Immobilienaktien hat es zuletzt stark zerrissen, doch haben diese nun einen Boden ausgebildet? Ist es vielleicht sogar jetzt Zeit in die Aktien von Vonovia, Deutsche Wohnen, TAG und LEG zu investieren?
Soll man diese Aktien kaufen? Der Kurs von Deutsche Wohnen ist auf Sicht von drei Jahren um rund 44 Prozent eingebrochen. Bei LEG Immobilien und TAG Immobilien belaufen sich die Verluste für den Zeitraum sogar auf 47 beziehungsweise 53 Prozent. Am härtesten hat es aber den größten Immobilienkonzern Deutschlands getroffen. Der Kurs von Vonovia ist um rund 60 Prozent kollabiert.
Boden bei Betongold
Die Gründe liegen auf der Hand. Die rasant gestiegenen Zinsen machen den hoch verschuldeten Immobilienkonzernen das Leben schwer und treiben sie in die Verlustzone. Denn die Mieten haben nicht im selben Tempo zugelegt. Gleichzeitig befinden sich die Preise für Wohnungen auf dem Rückzug. Die Portfolios der sogenannten Bestandshalter verlieren an Wert. Dies drückt sich in den sinkenden Nettoinventarwerten (NAVs) aus. Diese errechnen sich aus der Summe der Vermögensgegenstände, also der gehaltenen Wohnungen, abzüglich der Schulden. Die entsprechenden Aktien orientieren sich normalerweise recht stark am NAV pro Anteilschein.
Doch der Zinszyklus neigt sich inzwischen dem Ende. In den USA ist die Teuerungsrate im Juni unerwartet stark auf drei Prozent zurückgegangen. Das spricht dafür, dass die Fed ihre Leitzinsen nur noch marginal oder vielleicht gar nicht mehr erhöht.
In Europa ist eine ähnliche Entwicklung zu erwarten, allerdings zeitlich nach hinten versetzt. Jetzt könnte der Preisrückgang für Immobilien stoppen. Das gilt insbesondere für den deutschen Markt. Denn der Neubau von Wohnungen ist eingebrochen. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) rechnet im kommenden Jahr nur noch mit 177 000 neuen Einheiten.
Auf einen drastischen Rückgang weisen bereits die Baugenehmigungen hin. Von Januar bis April wurde laut Statistischem Bundesamt nur noch der Bau von 89 900 neuen Wohnungen genehmigt. Im Vergleich zu den Zahlen, die vor einem Jahr gemeldet wurden, beläuft sich der Rückgang auf sage und schreibe 27 Prozent.
Regierung scheitert beim Neubau
Eigentlich hat sich die Ampel in Berlin das Ziel gesetzt, jedes Jahr für den Bau von 400 000 neuen Einheiten zu sorgen, um der Wohnungsnot Herr zu werden. Jetzt erwartet der Zentrale Immobilien-Ausschuss, dass schon 2025 rund 700 000 Wohnungen fehlen. Das erhöht den Druck auf die Mieten und die Kaufpreise für Wohnungen.
„Mit Blick auf die stockenden Neubauaktivitäten wird sich dieser Trend vermutlich fortsetzen“, sagte Gesa Crockford, Geschäftsführerin von Immobilienscout.
Vor allem bei den Mieten hat sich ein enormes Nachholpotenzial aufgestaut. Die sind in der Haussephase deutlich langsamer gestiegen als die Preise für Betongold. Unter den Immobilienaktien sind vor allem die Bestandshalter interessant.
Deren Charts weisen bereits auf eine Bodenbildung hin. Projektentwickler sollten es dagegen aufgrund des Einbruchs der Neubautätigkeit noch länger schwer haben.
Sind die Aktien von Vonovia und Deutsche Wohnen ein Kauf?
Mit einem Portfolio von rund 560 000 Wohnungen ist Vonovia nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa unter den Bestandshaltern die Nummer 1. Zuletzt machte der Konzern allerdings durch angebliche Schmiergeldzahlungen Schlagzeilen, was im März den Kursverfall noch einmal beschleunigte.
