Der Medienkonzern ProSiebenSat.1 gibt die vollständige Übernahme der Streaming-Beteiligung Joyn bekannt. Der Deal belastet kurzfristig das Ergebnis, bringt dem Konzern aber langfristig Werbeerlöse und Synergien. Von Florian Hielscher 

Wozu teilen, wenn man auch alles haben kann? Das denkt sich wohl ProSiebenSat.1 und erwirbt vom US-amerikanischen Medienkonzern Warner Bros. Discovery die ausstehende Hälfte am Gemeinschaftsunternehmen Joyn. Der Streaming-Anbieter gehörte bisher je zur Hälfe dem MDAX-Konzern sowie Discovery, inzwischen mit WarnerMedia zu Warner Bros. Discovery fusioniert. Das Joint Venture entstand 2017, seit 2019 firmierte es unter dem Namen Joyn. Kunden finden darin ein kostenfreies, werbefinanziertes Streaming-Angebot mit mehr als 60 TV-Sendern.

Nach Angaben von ProSiebenSat.1 verfügt Joyn über vier Millionen monatlich aktive Nutzer. Die kartellrechtliche Freigabe zur Übernahme erwartet man ab Anfang Oktober. In Unterföhring setzt man große Hoffnungen in den Zukauf, man wolle Joyn zur ersten Anlaufstelle des eigenen Ökosystems machen und von Synergien profitieren. „Unserer Strategie entsprechend erweitern wir unsere Reichweite insbesondere bei jungen Zielgruppen und schaffen neue Möglichkeiten der Monetarisierung“, äußerte sich Vorstandschef Rainer Beaujean. Diese sieht der Konzern vor allem in der Werbung. Durch die vollständige Übernahme erhielten Werbekunden eine verbesserte Basis für zielgruppenspezifische Ansprache. Nebenbei profitiert ProSiebenSat.1 vom starken Wachstum der Werbebuchungen bei Joyn.

Kurzfristige Belastungen

Zum Kaufpreis machte das Unternehmen zunächst keine Angaben. Unabhängig davon passt der MDAX-Konzern seine Jahresziele an. Während die Umsatzprognose unverändert bleibt, peilt der Medienkonzern beim Betriebsergebnis (bereinigtes Ebitda) nun 780 Millionen Euro mit Spielraum von 25 Millionen Euro nach oben und unten an. Unter gleichen Bedingungen hatte der Konzern bisher 805 Millionen in Aussicht gestellt. Der Nettogewinn soll etwa auf Vorjahresniveau liegen. Bisher war man hier am oberen Ende der Prognose von einer leichten Verbesserung ausgegangen. Auch in den nächsten Jahren kalkuliert der Konzern noch mit Strapazen durch die vollständige Konsolidierung, das Betriebsergebnis werde 2023 mit 40 Millionen Euro, 2024 mit rund 25 Millionen belastet.


Langfristige Synergien

Spätestens 2025 soll Joyn jedoch einen positiven Beitrag zum Konzernergebnis leisten. In Unterföhring erhofft man sich jedoch im besten Fall schon ab 2023 jährliche Verbesserungen des Ebitda in Höhe von 35 Millionen Euro durch Synergien und Einsparungen, unter anderem bei den Streaming-Aktivitäten.

Durch die Komplettübernahme kann der MDAX-Konzern zudem ertragssteuerliche Verlustvorträge nutzen. Dies war durch die bisherigen Eigentumsverhältnisse nicht möglich. ProSiebenSat.1 taxiert diese für die kommenden Jahre auf über 100 Millionen Euro.

ProSiebenSat.1

Hinweis auf Interessenkonflikte
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