Es muss einfach ein klasse Börsenjahr werden. Zumindest sagt dies der Super-Bowl-Indikator voraus. Neben "Sell in May and go away" zählt er zu den Klassikern unter den Börsenweisheiten. Er besagt, dass die Börsenkurse eines Jahres vom Ergebnis des wichtigsten Footballspiels abhängen. Gewinnt eine Mannschaft der American Football Conference (AFC), sorgt dies für fallende Kurse. Gewinnt eine Mannschaft der National Football Conference (NFC), sollen die Bullen die Oberhand behalten. Zwar gibt es in der Historie keine Garantie, dass der Ausgang des Spiels tatsächlich die Kurse antreibt. Doch war dies in den USA zu immerhin etwas mehr als 80 Prozent der Fall. Deswegen lässt Tom Brady nicht nur seine Fans, sondern auch die Börsianer jubeln. Denn mit dem 31 : 9 seiner Tampa Bay Buccaneers gegen die Kansas City Chiefs setzte sich das Team aus der NFC durch.
Was die Börsen wirklich treibt
Freilich sollten Anleger eher auf reale Daten als auf Börsenweisheiten setzen. Obwohl hier zwischen Realwirtschaft und Börsenkursen aktuell eine Lücke klafft. Am Montag markierte der DAX mal wieder ein neues Hoch bei mehr als 14 100 Punkten. Und das, obwohl das Treffen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel kurz bevorstand und eine Verlängerung des Lockdowns sehr wahrscheinlich war. Die Gefahr von Virusmutanten versetzt die Politiker weiter in Alarmstimmung. Und auch in vielen Konzernbilanzen dürften sich zum ersten Quartal tiefe Spuren der Corona-Krise wiederfinden.
Überlagert werden negative Szenarien jedoch von der Aussicht, dass immer mehr Impfstoffe auf den Markt kommen und Laboruntersuchungen letztlich bestätigt haben, dass etwa das Vakzin von Biontech und Pfizer auch gegen die Corona-Varianten aus Südafrika und Großbritannien ihre Wirkung entfalten.
Dazu kommt der Anlagenotstand durch die fortwährend niedrigen Zinsen und die Aussicht auf weitere finanzielle Hilfen seitens der US-Regierung: So wirbt Finanzministerin Janet Yellen weiter für ihr 1,9 Billionen Dollar schweres Hilfspaket und stellt bereits für das kommende Jahr wieder Vollbeschäftigung im Land in Aussicht. Ob dies realistisch ist oder nicht, ist Marktteilnehmern aktuell ziemlich egal. Sie saugen die positiven Nachrichten auf und kaufen weiter zu.
Das gilt auch für Kryptowährungen: Nachdem Tesla bekannt gegeben hatte, Coins im Wert von 1,5 Milliarden Dollar gekauft zu haben, schoss der Kurs zweistellig nach oben. Das neueste Gerücht: Auch andere Konzerne wie Apple sollen Interesse haben, im großem Stil in Bitcoin zu investieren. Ein Ende der Rally ist nicht abzusehen.
Allzu sehr sollten sich Anleger derweil dann doch nicht auf lediglich positive Nachrichten freuen. Ungelöst sind weiterhin die Differenzen zwischen den USA und China: Der Machtwechsel in Washington hat bislang zumindest zu keinerlei Entspannung geführt. Sowohl politisch als auch wirtschaftlich stehen sich die Staaten immer noch feindselig gegenüber.
Vielleicht hilft ja das neue chinesische Jahr, das am 12. Februar beginnt, um etwas Ruhe in die angespannte Situation zu bringen. Es steht unter dem Zeichen des Büffels. Dieser gilt als zielstrebig und zuverlässig. Auch bei vielen Chinesen ist aufgrund der Corona-Pandemie noch eiserne Disziplin gefordert. Gefeiert wird wohl eher gemäßigt. Begeben sich normalerweise Hunderte Millionen auf die Straße und in die Bahn, um ihre Familien zu besuchen, dürften die allermeisten in diesem Jahr wohl zu Hause bleiben.
Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com