Aussichtsreicher ist die Deutsche Wohnen, an der Vonovia knapp 87 Prozent der Anteile hält. Hier belief sich der Bestand Ende 2022 auf 140 000 Wohneinheiten. Bei dem Konzern hat sich das Geschäft zuletzt stabilisiert. Im ersten Quartal 2023 stiegen die Mieten pro Quadratmeter um 2,3 Prozent auf 7,51 Euro.
Bei Immobilienaktien gelten die Funds From Operations (FFO) als wichtige Kennzahl. Sie errechnet sich aus dem Nettogewinn, der um Abschreibungen aufs Immobilienvermögen bereinigt ist. Außerdem werden mögliche Gewinne aus dem Verkauf von Immobilien herausgerechnet. Der FFO spiegelt somit die operative Entwicklung des Geschäfts wider. Bei der Deutsche Wohnen stagnierte der FFO pro Aktie im ersten Quartal bei 0,36 Euro. Der NAV pro Aktie belief sich Ende März auf 49,03 Euro und übersteigt damit den Kurs je Aktie um fast 120 Prozent. Das weist auf eine dramatische Unterbewertung hin.
Sind die Aktien von TAG und LEG ein Kauf?
Mit rund 145 000 Wohnungen ist die LEG Immobilien ähnlich groß wie die Deutsche Wohnen, kommt aber nur auf einen gut halb so hohen Börsenwert. Vor allem aber machte das Unternehmen, das schwerpunktmäßig in Nordrhein-Westfalen tätig ist, zuletzt durch eine Prognoseanhebung auf sich aufmerksam.
Im laufenden Gesamtjahr will LEG jetzt einen bereinigten FFO von 165 bis 180 Millionen Euro erzielen. Für die verbesserten operativen Gewinnaussichten macht das Management vor allem zwei Effekte verantwortlich. Zum einen werden für den von der LEG selbst produzierten Strom weniger Steuern fällig als erwartet. Zum anderen streicht der Konzern Investitionen und fährt den ursprünglich geplanten Neubau zurück.
Aufgrund der verbesserten Gewinnprognose erwarten beispielsweise die Analysten der Berenberg Bank, dass es für dieses Jahr wieder eine Dividende gibt. Allerdings rechnet das LEG-Management für das erste Halbjahr mit einer Abwertung des Immobilienbestands um sieben Prozent. Bei der Bewertung besteht dennoch weiter sehr viel Luft nach oben. Der NAV je Aktie belief sich Ende März auf 155,50 Euro und lag damit mehr als 145 Prozent über dem aktuellen Aktienkurs.
TAG Immobilien, der in Nord- und Ostdeutschland tätige Bestandshalter, setzt auf A-Lagen in B-Städten und auf B-Lagen in A-Städten. Das Portfolio umfasst knapp 86 600 Einheiten. Nach einer Stagnation des operativen Gewinns im vergangenen Jahr rechnet TAG in diesem Jahr mit einem Rückgang des FFOs um gut ein Fünftel auf 0,98 Euro je Aktie. Bereits im ersten Quartal verringerte sich der operative Gewinn (FFO) leicht von 0,31 auf 0,29 Euro. Beim Leerstand besteht allerdings noch deutlich Potenzial.
Dieser fiel zuletzt mit einem Wert von 4,9 Prozent vergleichsweise hoch aus. Bei TAG übersteigt der Nettoinventarwert von Ende März den Kurs um immerhin rund 105 Prozent. Die Aktien des kleinsten der drei Immobilienkonzerne sind daher auch am risikoreichsten.
Die genannten Aktien finden sich auch im Immo Maxx-Zertifikat, dessen Portfolio auf die komplette Wertschöpfungskette von Immobilien weltweit setzt - von der Planung über den Bau bis zur Nutzung.
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