Mit dem Verkauf von Qualtrics und der Wahl des Nachfolgers von Aufsichtsratschef Hasso Plattner im Mai beginnt für den Walldorfer Konzern ein neues Kapitel

US-Finanzinvestor Silver Lake Partners kauft im Verbund mit dem kanadischen Pensionsfonds CPPIB alle ausstehenden Aktien von SAPs US-Tochter Qualtrics für rund 18,30 Dollar pro Anteilschein. Der Preis entspricht einem Aufschlag von mehr als 60 Prozent auf den Schlusskurs der Qualtrics-Class-A-Aktien vom 25. Januar. Damals hatte Europas größter Softwarekonzern seine Absicht öffentlich gemacht, Qualtrics zu verkaufen. Wenige Tage später erwogen die Bieter eine Offerte, sie verhandeln nun bis einschließlich 15.März exklusiv mit dem DAX-Konzern aus Walldorf. Der Kaufpreis für alle Class-A- und Class-B-Aktien, die sich bei den Stimmrechten unterscheiden, sind 12,5 Milliarden Dollar.

Die Börsianer feiern den bevorstehenden Verkauf von Qualtrics als erfolgreichen Abschluss von SAPs Kursänderung, die 2018 mit dem Kauf der US-Firma für acht Milliarden Dollar begonnen hatte. SAPs Aktienkurs zieht deutlich an, Chef Christian Klein dürfte zufrieden sein. Mit Qualtrics Softwareplattform können Organisationen Feedback und Daten von ihren Kunden und Mitarbeitern einsammeln und in Echtzeit analysieren. Sie ließ sich jedoch nicht wertsteigernd in das Portfolio des weltweit größten Entwicklers von Anwendungssoftware für Unternehmen einbinden. Stattdessen lohnt sich der Ausstieg der Walldorfer aus dieser Zwickmühle umso mehr.

Mit Qualtrics Börsengang 2021 gelang es, den Firmenwert im Vergleich zum Kaufpreis 2018 auf mehr als 15 Milliarden Dollar fast zu verdoppeln. Das IPO an der Nasdaq brachte SAP 1,78 Milliarden Dollar ein - in der Rückschau ein perfektes Timing in den Einstieg zum Ausstieg bei Qualtrics.

SAP:Mehr Marge und Milliarden Cash

Der Verkauf des Anteils von 72 Prozent, einschließlich der nicht börsennotierten B-Aktien, die komplett im Besitz von SAP sind, wird nach Schätzungen des US-Börsendiensts Bloomberg mindestens sieben bis acht Milliarden Euro Cash vor Steuern in die Kassen des DAX-Konzerns spülen - Geld für mögliche Aktienrückkäufe und Übernahmen. Weil Qualtrics' Profitabilität mit geschätzten 1,66 Milliarden Dollar Umsatz und 140,5 Millionen Dollar Nettogewinn für 2023 gering ist, erwarten Bloombergs Experten ohne Qualtrics für 2023 eine Verbesserung der operativen Marge bei SAP um bis zu 100 Basispunkte, also um einen ganzen Prozentpunkt.

Ohne Qualtrics wird SAP 2023 pro forma 1,3 Milliarden Euro weniger Umsatz in der Cloud buchen, schätzt Bloomberg. Der Cloud-Anteil am Umsatz könnte damit von 47 auf 45 Prozent abrutschen. Allerdings sollten die Cloud-Erlöse mit anderen SAP-Programmen etwas stärker zulegen als mit Qualtrics.

Höhere Margen und die Milliarden in der Kasse sind deshalb wertvoller als die fehlenden Cloud- Erlöse. Das neue Kapitel in der Weiterentwicklung von SAP wird dann voraussichtlich auch Punit Renjen, Ex-Chef des Beraterkonzerns Deloitte, prägen. Der 61-Jährige soll SAP-Mitgründer Hasso Plattner (79) auf der Hauptversammlung am 11. Mai als Vorsitzenden des Aufsichtsrats ablösen.


Hinweis auf Interessenkonflikte: Der stellv. Chefredakteur von €uro am Sonntag , Herr Stephan Bauer, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: SAP.

SAP (WKN: 716460)

Auftrieb

Während der DAX-Rally seit Oktober hat die SAP-Aktie mehr als 30 Prozent zugelegt. Auch der Qualtrics-Verkauf schiebt an.

Qualtrics (WKN: A2QLPC)