Nach den hektischen Verkäufen zum Wochenbeginn haben sich die Aktienmärkte in Europa am Dienstag wieder stabilisiert. Der deutsche Leitindex notierte gegen Mittag knapp ein Prozent fester bei 12.866 Punkten. Auch der EuroStoxx50.STOXX erholte sich wieder und zog rund ein halbes Prozent auf 3507 Zähler an.
Zur aufgehellten Stimmung trug ein Rückgang beim Gaspreis bei. Der europäische Future verbilligte sich um mehr als zehn Prozent auf 220 Euro je Megawattstunde. "Der Gaspreis ist ein Faktor, der hilft", sagte ein Händler. Der erneute Stopp russischer Gaslieferungen durch die wichtige Pipeline Nord Stream 1 hatte am Montag eine erneute Rally beim Gaspreis ausgelöst und die Aktienmärkte nach unten gezogen.
PORSCHE-IPO VOR ZIELGERADEN
Für Wirbel sorgte am Markt der Startschuss für den Börsengang der Volkswagen-Sportwagentochter Porsche Nachdem die Gremien am Vorabend grünes Licht gegeben haben, wird die Aktienemission für Ende September angepeilt. VW-Titel stiegen in der Spitze um 3,2 Prozent. Auch die Aktien des Großaktionärs des Wolfsburger Autokonzerns, die Familienholding Porsche SE, legten bis zu zwei Prozent zu, bevor sie ins Minus drehten.
"Dass sie so positives Feedback offenbar von Investoren bekommen haben, ist schon positiv für den Markt", sagte ein Händler. Ein erfolgreicher Börsengang könnte nach Einschätzung von VW- und Porsche-Chef Oliver Blume dem derzeit lahmenden Geschäft mit neuen Aktiennotierungen Auftrieb verschaffen. "Ein Porsche-IPO könnte ein Eisbrecher am Markt sein", sagte Blume. Der Startschuss sei zwar bereits erwartet worden, sagten die Analysten der Credit Suisse. Die offizielle Kursnotierung hänge aber noch von den Marktbedingungen ab.
Industrie kämpft mit sinkenden Aufträgen
Negativen Konjunkturnachrichten schenkten die Anleger zunächst wenig Aufmerksamkeit. So fiel der Rückgang der Fertigungsaufträge der deutschen Industrie stärker aus als erwartet. Damit hat die Industrie im Juli den sechsten Monat in Folge weniger Aufträge erhalten. "In Verbindung mit den dauerhaft hohen Energiepreisen steigt die Angst, dass die Unternehmen wegen einer Rationierung von Gas und Strom in den kommenden Monaten gezwungen sein könnten, ihre Produktion noch weiter einzuschränken", konstatierte Jochen Stanzl, Marktanalyst vom Brokerhaus CMC Markets. Ökonomen zufolge steuert Europas größte Volkswirtschaft auf eine Rezession zu.
"Solange der russische Gashahn zu bleibt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer Rezession und die daraus resultierenden Folgen für die Finanzmärkte", sagte Marktstratege Christian Henke vom Handelshaus IG. Vor diesem Hintergrund rückte zunehmend der am Donnerstag anstehende Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank in den Vordergrund. Wichtig dürfte neben dem Ausmaß eines Zinsschritts sein, ob die EZB signalisiert, "dass sie auch angesichts der aktuellen Konjunkturrisiken im Zweifel an einem aggressiven Zinserhöhungstempo festhalten wird", sagte Commerzbank-Analystin Thu Lan Nguyen.
Uniper und HelloFresh steigen ab
Schlusslicht im Nebenwerteindex MDax war mit einem Minus von rund vier Prozent der angeschlagene Energiekonzern Uniper. Dagegen zogen die Aktien von Hauptaktionär Fortum an der Börse in Helsinki in der Spitze um mehr als acht Prozent an, nachdem der Versorger sich beim finnischen Staat eine Brücken-Finanzierung über 2,35 Milliarden Euro gesichert hat.
Unipers Tage in dem Index für mittelgroße Unternehmen sind nach der turnusmäßigen Überprüfung der Index-Zusammensetzung der Deutschen Börse gezählt. Dagegen steigt inmitten der Energiekrise der Energietechnik-Konzern Siemens Energy zum 19. September wieder in die erste deutsche Börsenliga auf und nimmt den Platz von Kochboxen-Versender Hellofresh ein.
Von Reuters