Wer ans andere Ende der Welt reist, hat viel zu entdecken: Australien bietet atemberaubende Landschaften, eine vielfältige Tierwelt sowie ein Meer, das in verschiedensten Blautönen leuchtet. Nach rund 23 Stunden Flug kommen auf kultureller Seite im Sydney Opera House neben den Augen auch die Ohren auf ihre Kosten.
Down Under ist aber nicht nur ein überzeugendes Reiseziel, auch wirtschaftlich weiß der fünfte Kontinent zu verzaubern: Seit 27 Jahren zeigt sich ein ununterbrochenes Wachstum. Selbst in der Finanzkrise 2008 schaffte es Australien als einziges westliches Land, auf Expansionskurs zu bleiben. Mit 111 Quartalen ohne Rezession sind die Australier Weltmeister.
Der historisch einmalige Aufschwung geht auch auf das Konto von China. Das Riesenreich ist für seinen Rohstoffhunger bekannt, Down Under wiederum für seine zahlreichen Mineralien. Rund ein Drittel der Exporte gehen nach China. Australien liefert aber nicht nur Exportschlager wie Eisenerz und Kohle, auch Fleisch und Molkereiprodukte werden ins geografisch halbwegs nahe Reich der Mitte verschifft sowie Dienstleistungen angeboten. Daher wundert es nicht, dass Australiens Außenhandel prozentual zweistellig wächst.
Diese enge wirtschaftliche Verflechtung ist Segen und Fluch zugleich. Denn kühlt sich die Konjunktur im Reich der Mitte ab, spürt Australien das sofort. Eine derartige Entwicklung ist bereits in vollem Gange. Zwischen dem ersten Quartal 2017 und 2019 nahm das chinesische BIP kontinuierlich von 6,9 auf 6,4 Prozent ab. Synchron dazu zeigt sich eine Abschwächung in Down Under. Das Wachstum lag beim Jahresstart zwar um 0,4 Prozent über dem Vorquartalswert, zum Vorjahr ging das Plus jedoch von 3,1 auf 1,8 Prozent zurück.
Zinsen im Rückwärtsgang
Für den Fall, dass der Handelskonflikt zwischen den USA und China noch weiter eskalieren sollte, hat die Notenbank vorsorglich schon mal ihre Zinsen gesenkt. Die Reserve Bank of Australia (RBA) nahm im Juni den Leitsatz von 1,5 auf 1,25 Prozent zurück. Das war die erste Änderung der Cash Rate seit drei Jahren. Nur wenige Wochen später legten die Währungshüter nach und schraubten den Zins um weitere 0,25 Punkte auf 1,0 Prozent zurück. Notenbankchef Philip Lowe begründete die Zinssenkung nicht unbedingt mit einer schwächeren Wirtschaft.
Seiner Ansicht nach ist die grundsätzliche Lage weiterhin angemessen, und das Wachstum entspricht dem erwarteten Trend. Die RBA rechnet in ihrem Basisszenario mit einem Anstieg des BIP von jeweils 2,75 Prozent in den Jahren 2019 und 2020. Sorgen bereitet den Währungshütern dagegen die Verfassung des Arbeitsmarkts und die Entwicklung der Inflation, die sich zuletzt im Bereich von einem Prozent befand und damit zu gering ist. Die Notenbank plant mit einem Inflationskorridor zwischen zwei und drei Prozent.
Aktien im Vorwärtsgang
Eine starke Wirtschaft und Zinssenkungen sind gute Nachrichten für den Aktienmarkt in Australien. Dieser ist zuletzt auf den höchsten Stand seit elf Jahren geklettert. Der S & P/ASX 200 gewann allein in diesem Jahr knapp 18 Prozent. Damit fehlen dem Index nur noch wenige Punkte bis zum Allzeithoch. An einen Vorstoß in diese Richtung können Anleger mit dem ETF auf den S & P/ASX 200 eins zu eins partizipieren. Das Produkt bietet eine volle Replikation des Basiswerts zu einem Preis von 0,5 Prozent per annum.
Die dominierenden Unternehmen in dem Leitindex sind die Rohstoffgiganten BHP und Rio Tinto. Auf Platz 3 folgt CSL. Der Hersteller und Entwickler von aus menschlichem Plasma gewonnenen Therapeutika hat in den vergangenen Jahren stark in Forschung und Entwicklung investiert und erfolgreiche Produkte auf den Markt gebracht. Vor allem der Bereich "seltene Krankheiten" hat es den Australiern angetan. Die Pipeline ist mit insgesamt rund 30 verschiedenen Produkten gut gefüllt. Besonders viel verspricht sich der Konzern beispielsweise von "CSL 112", einer Therapie zur Vorbeugung von sekundären Herzinfarkten. Mit einer Vermarktung wird ab 2022 gerechnet.
