Zum Börsengang 1999, so erinnert sich Aufsichtsratschef David Kerr, war Ryman Healthcare "ziemlich unbeliebt". Die Aktie war unterzeichnet, und schon zum Start wurde sie "von vielen abgeschrieben". Trotz der Anfangsschwierigkeiten kann Kerr auf der Hauptversammlung zum 20-jährigen Firmenjubiläum eine Erfolgsgeschichte präsentieren. Höchste Pflegestandards und aktives Gemeindeleben machen Plätze in den 36 Seniorenheimen von Ryman in Neuseeland und Australien begehrt, Leerstand gibt es praktisch nicht. Bis 2020 stieg der Börsenwert so von 135 Millionen in der Spitze auf 8,6 Milliarden neuseeländische Dollar. In dieser Zeit wurde die Dividende mit nur einer Ausnahme laufend erhöht.
Grund der Serie: Neben den Gebühren für die leichte Unterstützung bis zur stationären Krankenhauspflege verdient Ryman gut an den selbst gebauten Apartments. Diese werden von den Bewohnern quasi gekauft, rechtlich gesehen wird aber nur ein Wohnrecht auf Lebenszeit erworben, Eigentümer bleibt Ryman. Endet die Betreuung, wird die Einheit erneut verkauft. Aus diesem Wiederverkauf erhält der frühere Bewohner - oder seine Erben - mindestens 80 Prozent seines Kaufpreises, der Rest ist die Marge von Ryman. Zudem profitiert der Konzern aus Christchurch von gestiegenen Immobilienpreisen. Zuletzt kosteten Zimmer für betreutes Wohnen im Schnitt 600 000 Neuseeland-Dollar, etwa 325 000 Euro.
Die Coronakrise aber hat den Erfolg vorerst gestoppt. Das Virus gefährdet Heimbewohner besonders. Gleichzeitig musste Ryman seine Prognose kassieren. Um den Gewinn alle fünf Jahre zu verdoppeln, will der Betreuungskonzern jährlich im Schnitt um 15 Prozent wachsen. Wegen der Corona-Pandemie sind aber nicht nur alle Siedlungen für Außenstehende gesperrt, auch die Bauarbeiten für neue Projekte stehen still. Die UBS hat die Aktie daher auf "Verkaufen" herabgestuft. Ryman, so die Investmentbank, könne kaum noch neue Wohnungen verkaufen, während die Bauaktivitäten Cash verbrennen.
Willkommener Kurssturz
Frank Fischer, Vorstandschef der Beteiligungsgesellschaft Shareholder Value Management, sieht aber trotz der Möglichkeit einer "kurzfristigen Disruption" des Pflegesektors eine Chance in der Krise. "Das Unternehmen können wir nun zu einer noch attraktiveren Bewertung nachkaufen, und wir werden Jahre von strukturellem Wachstum vor uns haben", so Fischer.
Ryman wiederum will so viel bauen wie noch nie. Insgesamt wurde Land für 20 weitere Heime erworben, mit denen die Betreuungskapazität um fast zwei Drittel gesteigert werden soll. Abschreiben sollten Anleger Ryman daher auch jetzt besser noch nicht.