Die Fitness-Industrie wuchs jahrelang, bis Corona den Aufschwung beendete. Nach einem Übergangsjahr ist die Branche fit für das Comeback
Wie steht es um Ihre Vorsätze für das neue Jahr? 2023 hat gerade begonnen und wie jedes Jahr sind die Ambitionen groß: An Weihnachten und Silvester wurde noch mal richtig geschlemmt, ab jetzt soll aber wieder stärker auf den eigenen Körper geachtet werden. Eine Onlineumfrage des Portals Statista zeigt: Auch 2023 steht dieses Vorhaben bei den Deutschen wieder weit oben auf der Liste der beliebtesten Neujahrsvorsätze. 36 Prozent der Befragten wollen demnach abnehmen, etwa jeder Zweite nimmt sich vor, wieder mehr Sport zu treiben oder sich gesünder zu ernähren. Mit der Selbstdisziplin — oder zumindest dem Versuch — der Konsumenten verdient ein ganzer Sektor gutes Geld, nicht nur zum Jahresauftakt. Körperliche Optimierung ist schwer im Trend: Zwischen 2010 und 2019 legten die Umsätze der deutschen Fitnessindustrie ohne Unterbrechung zu. Die Branche macht mit dem Streben der Menschen nach schlanker Linie seit Jahren fette Geschäfte. Doch der Ausbruch der Corona-Pandemie versetzte der Industrie einen heftigen Dämpfer.
Dadurch ging der Branche erst einmal die Puste aus. Studios mussten schließen oder konnten nur unter strengen Regelungen öffnen. Mancher Kunde ging dadurch nicht mehr regelmäßig zum Trainieren, kündigte schließlich die Mitgliedschaft. Einige der in dieser Zeit verlorenen Mitglieder konnten die Studios nicht mehr zurückgewinnen. Dass die Zahl der Kündigungen nicht so hoch ausfiel wie befürchtet, wird unter anderem auf die hierzulande langfristigen Mitgliedsverträge mit Laufzeiten von oftmals zwölf oder 24 Monaten zurückgeführt.
Durch zunehmende Lockerungen kehrte 2022 wieder mehr Normalität ein. Für die Branche war es ein Übergangsjahr. Die Fitnesszentren erlösten wieder deutlich mehr als in den durch die Pandemie geprägten Vorjahren. Im Vergleich zu 2019 besteht jedoch noch erhebliches Nachholpotenzial. Der nächste Belastungstest folgte in den vergangenen Monaten: Studios und Kunden sahen sich höheren Energiepreisen und Kosteninflation gegenüber.
Training als Therapie
Trotz der gestiegenen Belastungen bleibt Fitness für die Kunden zentral: 26 Prozent der Frauen und 31,6 Prozent der Männer besuchten 2022 zumindest ab und zu ein Fitnessstudio. Eine Umfrage des Deutschen Industrieverbands für Fitness und Gesundheit (DIFG) ergab: Unter den Mitgliedern in Fitnessstudios ziehen rund 56 Prozent einen überdurchschnittlichen Nutzen aus dem Training. Damit liegt die Relevanz des Sports beispielsweise über der einer Urlaubsreise, eines Restaurantbesuchs oder dem kostenpflichtigen Streaming von Filmen und Serien.
Die enorme Bedeutung der persönlichen Fitness gelte auch oder gerade in Krisenzeiten, wo das Training neben dem gesundheitlichen Aspekt auch als Ausgleich zu deprimierenden Krisenmeldungen gesehen werde. Zahlen aus der Branche stützen diese Einschätzung: Die US-Kette Planet Fitness, weltweiter Primus der Branche, meldete zum Ende des dritten Quartals mit über 16,6 Millionen eine neue Rekordzahl an Mitgliedern. Basic-Fit, eine niederländische Fitnesskette mit mehr als 1000 Clubs in sechs europäischen Ländern, verzeichnete in den drei bisher gemeldeten Quartalen 2022 jeweils hohe zweistellige Zuwächse bei den Mitgliederzahlen. Die Branche gewinnt also nach der Krise wieder an Kraft.
