorwiegend eine negative Stimmung (Sorgen über die Delta-Variante, China und ein Tapering in den USA). Diese schlug sich aber nicht in deutlichen Korrekturen an den Kapitalmärkten nieder. Mit großzügiger Unterstützung der Notenbanken erzielten Aktienportfolios Ende August zweistellige Zuwächse. Doch mit zunehmender Flughöhe wird die Luft dünner. So mischte sich in die Freude über das Erreichte zunehmend die Sorge, wie lange die Erholungsphase an den Aktienmärkten anhalten würde. Doch auch wenn es einige Unsicherheiten gibt, bleiben Aktien alternativlos. Anleger tun jedoch gut daran, die Risiken weiterhin im Auge zu behalten und sich auf diejenigen Marktsegmente zu konzentrieren, die auch nach Erreichen des Höhepunkts noch Rendite versprechen.


Es gibt mehrere Parameter, die man im Auge behalten sollte. Zum einen hat die Fed begonnen, die Märkte auf den langsamen Ausstieg aus dem QE-Programm (Tapering) einzustimmen. Als zweites gilt es die Gesundheitslage in Asien zu beobachten, wo die Impfquote sehr niedrig ist (ca. 10 %) und die Pandemie mit Reisebeschränkungen bekämpft wird - mit entsprechenden Auswirkungen auf die globalen Lieferketten, die Frachtpreise und die Inflation. Dies schürt Zweifel an der Annahme einer vorübergehenden Inflation, was die Arbeit der Zentralbanken erschwert. Drittens könnte ein Anstieg der Zinssätze (wie im Frühjahr) die Märkte kurzfristig belasten. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass sich die Auswirkungen des Tapering erst mit Verzögerung bemerkbar machen werden.

Das Auslaufen der staatlichen Stützungsprogramme in den großen Industrie­ländern dürfte die Märkte hingegen kaum beunruhigen, sofern es keine Hinweise auf steigende Insolvenzraten gibt. Vorerst bleiben die Finanzierungsbedingungen sehr unterstützend und die Kreditvergabe ausreichend. Die Gewinnmargen der Unternehmen, die von der starken Erholungsphase profitieren, liegen auf historischen Höchstständen. Die nächsten Zahlen dürften daher wahrscheinlich etwas schwächer ausfallen. Somit kommt es auf eine kluge Auswahl der Sektoren an. Bevorzugt werden sollten Unternehmen, die in der Lage sind, steigende Löhne und Inputkosten zu verkraften. Andererseits dürfte sich die Einigung auf einen globalen Mindeststeuersatz von 15% insbesondere auf die großen Internetkonzerne (GAFA) per Saldo neutral auswirken, da die effektiven Steuersätze in den USA im Normalfall noch höher sind. Auch in China verlangsamte sich das Wachstum im zweiten Quartal aufgrund von Lieferengpässen und Maßnahmen gegen eine exzessive Kredit­vergabe. Hauptgrund für den massiven Einbruch der Aktienkurse der großen Technologie­unternehmen war jedoch das harte regulatorische Durchgreifen der Behörden. Die chinesischen Behörden streben nach wie vor nach mehr Wohlstand für die Mittelschicht, um auch für die kommenden Jahre ein stetiges Wachstum sicherzustellen. Gleichzeitig wollen sie aber den Einfluss großer Privatunternehmen eindämmen. Es empfiehlt sich daher, gezielt in Sektoren und Aktien (hauptsächlich Onshore-Indizes) zu investieren, die auch unter diesen neuen Bedingungen Wachstum generieren können.

Aktien mit ESG-Bezug gehörten auch in diesem Jahr zu den erfolgreichsten Anlagen. Es handelt sich hier jedoch keineswegs um eine Blase, wie manchmal zu hören ist, sondern um einen langfristigen Trend. Dafür sprechen ein Investitionsbedarf von 1 500 Mrd. EUR pro Jahr und die zunehmende Berücksichtigung von ESG-Kriterien durch institutionelle Anleger und Fondsselektoren.

Alles in allem verlangsamt sich das Wachstum also kurzfristig, könnte aber unter den richtigen Bedingungen wieder anziehen. Wie sollten sich Anleger in einem solchen Umfeld positionieren?

Aktien: Angesichts des großen Gefälles zwischen Dividenden- und Anleiherenditen führt für Anleger kein Weg vorbei an Aktien. Die jüngsten Rekordgewinne würden hier für die USA sprechen. Doch trotz vieler Gewinnüberraschungen halten sich die Anleger angesichts hoher Bewertungen zurück. Wir sehen daher weiterhin mehr Potenzial in Europa. Hier finden sich gute Ausgangsbedingungen für zyklische und Value-Aktien mit einem attraktiveren Risiko-Rendite-Profil, die zudem von den Infra­strukturausgaben und Konjunkturprogrammen sowohl in den USA als auch in Europa profitieren werden. Auch Aktien mit ESG-Bezug werden hier zu den Gewinnern zählen.

Finanzwerte: Kurzfristig bieten Banken gute Ertragschancen, da sich die Gewinne nach dem pandemiebedingten Einbruch erholen, steigende Zinsen unterstützend wirken würden und auch wieder Dividenden gezahlt werden. Langfristig werden disruptive Geschäftsmodelle von Fintechs und großen Technologiekonzernen interessante Chancen für risikotolerante Anleger eröffnen.

Auch in den Finanzökosystemen für Kryptowerte bieten sich Chancen. Hier geben wir Handelsplatt­formen und Banken den Vorzug gegenüber einem direkten Engagement in Kryptowerten. Vorsicht geboten ist bei Anlagen in den Schwellenländern, deren Bewertungen angesichts der nachlassenden Gewinndynamik nicht länger attraktiv sind.

Am Rentenmarkt gibt es nur noch wenige Segmente wie Hochzinsanleihen und nachrangige Anleihen, in denen noch Rendite erzielt werden kann. Solange die EZB die Spreads unter Kontrolle hält, sind die Risiken überschaubar. Allerdings könnte das Einstimmen der Märkte auf ein Ende des Anleihekaufprogramms PEPP (das kürzlich in einem ersten vorsichtigen Schritt zum Ausstieg etwas gedrosselt wurde) die Peripherieanleihen belasten. Sollten die (deutlich negativen) Realzinsen wieder steigen, verliert das Argument, Gold zu halten, an Schlagkraft.

Mit Blick auf die gestiegene Volatilität bei gelisteten Aktienwerten bieten Private Assets, d.h. außerbörs­liche Anlagen, ein attraktives Risiko-Rendite-Profil.

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