BÖRSE ONLINE: Sind die Autobauer mit den gerade beschlossenen Einsparmaßnahmen auf dem richtigen Weg?
Ferdinand Dudenhöffer: Es ist richtig, dass Audi und Daimler deutliche Sparanstrengungen angekündigt haben, auch im Personalbereich. Bei BMW wird man sehen, inwieweit man mit dem Bonusverzicht und dem Abbau der Zeitarbeit zurechtkommt. Allerdings muss man sich darüber im Klaren sein, dass Mitarbeiterabbau in den nächsten Jahren teurer wird. Mit den Abfindungszahlungen der Vergangenheit wird man nach meiner Einschätzung nicht zurechtkommen, denn Personalabbau steht flächendeckend in der Autoindustrie an. Also wird die Abfindung teurer. Die Aktionäre müssen sich auf biblische sieben magere Jahre einstellen.
Welche Maßnahmen sind jetzt am dringendsten nötig?
Wichtig ist eine große Investitionsphase mit hohen zweistelligen Milliardenbeträgen in die Elektromobilität und batterie-elektrische Autos. Die Investitionen werden sich erst langfristig auszahlen, sind aber dennoch enorm wichtig. Niedrigzinsen erlauben, die "dürren" Jahre ökonomisch tragfähiger zu gestalten. Gleichzeitig muss man analysieren, welche Engagements in Mobilitätsdienstleistungen und autonome Fahrzeuge in den nächsten zehn Jahren noch Sinn machen. Für BMW und Daimler ist es außerdem wichtig, mit Kooperationen zwischen den beiden oder mit anderen Autobauern wie JaguarLandrover oder Geely bessere Scale-Effekte zu erreichen. Das steht noch auf der Agenda nach der Einsparungswelle.
Bei welchen Autokonzernen sehen Sie am raschesten Fortschritte?
Der VW-Konzern ist insgesamt am weitesten, da Konzernchef Herbert Diess bereits vor drei Jahren sehr mutig umgesteuert hat. Audi hat zwar den Nachteil, dass man derzeit am weitesten hinter BMW und Mercedes liegt. Die Ingolstädter werden aber den Rückstand in den nächsten drei Jahren durch Synergien bei der Elektromobilität mit dem VW-Konzern aufholen können.
Wie stark wird der Zusammenschluss von FiatChrysler und Peugeot die deutschen Autohersteller zusätzlich unter Druck setzen?
FiatChrysler-Peugeot wird General Motors, Ford und die Japaner unter Druck bringen, da man klare Ziele für USA hat. In China spielen beide keine Rolle und sind nicht wahrnehmbar. In Europa wird FiatChrysler-Peugeot im Volumensegment Kostendruck aufbauen. Mit FiatChrysler-Peugeot kann man mit einem höheren Beschäftigungsabbau rechnen, denn Carlos Tavares hat ein klares Ziel: Personalkostenanteil bei zehn Prozent vom Umsatz. Das bedeutet, dass auch im VW-Konzern zusätzlicher Druck auf die Beschäftigten durch die Fusion ausgeht. Carlos Tavares ist der Darwinist unter den Autobauern und er spielt seine Rolle mit aller Härte. Das hat der Jobabbau bei Opel gezeigt.
Für Daimler und BMW hat es weniger Auswirkungen?
Für Daimler und BMW sehe ich tatsächlich wenig Gefahr durch FiatChrysler-Peugeot. Aber auch diese beiden Hersteller brauchen weitere zusätzliche Skalenerträge beim Elektroauto. Daher dürfte die Zusammenarbeit und Kooperation bei BMW mit Daimler oder JaguarLandrover oder Great Wall und bei Daimler mit BMW oder Geely oder Beijing Automotive Industrie (BAIC) steigen.
Rechne Sie bei den deutschen Autobauern mit Fusionen?
Ich rechne mit mehr Zusammenarbeit und Kooperationen, stärkerem Zusammenrücken etwa zwischen Daimler, Geely und BAIC, aber Fusionen sehe ich bei deutschen Autobauern keine. Ob andere, wie Honda sich mit Koreanern oder Chinesen zusammenschließen, wird man sehen. Das ist durchaus denkbar.