Die Firma befindet sich zudem gerade in einer Phase der Gewinnverbesserung. Während die Ergebnisse zwischen 2014 und 2017 unterm Strich stagnierten, zogen sie im vergangenen Jahr um 30 Prozent an. Auch 2019 dürfte das prozentual zweistellige Wachstum anhalten. CSL rechnet mit einem Nettogewinn zwischen 1,88 und 1,95 Milliarden US-Dollar und geht zugleich davon aus, das obere Ende der Bandbreite zu erreichen. Dies würde einem Plus von zwölf Prozent entsprechen.
Der australische Gesundheitssektor hat noch mehr zu bieten: Cochlear. Der Weltmarktführer für Hörimplantate ist in einem riesigen Wachstumsmarkt tätig. Die Gesundheitsorganisation WHO schätzt die Kosten für unbehandelten Hörverlust auf mehr als 750 Milliarden Dollar pro Jahr. Prognosen zufolge werden bis 2030 630 Millionen Menschen an Hörverlust leiden, sofern keine Maßnahmen ergriffen werden. Bis 2050 dürfte diese Zahl auf über 900 Millionen steigen.
Eine Entwicklung, die Cochlear in die Hände spielt. Seit Jahren steigen Umsatz und Gewinn. 2018 verzeichnete das Unternehmen einen Rekordgewinn von 246 Millionen Dollar, ein Plus von einem Zehntel. Damit Cochlear führend bleibt, fließen zwölf Prozent der Erlöse in Forschung und Entwicklung. Anfang Juni präsentierte die Firma etwa das Implantatsystem "Nucleus 7" mit einer besonders innovativen Steuerungsfunktion, die störende Nebengeräusche reduziert.
Glänzende Investments
Auf der Rohstoffseite gefällt uns Newcrest Mining. Der Goldproduzent verzeichnete im Startquartal zwar leichte Produktionsrückgänge, allerdings hält das Management an den Gesamtjahreszielen fest. Newcrest ist zudem besonders margenstark. Die Gesamtkosten pro Unze liegen lediglich bei 738 US-Dollar. Da der Goldpreis zuletzt deutlich gestiegen ist, füllt sich die Kasse immer schneller. Angesichts der zu erwartenden Geldschwemme der Notenbanken könnte der Goldpreis hoch bleiben - und Newcrests Gewinne weiter anschieben. Aufmerksam beobachten Börsianer derzeit Woolworths Group, die größte australische Supermarktkette.
Zum Unternehmen gehören außerdem Pubs, Hotels, Kaufhäuser, Spielautomaten und Getränkemärkte für Bier, Wein und Spirituosen. Die Alkoholika- und Glücksspieleinheiten sollen zusammengelegt und ausgegliedert werden. Dieser Schritt würde nicht nur die Abhängigkeit vom Umsatz mit Spielautomaten verringern, sondern auch neue Investoren anlocken. Denn: "Ein erheblicher Teil der weltweit verwalteten Fonds, die in diese Aktie investieren würden, ist besorgt über den Besitz von Hotels und Pokerautomaten", sagt Experte David Walker von Clime Asset Management. Die Abspaltung beseitigt seiner Ansicht nach diese Hürde. Daneben legt Woolworths in Zukunft den Fokus stärker auf die Profitabilität. Daher wird in den kommenden drei Jahren rund ein Sechstel der Filialen der verlustbringenden Discount-Kaufhauskette "Big W" geschlossen.
Ein interessanter Spezialwert ist Ooh!Media. Der Spezialist für Außenwerbung verfügt über ein Gesamtnetz von mehr als 30 000 Standorten in Australien und Neuseeland, darunter über 9500 digitale Schilder. Damit steigerte Ooh!Media Umsatz und Gewinn im vergangenen Jahr um jeweils rund ein Viertel. Auch 2019 stehen die Zeichen auf Wachstum. Die Outdoor Media Association, die 80 Prozent der Branche in Australien vertritt, gab soeben bekannt, dass die Medieneinnahmen im zweiten Quartal überraschend um 5,2 Prozent zulegten. Die Aktie schoss nach oben und könnte mit dem Vorstoß nun die monatelange Bodenbildung abschließen.