Vermögensverwalter und Fondsmanager Jens Ehrhardt zeigt sich im Interview mit BÖRSE ONLINE zuversichtlich, dass die Schweiz die Probleme mit der Credit Suisse in den Griff bekommt und das globale Finanzsystem nicht aus den Fugen gerät. Dennoch lauerten im Finanzsystem weitere Milliardenrisiken, vor allem in den USA. Dort könnte es noch böse Überraschungen geben.
BÖRSE ONLINE: Vor Kurzem sagten Sie der Redaktion: „Die Bremspolitik der Notenbanken wird auf die Finanzmärkte durchschlagen, und die guten Zeiten an der Börse werden hinter uns liegen.“ Fühlen Sie sich bestätigt?
Jens Ehrhardt: Die schärfste und schnellste monetäre Bremspolitik der US-Notenbank Fed musste früher oder später ihre Opfer bringen. An wel-cher Stelle sich ernsthafte Probleme auftun, lässt sich im Voraus schwer sagen. Immobilienprobleme, die Ursache der US-Finanzkrise 2007/09 waren, sind diesmal aber nicht realistisch. Die Aussichten für Konjunktur und Börse bleiben monetär bedingt aber ungünstig.
Wie stark gefährdet die Credit-Suisse-Schieflage das Finanzsystem?
Das Ansehen des Finanzplatzes Schweiz steht und fällt mit einer Begrenzung der Probleme bei Credit Suisse. Der frühere Fed-Chef Ben Bernanke sprach in der Finanzkrise von der Wichtigkeit eines „Containment“ (Eindämmung) der Probleme. Das ist auch diesmal die Hauptaufgabe, was der Schweiz sicherlich gelingen wird.
Das Bankensystem gilt als besser kapitalisiert und strenger reguliert als 2008. Dennoch muss wieder eine Bank mit staatlicher Hilfe gerettet wer-den. Wo liegt denn diesmal der Fehler?
Ex-US-Präsident Donald Trump hatte die Regulierung für kleinere US-Banken gelockert, was sich jetzt als Fehler herausstellt. Die Regulierung in Europa ist dagegen deutlich strenger als 2008, sodass systemische Risiken unwahrscheinlich sein dürften. Die Probleme im US-Bankensystem lassen sich wahrscheinlich durch die Garantien von Finanzministerin Janet Yellen gut begrenzen. Diesmal ist aber die Kreditgewährung im US-Schattenbankensystem, etwa bei Private-Equity-Fonds, deutlich größer als 2008. Dieser weniger regulierte Bereich könnte mit seinen Hunderten Milliarden von Krediten noch für unangenehme Überraschungen sorgen.
Die UBS verbessert ihre Marktposition erheblich. Ist die Aktie jetzt ein Kauf?
Die UBS ist eine sehr gut gemanagte Bank. Trotz der verbesserten Marktposition ist fraglich, ob die Fusion mit der Credit -Suisse für die UBS eine Wunschsituation war. Chancen und Risiken sind für Außenstehende schwer zu beurteilen. Das umsichtige UBS-Management dürfte aber dafür sorgen, dass weder Bank noch internationales Finanzsystem durch die Fusion in Schwierigkeiten kommen.
Was bedeutet die angespannte Situation im Bankensektor für die Konjunktur?
Die Kreditvergabe in den USA und anderen Ländern dürfte sich mit Sicherheit verschlechtern. Das macht eine Rezession spätestens im dritten Quartal in den USA sehr wahrscheinlich.
Sehen Sie trotzdem Kaufchancen?
Früher war es richtig, erst an Käufe zu denken, wenn die Notenbank ihre Anti-Inflationspolitik aufgegeben hat und zu Zinssenkungen übergegangen ist. Bonitätsmäßig erstklassige Staatsanleihen und andere festverzinsliche Papiere sehr guter Bonität dürften in den kommenden Monaten per saldo Kursgewinne ermöglichen
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