Fitness ist nicht gleich Studio
Dabei findet Fitness längst nicht mehr nur in Muckibuden oder Studios mit Gerätezirkeln statt. Eine Befragung der Wirtschaftsprüfer von Deloitte ergab: Lediglich jeder Siebte gab an, ausschließlich in Fitnesseinrichtungen zu trainieren. Vielmehr werden heutzutage mehrere Fitnessumfelder kombiniert, das Training so hybrider. Ein vergleichbares Modell hat sich durch die Pandemie bereits in der Arbeitswelt etabliert, Menschen pendeln vermehrt zwischen Büro und Homeoffice. Gleiches gilt für den Sport: Als in der Pandemie die Studios zeitweise schließen oder strenge Corona-Regeln durchsetzen mussten, entdeckten viele das Training zuhause oder draußen für sich. Der Effekt hält an: Mehr als 20 Prozent der von Deloitte-Befragten gaben an, Fitnesseinrichtungen mit Aktivitäten zu Hause oder im Freien zu kombinieren. Dazu tragen auch die Möglichkeiten durch die Digitalisierung bei. „In der Branche herrscht ein breiter Konsens, dass auch zukünftig stationäre Angebote durch digitale Leistungen ergänzt werden und so langfristig eine hybride Fitnesswelt für den Kunden geschaffen wird“, konstatieren die Experten von Deloitte.
Zurück aufs Laufband
Neben Anbietern von Sportartikeln und Herstellern von Geräten für Fitnessstudios wie die italienische Technogym (WKN: A2A HWL) profitieren von diesem Trend vor allem Unternehmen, die praktische Hilfsmittel für sportliche Aktivitäten abseits der Studios bereitstellen.
Ein solcher Anbieter ist Peloton. Die US-Amerikaner bieten Fitnessgeräte wie Fahrräder oder Laufbänder für zu Hause an, mit denen Kunden in den heimischen vier Wänden schwitzen können. Über eine kostenpflichtige Mitgliedschaft stellt Peloton außerdem Onlinekurse bereit. Das Geschäft erlebte in der Hochphase der Pandemie einen Boom, zwischen 2019 und 2021 wurden die Umsätze mehr als vervierfacht. Durch reduzierte Corona-Beschränkungen normalisierte sich die Nachfrage. Peloton schreibt weiter Verluste. Analysten von Bloomberg erwarten auch in den kommenden Jahren weiter Miese. Trotz Kursrückgang drängt sich im aktuellen Zinsumfeld ein Kauf daher nicht auf.
Die Schweizer haben sich eine starke Position in einer lukrativen Nische erkämpft. Allerdings wächst die Konkurrenz durch etablierte Tech-Konzerne, die stetig neue Funktionen für ihre Geräte ausrollen. Die Aktie hat die Übertreibung während der Pandemie abgebaut und könnte einen Boden gefunden haben. Garmin profitiert vom langfristigen Fitnesstrend und agiert in einer attraktiven Nische. Mit seinen „Wearables“, zumeist Fitnesstrackern, bedient das Unternehmen Kunden aus verschiedensten Sportarten, von Laufen über Schwimmen und Tauchen bis Golf. Dabei sieht sich das Unternehmen Konkurrenz durch Anbieter klassischer Smartwatches ausgesetzt. So spendiert beispielsweise Apple seinen Apple Watches zunehmend mehr Funktionen für Sport oder Outdoor-Aktivitäten. Garmin bleibt mit seiner Expertise jedoch weiter gefragt.Durch steigende Ausschüttungen auch für Dividendenjäger interessant. Die Aktie ist in der Schweiz und den USA handelbar.
Mit weltweit mehr als 2300 Clubs sind die US-Amerikaner eine Größe in der Branche. Die Abonnements beginnen bei zehn Dollar im Monat, wodurch auch preissensiblere Kunden in Krisenzeiten dabei bleiben sollten. Ende September verfügte das Unternehmen über eine Rekordzahl an Mitgliedern. Die Aktie ist sportlich bewertet, von Bloomberg befragte Analysten erwarten für die kommenden Jahre aber zweistellige Wachstumsraten. Die Experten raten fast einstimmig zum Kauf.
Trotz schwieriger Monate bleibt Fitness ein Wachstumsmarkt: Daten und Prognosen zufolge haben die Jahre 2020 bis 2022 den langfristigen Aufwärtstrend zwar deutlich gebrochen. Darüber hinaus herrscht jedoch Optimismus in der Branche: So sollen beispielsweise die Erlöse deutscher Fitnesszentren in diesem Jahr wieder über dem Wert von 2019 liegen und bis 2025 weiter zulegen. Damit würde sich der bestehende Trend fortsetzen und die vergangenen Jahre lediglich eine Schwächephase darstellen.