Bis einschließlich nächsten Montag werden wohl die meisten Personen- und Güterzüge ausfallen. Der längste Bahnstreik in der Geschichte der Deutschen Bahn wird richtig teuer und belastet große Teile der deutschen Wirtschaft. Unterdessen profitieren Airlines, Autovermieter und Busbetreiber, die erhöhte Buchungen verzeichnen
Die Gewerkschaft der Lokführer (GdL) will ab Dienstag-Abend den Güterverkehr lahmlegen, ab Mittwoch dann auch den Personenverkehr der Bahn. Für Bahnreisende stehen erneut schwierige Tage mit absehbar Tausenden Zugausfällen bevor. GdL-Chef Claus Weselsky hat den sechstägigen Streik verteidigt. Die Arbeitgeber seien der Gewerkschaft mit ihrem jüngsten Angebot nicht entgegengekommen. Verhandlungen lehnt er weiterhin ab.
Kosten von 100 Millionen Euro am Tag
Nicht nur die Fahrgäste leiden. Auch die deutsche Industrie muss sich aufgrund des Lokführerstreiks auf erhebliche Einschränkungen einstellen. Möglicherweise werden Lieferketten unterbrochen. Durch die Länge dürfte der Stillstand sehr teuer werden, meint der Ökonom Michael Hüther. Nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) werden voraussichtlich rund eine halbe Milliarde Euro an volkswirtschaftlichen Kosten verursacht.
"Rechnungen, die wir gemacht haben, die auch andere gemacht haben, kommen auf etwa 100 Millionen am Tag, also am kompletten Streiktag", sagte IW-Direktor Michael Hüther dem Nachrichtensender "Welt". Bei der nun angekündigten Streikdauer von sechs Tagen würden die Kosten
nicht mehr linear steigen, sondern sich teils multiplizieren.
Unterdessen verzeichnen Airlines, Autovermieter und Busbetreiber wegen des bevorstehenden längsten Streiks in der Geschichte der Deutschen Bahn mehr Buchungen. "Aktuell beobachten wir für diese Woche bundesweit eine deutlich erhöhte Nachfrage", sagte ein Sprecher des börsennotierten Autovermieters Sixt am Dienstag der Nachrichtenagentur "Reuters". Europcar betonte, noch viele freie Fahrzeuge zu haben. "Bis einschließlich Mittwoch könnte es allerdings knapp werden, da wir bereits zahlreiche Buchungen erhalten haben", sagte der Geschäftsführer der Europcar Mobility Group Germany, Tobias Zisik. Und der Leihwagen-Anbieter Billiger Mietwagen wirbt in Rundmails: "Bye bye Bahnsinn, Hallo Carsharing."
Lufthansa-Aktie im Aufwind
Der Bahnstreik führt auch zu mehr Buchungen bei der Lufthansa. Man verzeichne "zusätzliche Buchungen für innerdeutschen Flugverbindungen und setzt auf verschiedenen Strecken größere Flugzeuge ein", sagte ein Unternehmenssprecher. Die Tochtergesellschaft Eurowings stellte ebenfalls eine sprunghaft gestiegene Nachfrage auf ihren innerdeutschen Strecken fest. In diesen Tagen verzeichne man die höchsten Buchungseingänge der vergangenen vier Jahre, erklärte ein Sprecher. Zwischen Berlin und Düsseldorf seien ab Donnerstag auch zusätzliche Flüge buchbar. Zudem will auch Eurowings größere Flugzeuge an den Start bringen. Im Vergleich zu einem Airbus A319 hat ein A321 aus der gleichen Baureihe mit bis zu 232 Sitzen rund 40 Prozent mehr Kapazität.
Die Lufthansa-Aktie gehört heute an der Börse zu den Tagesgewinnern. Mit einem Kursplus von mehr als zweieinhalb Prozent gehört sie zu den besten Werten im MDAX (siehe Chart). Das liegt aber vor allem an den Zahlen von United Airlines. Der US-Partner hat gestern nachbörslich einen besser als erwarteten Gewinnausblick für das Geschäftsjahr 2024 abgegeben. Die Aktie gewinnt vorbörslich über sechs Prozent. Auch die Sixt-Aktie steigt überdurchschnittlich.
Nach der jüngsten Kurskonsolidierung könnte die Lufthansa-Aktie nun vor einem neuen Aufschwung stehen. Mutige, risikobewusste Anleger legen sich ein paar Stücke ins Depot.
Das Unternehmen FlixBus, das mit FlixTrain auch einen direkten Bahn-Konkurrenten auf der Schiene hat, berichtet ebenfalls von mehr Interesse von Reisenden. "Wir sehen wie meistens, wenn Wettbewerber bestreikt werden, eine deutlich gestiegene Nachfrage", betonte eine Sprecherin. "So hat sich auch dieses Mal die Nachfrage mehr als verdoppelt." Aktuell seien aber noch ausreichend Tickets verfügbar. "Sofern notwendig, planen wir in enger Zusammenarbeit mit unseren Buspartnern nach Möglichkeit zusätzliche Busse ein", hieß es. (Mit Material von Reuters)
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Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Deutsche Lufthansa.