Befürchtungen, die Ukraine müsse Russlands Druck nachgeben, belasten Rüstungsaktien. Warum das vorübergehend ist und Aktien wie Rheinmetall nun hohe Kurschancen bieten

Die Bemühungen, den Krieg in der Ukraine mit Friedensverhandlungen zu beenden, haben auch deutliche Auswirkungen auf die Kursentwicklung von Rheinmetall und Europas Rüstungsfirmen. Erste Meldungen zu Überlegungen dazu, sowohl von ukrainischer als auch von russischer Seite, setzten die Aktien der Rüstungsfirmen zu Handelsbeginn am Freitag bei hohen Volumen erheblich unter Druck.

Während Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj und Regierungsvertreter seines Landes am Wochenende im schweizerischen Bürgenstock in Gesprächen mit Vertretern von 80 Ländern vor allem jene überzeugen wollten, die sich zum Krieg mit Russland bisher neutral verhalten, formulierte Russlands Präsident Wladimir Putin seine Bedingungen für sofortige Verhandlungen: Rückzug der ukrainischen Streitkräfte aus den von Russland besetzten Gebieten und eine verbindliche Erklärung der Ukraine, auf den Beitritt ins NATO-Militärbündnis zu verzichten.

Vertreter der Ukraine skizzierten Szenarien, in denen Russland durch den Krieg voraussichtlich 2025 auch wirtschaftlich so stark geschwächt sei, dass bei Verhandlungen für die Ukraine akzeptable Vereinbarungen erreicht werden könnten. Ob Russland seine Offensive stoppe, hänge vom Eindruck ab, den die Unterstützung des Westens für die Ukraine bei Putin und im Kreml hinterlasse, sagte Elina Ribakova, Expertin für Russlands Volkswirtschaft, der "Financial Times". Bei den Russland-Sanktionen westlicher Länder bestätigte sich diese Annahme bisher jedoch nicht.

Armin Papperger, Chef des Düsseldorfer DAX-Konzerns, wirbt für eine größere finanzielle Unterstützung der Ukraine und meint damit auch mehr Aufträge für Rheinmetall: "Wir brauchen mehr Geld", sagte Papperger, andernfalls drohten Verzögerungen bei der Lieferung von Waffen an die Ukraine. Die Mittel des Sondervermögens für die Bundeswehr seien aufgebraucht. Europa müsse seine Ukraine-Hilfe verstärken. Falle das Land, werde Europa ein riesiges Problem haben.

Rheinmetall-Firmen in der Ukraine

Rheinmetall selbst eröffnete kürzlich im Westen der Ukraine einen Reparaturbetrieb für Marder-Schützenpanzer als Joint Venture. Später sollen hier und an weiteren Standorten in dem Land auch Leopard-Kampfpanzer gewartet werden. "Zeitnah", so Papperger, will der Konzern in dem Land auch Lynx-Schützenpanzer bauen. Bereits in diesem Jahr will Rheinmetall Lynx-Panzer in die Ukraine liefern. Auch für die Herstellung von Artillerie- Munition, wo es bisher regelmäßig zu Engpässen in der Belieferung der Ukraine kommt, verhandelt der Konzern über eine Produktion vor Ort.

In Deutschland arbeitet Rheinmetall daran, ausreichend Personal zu bekommen. Bei der Munitionsproduktion im niedersächsischen Unterlüß sollen nun 100 Beschäftigte des Autozulieferers Continental im nahe gelegenen Gifhorn zu Rheinmetall wechseln. Der Autozulieferer baut derzeit in Gifhorn im großen Stil Arbeitsplätze ab.

Auch in der Panzerentwicklung wird verhandelt. Wie Reuters mit Berufung auf Insider berichtet, ist Italiens Rüstungskonzern Leonardo an einer Kooperation mit Rheinmetall interessiert. Zunächst hatte Leonardo mit dem deutsch-französischen Panzerbauer KNDS über eine Weiterentwicklung des Kampfpanzers Leopard 2 A8 für die italienische Armee verhandelt. KNDS ist aus dem Zusammenschluss von Krauss-Maffei Wegmann und Nexter entstanden.

Die Verhandlungen scheiterten. Trotz der wachsenden Bedrohung beeinflussen nationale Interessen Kooperationen in Europa offensichtlich weiterhin stark. Kursziel: 650 Euro.

Übrigens: Dieser Artikel erschien zuerst in der neuen Print-Ausgabe von BÖRSE ONLINE. Diese finden Sie hier

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