Erste Gerüchte gab es bereits vor Monaten, nun ist es Gewissheit: Der Arzneimittel-Versender Zur Rose Group, hierzulande bekannt durch die Versandapotheke DocMorris, verkauft sein Schweiz-Geschäft. Man werde sich verstärkt auf den deutschen Markt konzentrieren. Die Aktie von Zur Rose explodiert, die des Konkurrenten Shop Apotheke gibt deutlich nach.
Die Zur Rose Group verkauft ihr Schweizer Geschäft an das Handelsunternehmen Migros und wird damit auf einen Schlag ihre Schulden los. Die Thurgauer Versandapotheke will sich fortan auf das Geschäft mit Patienten und Kunden in Deutschland (B2C) konzentrieren. Der Deal soll Zur Rose rund 360 Millionen Schweizer Franken in die Kassen spülen, teilte das Unternehmen am Freitag mit.
Schulden weg, aber...
Laut dem Experten Volker Bosse von der Baader Bank ist der strategische Schritt von Zur Rose für Anleger eine Überraschung - wenngleich er immer wieder als Möglichkeit diskutiert worden sei, um die finanzielle Stabilität der Schweizer zu verbessern. Zur Rose stärke damit seine Kapitalstruktur, fokussiere sich mehr und die Erlöse aus der Transaktion machten Zur Rose so gut wie schuldenfrei. Allerdings werde das Unternehmen damit auch kleiner und weniger profitabel. Zudem reduzierten sich die Wachstumspotenziale.
Von Jefferies Research hieß es, die Gruppe sei damit ihr "Huhn-Ei-Problem" losgeworden. Der zuständige Analyst deutete damit an, dass das Unternehmen lange vor dem Dilemma stand, ob man die Marktstellung in Deutschland weiter ausbauen, und dafür Schulden machen, oder sich auf Profitabilität konzentrieren solle.
Short-Squeeze lässt Aktie von Zur Rose hochschnellen
Die Konzentration auf den deutschen Markt sorgt am Freitag bei Zur Rose für heftige Kursschwankungen der Aktie. Der Schritt sei so etwas wie ein "Befreiungsschlag" für die Online-Apotheke, hieß es am Markt. Entsprechend nervös agierten die Anleger: In einer ersten Reaktion schnellte der Kurs um mehr als 92 Prozent nach oben – vermutlich beschleunigt durch einen Short-Squeeze. Spekulanten, die zuvor auf fallende Kurse gesetzt hatten, sahen sich nun zum Rückkauf der geliehenen Aktien gezwungen.
Anschließend reduzierte sich das Plus zwar deutlich, betrug zuletzt aber immer noch etwa 35 Prozent. Die Zur-Rose-Aktien entkommen damit nach zwei düsteren Börsenjahren 2021 und 2022 ihrem Tal. Das Rekordtief von etwa 23 Euro stammt aus dem November. Erst dieses Jahr haben sie sich davon begonnen zu lösen, nun aber erst mit viel Schwung.
Zur Rose war lange Zeit auf Talfahrt und damit wohl auch bei Spekulanten beliebt, die auf fallende Kurse gesetzt hatten. Allein 2021 hatten die Titel von Zur Rose infolge abermaliger Enttäuschungen rund um das E-Rezept in Deutschland fast 90 Prozent eingebüßt. Zuletzt sah sich das Unternehmen angesichts wachsender Schulden und anhaltenden Verzögerungen bei der Umsetzung des E-Rezepts gezwungen, den Fokus auf die Profitabilität zu legen.
SDAX-Unternehmen bekommt Konkurrenz
Doch was des einen Freud, ist des anderen Leid: Bei den Anlegern der Shop Apotheke Europe kommt die Ankündigung der Schweizer nicht gut an. Laut einem Händler ist es für Anleger der Shop Apotheke keine gute Nachricht, da dem Medikamenten-Versender damit erstarkte Konkurrenz in Deutschland droht.
"Der Erlös, den Zur Rose mit dem Verkauf erzielt, macht die Schweizer netto schuldenfrei. Dies könnte sie zu einem stärkeren und fokussierteren Konkurrenten für Shop Apotheke machen", sagte ein Börsianer. Die Papiere von Shop Apotheke, die am Vortag im Zuge der Marktrally noch um zehn Prozent hochgeschnellt waren, sackten nun zeitweise um fünf Prozent ab und rangierten am SDAX-Ende.
Einschätzung zur Aktie von Zur Rose
(Mit Material von dpa-AFX)