Sprengt der DAX etwa schon bald alle Erwartungen und geht durch die Decke? Diese Gründe sprechen jetzt dafür – und das sollten Anleger wissen.

Börsianer sind für extreme Stimmungsschwankungen bekannt. Anfang August sackte der DAX innerhalb von drei Handelstagen um fast 1500 Punkte ab. Rezessionsängste, geopolitische Risiken, zu hohe Gewinnerwartungen lauteten die Schlagworte. Jetzt das spektakuläre Comeback: Der DAX hat ein neues Rekordhoch markiert und attackiert die Marke von 19000 Punkten.

Was treibt die Kurse? Das Fundament sind die Bilanzgewinne der Unternehmen. Im zweiten Quartal war das Ebit der DAX-Mitglieder nach Berechnung der Unternehmensberatung EY in der Summe um knapp 17 Prozent gestiegen. Nur ein Mal, im Jahr 2021, war ein zweites Quartal für die DAX-Konzerne ergiebiger.

Es gibt noch andere Faktoren. Der Chefanlagestratege der UBS in Deutschland, Maximilian Kunkel, verweist auf schwindende Wachstumsängste, aber auch positive Entwicklungen bei einigen der Indexschwergewichte. Der Softwarekonzern SAP, mit einem Anteil von knapp 15 Prozent der deutlich größte Wert im DAX, gehört dank der guten Wachstumsaussichten seines Cloud-Geschäfts zu den klaren Top-Performern. Von den Kursgewinnen der Walldorfer profitiert der DAX stärker als in früheren Jahren, weil die Deutsche Börse die Obergrenze für das Gewicht eines einzelnen Unternehmens von zehn auf 15 Prozent angehoben hat.

DAX (WKN: 846900)

DAX-Comeback – so hoch kann es gehen

Auch für den DAX gilt: Eine breite Aufwärtsbewegung ist gesünder als eine Rally, die von wenigen Aktien getrieben wird. Gut entwickelt haben sich die Versicherungskonzerne Allianz, Munich Re und Hannover Rück. Selbst lange schwächelnde Zykliker rappelten sich zuletzt auf, sind aber weit von alten Höchstständen entfernt. Dem Chemiekonzern BASF fehlen mehr als 50 Prozent.

Trotz Kursrekord ist der DAX moderat bewertet. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt auf Basis der für die kommenden zwölf Monate erwarteten Unternehmensgewinne bei rund 13 und damit leicht unter dem zehnjährigen Durchschnitt. Ähnlich sieht es beim europäischen Index Stoxx 600 aus. Dem amerikanischen S&P500 wird dagegen ein Aufschlag von mehr als 15 Prozent zugestanden. Börsianer schwelgen beim DAX also nicht in gefährlicher Euphorie.

Die Entwicklung auf dem Parkett steht scheinbar im Widerspruch zur Realwirtschaft Deutschlands. Der Geschäftsklimaindex des Ifo-Instituts ist im August erneut gesunken. Die DAX-Konzerne können sich von diesem Negativtrend abkoppeln, weil sie den größten Teil ihrer Umsätze im Ausland erzielen. Der deutliche Rückgang der Inflation gibt derweil der Europäischen Zentralbank mehr Handlungsspielraum. Für die Sitzung der Währungshüter im September wird die nächste Zinssenkung erwartet. Das wäre ein positives Signal für die europäische Wirtschaft und damit auch für den deutschen Bluechip-Index DAX.

Wie weit kann der DAX im aktuellen Umfeld noch steigen? Die Datenbank des Finanzdienstes Bloomberg erfasst Kursziele von zwölf Investmenthäusern. Im Schnitt sehen diese den DAX bis Jahresende bei 18 500 Punkten. Das würde auf eine Seitwärtsbewegung hinauslaufen. Zu den Bullen gehören die Strategen der DZ Bank mit einem Ziel von immerhin 19 500 Punkten zum Jahresende. Rechnet man dagegen die Kursziele der Analysten für die einzelnen Indexmitglieder hoch, hätte der DAX auf Sicht von zwölf Monaten das Potenzial, auf mehr als 21 000 Punkte zu steigen.

Übrigens: Dieser Artikel erschien zuerst in der neuen Print-Ausgabe von BÖRSE ONLINE. Diese finden Sie hier

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