Die Börse kann länger irrational sein als man selbst liquide. Die bekannte Börsenweisheit hat durchaus ihre Berechtigung – vor allem in Bärenmärkten werden Anleger gerne mal auf dem falsche Fuß erschwischt. Von Lars Winter 

In einer Baisse, wenn der Aktienmarkt um 20 Prozent oder mehr sinkt, treten üblicherweise viele volatile Handelsphasen auf. Rallys in Gegentrendrichtung sind charakteristisch für Bärenmärkte. Vor allem technisch getrieben steigen die Aktienkurse vorübergehend steil an, bevor sich die verschlechternden Fundamentaldaten erneut durchsetzen und zu weiteren Abstürzen an der Börse führen.

Bärenmarkt wie in Japan

In den ausgedehnten Bärenmärkten der Jahre 1973 und 1974, 2001 bis 2003 und 2008 bis 2009 kam es jeweils zu mehreren Bärenmarkt-Rallys. Die zahlreichen Zwischenrallys, die wir in diesem Jahr schon gesehen haben, bestätigen diese Muster. Der DAX hat jüngst zu einer solchen Rally angesetzt. Innerhalb weniger Wochen ging es vom Tief Ende September bei unter 12000 Punkten bis auf über 13000 Zähler bergauf.

Einige Anleger hoffen bereits auf eine nachhaltige Trendwende. Doch diese ist nach Ansicht einiger Experten wohl längst noch nicht in Sicht. Boaz Weinstein etwa, der Gründer des Hedgefonds Saba Capital, warnt Anleger sogar vor „echtem Gegenwind“ durch eine Straffung der Zentralbank, die einen jahrzehntelangen Bärenmarkt auslösen könnte, wie er in Japan zu beobachten ist.

Der Hedgefondsmanager glaubt, dass der große Markteinbruch überhaupt noch nicht gekommen ist, weil derzeit noch zu viele „problematische Dinge herumwirbeln“, wie Krieg, Inflation, Energiekrise und China-Probleme. „Ich bin sehr pessimistisch“, sagte Weinstein jüngst in einem Interview mit der „Financial Times“, das am Montag veröffentlicht wurde.

Nicht zu früh auf eine Trendwende setzen

Bis etwa die nach wie vor hohe Inflation abflaut und die US-Notenbank Fed ihre Prioritäten von der Inflation hin zum Wachstum verlagert, werden viele verlockende Rallys wahrscheinlich nicht nachhaltig sein. Bis sich die Fundamentaldaten tatsächlich verbessern, sollten Anleger besser nicht zu früh auf eine finale Trendwende setzen.

Weinstein sieht derzeit noch keinen Grund dafür, dass die schwierige wirtschaftliche Phase nur zwei bis drei Quartale andauern werde und glaubt auch nicht daran, dass es eine sanfte Landung oder nur eine flache Rezession geben wird. Weinsteins Worte werden in der Finanzszene durchaus gehört. Der Starfondsmanager hat in den vergangenen Jahren viel Geld mit erfolgreichen Finanzwetten gemacht. Weinstein war Ex-Händler bei der Deutschen Bank in New York, der in der Finanzkrise berühmt wurde, weil er mit riskanten Wetten auf Credit Default Swaps (CDS) und entsprechenden Anleihen jongliert hatte.

Der Handel mit CDS, die sich gegen Unternehmensausfälle versichern, bleibt ein großer Teil seiner Strategie. Weinstein setzt sein Geld auf CDS, weil er glaubt, dass eine Rezession mehr Unternehmensausfälle auslösen und zu einer dramatischen Ausweitung der Kreditspreads führen wird. Er warnt vor Aktienmarktoptionen, die sich seiner Meinung nach nicht auszahlen werden, wenn die Aktien nicht dramatisch einbrechen.