Leichter, energieeffizienter, umweltbewusster: Ein Großteil der Carbon­ und Grafitprodukte von SGL Carbon finden ihren Einsatz dort, wo viele die Zukunft vermuten: in Elektroautos etwa. Für den BMW i3 oder den i8 liefern die Wiesbadener Carbonteile. Ohne Grafit gäbe es kein hochreines Silizium und somit auch keine Solarzellen. Auch bei der Produktion von Lithium­Ionen­Akkus kommt das Mineral zum Einsatz. Doch trotz aussichtsreicher Geschäftsfelder tauchte der Aktienkurs in den vergangenen Jahren tief ab: Jahrelang schrieb das Unternehmen operativ rote Zahlen und erzielte auch keinen freien Cashflow. Nach Jahren der Krise verkaufte SGL Carbon 2016 sein Kerngeschäft mit Grafitelektroden. Vor allem Stahlwerke waren die Abnehmer. Seitdem wandeln sich die Hessen von einem Massenhersteller zu einem eher technologiegetriebenen Konzern.



Besserung ist in Sicht



Nach und nach geht es aufwärts - zumindest, wenn man der kurzfristigen Entwicklung des Aktienkurses von SGL und den Aussagen des Unternehmens glauben darf. Zuletzt konnte sich die Notiz von ihren Tiefstständen erholen, sie arbeitet an einem Comeback. Vor allem im Segment Graphite Materials & Systems (GMS), in dem sich vieles um Spezialgrafite dreht, geht es voran. Eingesetzt werden diese etwa als Vormaterial für Lithium­Ionen­ Akkus, LEDs und im Automobilbereich. Hier stößt SGL an die Kapazitätsgrenze und will in den kommenden drei Jahren 80 Millionen Euro investieren. Und an dieser Stelle verspricht sich das Unternehmen auch die größten Wachstumsraten.

Eher schwach läuft das zweite Segment Carbon Fibers & Composite Materials (CFM). Die Hessen bauen darauf, dass ihre Carbonleichtbauteile wie Heckflügel für den Porsche GT3, Rückwände im Audi R8 oder Teile für den BMW i3 in der Autoindustrie und der Luftfahrt mehr Einsatz finden. Aktuell schwächeln vor allem die Segmente Textile Fasern und Windkraft.
Bis zum Jahr 2022 soll der Umsatz jährlich im Schnitt um mehr als 8,5 Prozent zulegen und bei rund 1,4 Milliarden Euro landen. Das Ziel für die operative Marge (Ebit) liegt 2022 bei zehn Prozent.

Wermutstropfen: Der höhere Investitionsbedarf drückt aktuell auf das Ergebnis. Der bislang für 2019 geplante ausgeglichene Free Cashflow muss nochmal um ein Jahr nach hinten verschoben werden. Zudem steigt künftig die Verschuldung. Geplant ist eine neue Anleihe in Höhe von bis zu 275 Millionen Euro. Zu großen Teilen soll damit eine Wandelanleihe, die 2020 fällig wird, sowie Schulden aus der Übernahme eines früheren Joint Ventures mit BMW finanziert werden.
Gelingt es den Hessen, nicht nur den Umsatz zu forcieren, sondern auch tatsächlich konstant in die schwarzen Zahlen zu kommen, sind höhere Kurse drin. Bislang hat es SGL Carbon nicht geschafft, außer der Fantasie auch unterm Strich passende Zahlen zu liefern. Spekulative Anleger bauen erste Positionen auf, beobachten die Entwicklung des Unternehmens allerdings genau.