Oh, là, là - mit weitverzweigten Firmenimperien dominieren Frankreichs Milliardäre die Top-Etagen der globalen Luxusbranche. Bernard Arnault, Chef und Großaktionär des weltweit größten Luxusgüterkonzerns LVMH, rückte mit seinem auf knapp 108 Milliarden Dollar geschätzten Vermögen auf der Liste der weltweit reichsten Menschen laut US-Wirtschaftsmagazin "Forbes" jüngst von Platz 4 auf Platz 2 vor, vorbei an Microsoft-Chef Bill Gates und hinter Amazon-Gründer Jeff Bezos.
Der Ingenieur und Sohn eines Immobilienmaklers, der Anfang der 80er- Jahre mit Ferienwohnungen in Palm Beach den Grundstein für das Imperium schuf, stieg erst 1984 in die Luxusbranche ein. Arnault fand einen Rohdiamanten: Er sanierte ein Textilunternehmen, zu dessen Tochterfirmen auch das Modeunternehmen von Christian Dior gehörte. Inzwischen führt er mit dem globalen Primus 70 Topmarken in den Bereichen Mode, Parfüm, Schmuck, Luxusuhren und Spirituosen. Berühmte Namen wie Louis Vuitton, Givenchy, Bulgari oder Hublot zählen ebenso dazu wie das renommierte Champagnerhaus Moët & Chandon.
Der Pariser Konzern, der mit einem geschätzten Jahresumsatz 2019 von 52 Milliarden Euro fast viermal so groß ist wie die Nummer 2, Kering, schafft es trotz seiner Größe regelmäßig, Börsianer zu überraschen. So fielen die aktuellen Halbjahreszahlen besser aus als erwartet. "Die Zuwächse kommen aus allen Märkten", sagte Finanzchef Jean-Jacques Guiony.
Jetzt ist Reisen angesagt
Die Bilanz ist kerngesund, die Verschuldung gering, das Geschäft läuft - das verschafft den Franzosen Spielraum für weitere Expansion. Jüngst erwarb der Konzern Belmond, einen Anbieter von exklusiven Luxusreisen und Betreiber von 33 First-Class-Hotels. Damit setzt der 70-jährige Arnault auf den jüngsten Branchentrend - Luxuserlebnisse. Mit dem Belmond-Paket erhielt sein Konzern auch den legendären Venice Simplon-Orient-Express, der mit exklusivem Service die gehobene Klientel zwischen europäischen Metropolen reisen lässt.
LVMH ist mit seinem Großaktionär Arnault quasi noch ein Familienkonzern, so wie Kering oder der Lederspezialist Hermès International, der Anleger jüngst mit dem stärksten Quartalswachstum der vergangenen fünf Jahre begeisterte.
Der Erfolg lockt inzwischen aber auch Quereinsteiger wie den Pariser Telekom-Mogul Patrick Drahi. Derzeit arbeitet der Unternehmer an einer 2,7 Milliarden Dollar schweren Übernahme des Auktionshauses Sotheby’s. Wettbewerber Christie’s gehört schon lange zu Kering, dem Konzern des französischen Milliardärs François Pinault. Zu dessen Imperium zählen Edelmarken wie Gucci oder Bottega Veneta. Das Unternehmen des 83-jährigen Firmen- und Kunstsammlers leitet inzwischen dessen Sohn François-Henri.
An der Börse gelten die Pariser Schwergewichte LVMH, Kering und Hermès International auch in diesem Jahr als Favoriten. Die Aktien haben dabei seit Jahresbeginn den Branchenindex des US-Börsendiensts Bloomberg geschlagen.
Französischen Unternehmen liegt es offenbar besonders, den Drang der Kunden nach Prestige und dem Außergewöhnlichen in lukrative Geschäfte zu überführen. Die beiden Riesen LVMH und Kering, die breiter aufgestellt sind als die meisten Konkurrenten, gehören dabei zu den langfristigen Favoriten der Anleger. Sie stehen in der Gunst der Investoren vor kleineren Firmen mit wenigen Marken, etwa dem deutschen Premiumschneider Hugo Boss. "Diese Polarisierung hält an", prophezeien die Analysten der US-Bank Morgan Stanley.
Zweistelliger Zuwachs in China
Der Boom der Branche setzt sich unterdessen vor allem in Asien unvermindert fort. Von den Auswirkungen des Zollstreits zwischen den USA und China bleibt der Sektor bislang weitgehend verschont. "Die Nachfrage aus China bleibt stark. Das ist eine große Überraschung", sagt Luca Sola, Analyst derUS-Bank Bernstein. Im vergangenen Jahr legte der Luxusmarkt in China nach Zahlen von Bloomberg Intelligence um 20 Prozent zu - viermal so stark wie in Europa und in den USA.
