BÖRSE ONLINE: Herr Strauss, inwieweit äußert sich die Corona-Krise in den einzelnen Bereichen der PORR?
Karl-Heinz Strauss: Positiv zu vermerken ist die gute Nachfrage in allen Bereichen wie Wohnungsbau, Bürogebäude oder Infrastruktur. Aber durch den Shutdown in Österreich wurden Baugenehmigungen oder Änderungen nur langsam und teilweise nicht rechtzeitig bearbeitet. Einige Gemeinden haben versucht, diesen Rückstau mit virtuellen Verhandlungen zu überbrücken. Das hat auch funktioniert, aber gerade die öffentliche Hand hat beim Thema Digitalisierung noch viel zu tun. Generell ist es so, dass Ausschreibungen, Planungsthemen und Genehmigungsverhandlungen in der Corona-Zeit nicht stattgefunden haben. Bauprojekte haben besonders im Infrastrukturbereich eine enorme Vorlaufzeit und die hat sich dadurch leider verlängert.
Durch den Lockdown haben sich einige Ihrer Projekte verzögert. Werden die dadurch anfallenden Kosten ersetzt?
Es gibt in Österreich sogenannte ÖNORM-Verträge. Damit soll mit den Auftraggebern eine Vereinbarung gefunden werden, dass die Kosten teilweise ersetzt werden. In allen anderen Märkten in Europa ist es so, dass die Verträge eine Force-Majeure-Klausel enthalten. Das bedeutet, dass wir wegen der Verzögerungen keine Vertragsstrafen oder Strafverzugszinsen zahlen müssen. Aber die zusätzlichen Kosten, die etwa durch die längere Bauzeit oder das Vorhalten von Containern angefallen sind, werden uns nicht ersetzt. Das ist ein enormer Schaden, der sich potentiell auf einen mittleren Millionenbetrag belaufen wird.
Abgesehen von den Zusatzkosten: Sind für die PORR durch die Corona-Krise auch Einnahmen ausgeblieben?
Natürlich haben wir einen Leistungsausfall durch den Shutdown in Österreich und auch teilweise in Norwegen. In einigen Projekten hat es Verschiebungen gegeben, die wir derzeit versuchen aufzuholen. Das gelingt nicht in allen Bereichen gleich gut. Die PORR ist aber dennoch gut aufgestellt - wir haben einen All-time-high-Auftragsbestand. Auch für 2021 und 2022 haben wir schon jetzt eine gute Auftragslage.
Was hat sich für die PORR durch die Pandemie verändert?
Durch den Ausbruch des Corona-Virus ist die Gesundheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter absolut in den Mittelpunkt gerückt. Wir haben versucht, die Räumlichkeiten zu erweitern, in denen sie ihre Pausen machen und versuchen darüber hinaus, diese Pausen zeitlich zu entzerren. Auch die Abläufe auf den Baustellen mussten angepasst werden, damit die Abstände eingehalten werden können. In Bereichen, wo das nicht möglich ist, besteht Maskenpflicht. Außerdem werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die typischen Krankheitssymptome aufweisen, sofort getestet und isoliert.
Wie werden sich die Immobilienpreise für Wohnraum und Büroflächen im Zuge der Corona-Krise weiterentwickeln?
Guter und bezahlbarer Wohnraum ist nach wie vor knapp und es müsste mehr gebaut werden. Deshalb denke ich, dass es weder bei Wohnungen noch bei Grundstücken einen Preisverfall geben wird. Bei Büroraum bin ich der Meinung, dass es in Zeiten des Lerneffekts von Corona wieder mehr Platz pro Person brauchen wird. Deshalb werden reine Großraumbüros in der Form nicht mehr gebaut. Die Tendenz geht eher hin zu Teambüros, wodurch der Platz pro Person zunehmen dürfte. Deshalb ist zu erwarten, dass die Quadratmeteranforderungen nicht so drastisch abnehmen werden, wie es Viele erwarten. Ich glaube vielmehr, dass die Qualität und Lage der Büros und die Lage, beziehungsweise , sowie die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmittel, wichtiger werden. Und genau danach richtet sich der Preis. Einen größeren Preisverfall kann ich mir deshalb nicht vorstellen. Gerade gute Lagen mit modernen Bürostrukturen werden sich behaupten.
Wie schätzen Sie die Baukonjunktur in Deutschland ein?
Da bin ich sehr positiv gestimmt. Es gab zwar in den letzten Wochen einige verhaltene Stimmen, wie es in der Zukunft weitergeht. Aber ich glaube, dass die Bauindustrie auf diesem Niveau zumindest die nächsten drei bis fünf Jahre bestehen bleibt.