Der reichste Mensch der Welt hat auch nicht mehrere Milliarden Dollar "einfach so rumliegen". Für die Übernahme des Kurznachrichtendienstes Twitter musste Elon Musk inklusive Abwicklungskosten 46,5 Milliarden Dollar auftreiben. Hohe Kredite von Banken und Investoren reichten nicht. Mehr als 22 Milliarden musste er aus eigener Tasche finanzieren. Aber womit?

Mit einem Vermögen von aktuell fast 224 Milliarden Dollar (laut Forbes) gilt der 51-Jährige Elon Musk zwar als reichster Mann der Welt. Doch der Großteil des Geldes ist in Tesla-Aktien und Anteilen am Raumfahrt-Unternehmen SpaceX gebunden und nicht leicht flüssig zu machen.

Für den Twitter-Deal haben mehrere Banken, darunter Morgan Stanley und die Bank of America, 13 Milliarden Dollar in Form von Krediten zur Verfügung gestellt. Bleiben noch 33,5 Milliarden Dollar Eigenkapital, die Musk aufbringen muss beziehungsweise musste. Darin enthalten ist bereits das bisherige 9,6-Prozent-Aktienpaket an Twitter, das allein vier Milliarden Dollar wert ist.

Krypto-Börse beteiligt sich

Weitere 7,1 Milliarden Dollar hat Musk von Investoren bekommen, darunter Oracle-Gründer Larry Ellison und der saudische Prinz Al-Waleed bin Talal. Die Krypto-Börse Binance steuerte 500 Millionen Dollar bei. Andere potenzielle Geldgeber wie die Finanzinvestoren Apollo und Sixth Street Partners hatten ihre Offerten wieder zurückgezogen.

Also musste Musk 22,4 Milliarden Dollar aus der eigenen Tasche finanzieren. Nach Berechnungen von Reuters hat er mit dem Verkauf von Tesla-Aktien seit November 2021 rund 20 Milliarden Dollar eingenommen.

Weitere Tesla-Aktien auf den Markt geworfen?

Woher die restlichen zwei bis drei Milliarden kommen, ist unklar. Es wird vermutet, dass Musk zuletzt weitere Aktien des von ihm gegründeten Elektroautobauers Tesla auf den Markt geworfen hat – zwischen dem 19. Oktober, an dem Tesla seine Quartalszahlen vorgelegt hat, und dem Freitag, bis zu dem er die Twitter-Übernahme abgeschlossen haben musste.

Die Tesla-Aktie hatte in den vergangenen Tagen zeitweise deutlich nachgegeben. Am 24. Oktober war sie zeitweise unter die 200-Dollar-Marke gerutscht und damit auf den tiefsten Stand seit Juni 2021. Per Schlusskurs blieb der Nasdaq-Wert darüber (siehe Chart).

TradingView
Tesla-Chart in US-Dollar seit Mai 2021 (Nasdaq)

Auffällig ist der steile Kursabschwung seit dem 19. September bis Mitte Oktober, was aber wohl nicht direkt mit Musk-Verkäufen zu tun hat, sondern mit Ängsten der Anleger vor Musk-Verkäufen. Im fraglichen Zeitraum zwischen dem 19. und 28. Oktober 2022 legte die Tesla-Aktie derweil auf zuletzt 228,52 Dollar leicht zu.

Twitter wird von der Börse genommen

Ob und wie Elon Musk das restliche Kapital für die Twitter-Übernahme aufgebracht hat, wird wohl im Dunklen bleiben. Denn mit dem Kauf nimmt er Twitter von der Börse und muss danach nicht mehr über die Entwicklung des Geschäfts informieren. Zuletzt war die Aktie bereits vom Handel ausgesetzt.

Unter anderem bekommt Musk mit dem Delisting aus rechtlicher Sicht mehr Freiraum und weniger Angriffsfläche für behördliche Strafen. Börsennotierte Unternehmen sind den strengen Blicken der Aufsichtsbehörden ausgesetzt.

Zudem muss Twitter als Privatunternehmen keine regelmäßigen Quartalsberichte mehr veröffentlichen und kann somit verhindern, dass von außen zu jeder Zeit genaue Rückschlüsse auf die finanzielle Lage der Firma gezogen werden können.

Gesperrte User sollen befreit werden

Der Spiegel schreibt: "Mit dem Kauf von Twitter leistet sich der reichste Mensch der Erde einen teuren Fehlgriff. " Derweil wächst in der westlichen Welt die Angst vor der Macht des wankelmütigen Unternehmers.

Am Wochenende machte Elon Musk per Tweet Andeutungen, wie es inhaltlich mit Twitter weitergehen könnte: "Alle, die aus geringfügigen und zweifelhaften Gründen gesperrt wurden, werden aus dem Twitter-Gefängnis freikommen." Darunter könnte auch Donald Trump sein, der immer wieder Fake-Inhalte oder Lügen verbreitete.
Mehr Zeichen und erstmals Gebühren?

Musk zeigte sich zudem offen dafür, für Tweets die Begrenzung auf 280 Zeichen hochzuheben. Auch fand er es eine gute Idee, wenn Nutzer die Wahl zwischen verschiedenen Versionen des Dienstes haben könnten: "Wie eine Alterseinstufung im Kino."

Elon Musk, der Twitter zu einem "Beschleuniger für die Entstehung von X, der App für alles" machen könnte, wird wahrscheinlich auch nach Wegen suchen, um die Einnahmen zu erhöhen. So hatte der Unternehmer bereits die Idee geäußert, von Unternehmen Gebühren für das Einbetten von Tweets zu verlangen. Viele Twitter-User wandern bereits Richtung Mastodon ab.  (Mit Material von Reuters und dpa)

Fazit

Wenn sich Elon Musk am Twitter-Deal nicht überhebt und er mit dem Kurznachrichten-Dienst irgendwann die Kosten wieder reinholt, dürfte auch Tesla in der Spur bleiben. Ob die Tesla-Aktie jedoch angesichts weltweit zunehmender Konkurrenz von E-Auto-Bauern einstige Höhen erreicht, muss bezweifelt werden. BÖRSE ONLINE hat jedoch immerhin ein Kursziel von 365 Euro ausgegeben.