Der auf 112 Milliarden Dollar Umsatz geschätzte Markt steht dabei erst für neun Prozent des globalen Geschäfts. Noch ist China hinter Europa und den USA der weltweit drittgrößte Markt. Das liegt auch daran, dass im Reich der Mitte Luxus häufig besteuert wird und vieles außerhalb von China günstiger zu haben ist. Vermögende Chinesen shoppen deshalb auch gern in London und den anderen Metropolen Europas.
Luxus läuft auch online
Asiaten haben wenig Scheu, die begehrte Ware im Internet zu erwerben. 2019 bestellten Chinesen Luxusartikel für knapp neun Milliarden Dollar online. Bis 2025 wird sich der Umsatz auf 21 Milliarden Dollar mehr als verdoppeln, erwartet die Unternehmensberatung McKinsey. Um beim Onlineboom dabei zu sein, betreibt LVMHs Toplabel Louis Vuitton nicht nur einen Onlineshop in China, sondern ist auch auf der populären Social-Web-Seite Xiaohongshu ("Kleines rotes Buch") präsent.
Kerings Label Yves Saint Laurent baut seine Präsenz im Web in Kooperation mit chinesischen Internetfirmen auf. Die Marke gehört wie Gucci zu Kerings besten und lieferte in den vergangenen sieben Jahren jährliche Zuwächse von im Schnitt 20 Prozent. Gucci wiederum beschert Kering mehr als 60 Prozent des gesamten Umsatzes und rund 80 Prozent des Gewinns. Mit einer operativen Marge, die 2019 bei rund 40 Prozent liegen sollte, ist die derzeit wohl angesagteste Modemarke hochprofitabel. Schwächelt Gucci wie bei der soeben vorgelegten Quartalsbilanz, ist die Abhängigkeit ein Handicap.
An der Börse ist der familiengeführte Konzern Hermès International ein Star unter den kleineren Luxusfirmen. Anders als von Investoren befürchtet, wurde das Geschäft des für exquisite Lederwaren geschätzten Unternehmens von den jüngsten Protesten in Hongkong, Chinas Hotspot für Luxusshopper, nicht belastet. Die jüngste Quartalsbilanz fiel besser aus als erwartet. Die hohe Nachfrage nach den Handtaschenklassikern Kelly Bag und Birkin Bag, für die Hermès jeweils mehr als 10 000 Dollar pro Stück aufruft, gilt als Signal, dass die Kauflaune der gut Betuchten anhält.
Investor-Info
LVMH
Topniveau
Die neuen Entwürfe von Christian Dior, Louis Vuitton und Céline kommen gut an. Kreativität sei wesentlich für den Erfolg, sagt Chef Bernard Arnault. Die Bilanz für das erste Halbjahr fiel stark aus, der Nettogewinn stieg um neun Prozent auf 3,3 Milliarden Euro. Besonders gut läuft es in China, wo der Konzern 40 Prozent des Umsatzes erzielt, und in den USA (22 Prozent). Auch in Europa zieht das Geschäft an. Analysten erwarten 2019 rund 14 Prozent Gewinnplus. Aussichtsreich.
Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 440,00 Euro
Stoppkurs: 240,00 Euro
Kering
Gucci ist der Kern
Dämpfer für die Kursfantasie: Mit 12,7 Prozent mehr Umsatz auf vergleichbarer Fläche blieb Kerings Toplabel Gucci im zweiten Quartal unter den Prognosen der Analysten, die 14,5 Prozent erwartet hatten. Es wird schwieriger, das für 2019 anvisierte Umsatzwachstum um 15 Prozent auf 15,8 Milliarden Euro zu erreichen. Kleiner Trost: Gucci ist aktuell mit einer operativen Marge von über 40 Prozent sehr profitabel. Abwarten.
Empfehlung: Beobachten.
Kursziel: 500,00 Euro
Stoppkurs: 400,00 Euro
Hermès International
Wertvolles Leder
Der Höhenflug der Aktie seit Jahresbeginn hält an. Exklusive Lederprodukte wie Handtaschen und Schuhe, die rund die Hälfte des Umsatzes liefern, sowie einer starke Präsenz in Asien, ebenfalls knapp die Hälfte der Erlöse, bescherten Hermès im zweiten Quartal zwölf Prozent Umsatzwachstum. Das ist doppelt so viel wie der Durchschnitt im Luxussegment. Der Ausblick ist positiv.
Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 760,00 Euro
Stoppkurs: 520,00 Euro