Howard Schultz, der 2018 seinen Chefposten bei Starbucks aufgegeben hat, aber weiterhin größter Einzelaktionär des Unternehmens bleibt, erklärte nach seinem Rücktritt: "Ich beabsichtige, über eine Reihe von Optionen nachzudenken, das könnte auch ein öffentliches Amt einschließen." Damit heizt er Spekulationen an, er könne in die Politik wechseln und 2020 als Kandidat um die Präsidentschaft ins Rennen gehen. Der Trump-Kritiker und Freund von Ex-Präsident Barack Obama erklärte der "New York Times": "Seit einiger Zeit bin ich besorgt über unser Land, die steigende Kluft zu Hause und unser Ansehen in der Welt."
Howard Schultz kam 1953 im New Yorker Stadtteil Brooklyn zur Welt. Bittere Armut prägte seine Kindheit. Sein Vater Fred war Lkw- und Taxifahrer, verdiente nie mehr als 20 000 Dollar im Jahr und musste damit seine Familie ernähren. Es reichte gerade für eine Sozialwohnung.
Sport war für Howard Schultz "die Eintrittskarte zu einem besseren Leben". Er war in der High School ein guter Football-Spieler und erhielt deshalb ein Sport-Stipendium für die Universität von Northern Michigan in Marquette. Aber er erkannte sehr schnell, dass er nicht gut genug war für das College-Team. Er musste daher einen Studentenkredit aufnehmen, jobbte in einer Bar und im Winter in einer Skihütte und spendete Blut. Er belegte an der Universität Kurse in Marketing, Rhetorik und Kommunikation und schloss 1975 das Studium mit einem Bachelor ab.
Schultz kehrte zurück nach New York und heuerte beim Elektronikkonzern Xerox an. Das Unternehmen bot damals seinen neuen Mitarbeitern die beste Verkäuferschulung in den USA. Nach drei Jahren wechselte er zu Hammarplast, der US-Filiale des schwedischen Konzerns Pestorp, der Haushaltsgeräte herstellte.
Als er dort die monatlichen Aufträge überprüfte, stellte er fest, dass eine kleine Firma an der Westküste ungewöhnlich hohe Stückzahlen von einer Kaffeemaschine geordert hatte. Die Firma hieß "Starbucks Coffee, Tea and Spice" und betrieb vier kleine Läden in Seattle. Seine Neugier war geweckt. Er flog nach Seattle, um mehr über dieses Unternehmen in Erfahrung zu bringen. Der erste Starbucks-Laden war 1971 im Hafen von Seattle von drei Studenten eröffnete worden. Sie hatten keine grandiosen Businesspläne, sie liebten schlicht und einfach die dunkel gerösteten Kaffeebohnen und wollten in Seattle die beste Ware anbieten. "Keiner von ihnen strebte danach, ein Imperium aufzubauen", so Schultz später in seinen Memoiren. Die Kunden waren in der Regel gut verdienende junge Angestellte.
Howard Schultz verstand zwar nichts von Kaffee, aber er wusste alles übers Verkaufen und sah eine Chance, den edlen Starbucks-Kaffee in ganz Amerika und Kanada anzubieten. Über ein Jahr brauchte er, die Starbucks-Chefs dazu zu bringen, ihn als Manager einzustellen. Es gelang ihm aber nicht, sie davon zu überzeugen, dass Starbucks eine internationale Kette sein könnte, nicht bloß ein Kaffeeröster. Wenn man Howard Schultz fragt, woher er die Idee für Starbucks als eine fast revolutionäre weltumspannende Kaffeehauskette nahm, dann nennt er seinen Besuch in Mailand im Frühjahr 1983. Er hatte dort eine Haushaltswarenmesse besucht und gleich um die Ecke eine Espresso-Bar entdeckt. Er trat ein und war begeistert: ein freundlicher Barista, das Aroma des frisch gemahlenen Kaffees, die warme Atmosphäre, die zum Verweilen einlud.
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Geburtsstunde der Kaffee-Kette
Zurück in Seattle erklärte Schultz, dass Starbucks eine neue Strategie brauche, die edlen Kaffeebohnen nicht bloß verkaufen, sondern den Kaffee in den Läden fertig zubereiten müsse. Angesichts der Skepsis der Eigner kündigte Schultz und gründete seine eigene Kaffeekette, der er den italienischen Namen Il Giornale gab. Er klopfte bei etlichen Investoren an und hatte irgendwann genug Geld, um den Starbucks-Gründern die Firma für 3,8 Millionen Dollar abzukaufen. Starbucks hatte zu diesem Zeitpunkt elf Läden und 100 Angestellte. Howard Schultz behielt den Namen und die meisten der Mitarbeiter. Er positionierte Starbucks als sozial verantwortungsvollen Arbeitgeber: Löhne über dem Mindestlohn, eine unentgeltliche Gesundheitsversorgung, Aktienoptionen, ein Programm zur Finanzierung der Ausbildung. Er eröffnete jetzt überall im Land Filialen, suchte Lokale an vielfrequentierten Straßen, im Erdgeschoss großer Geschäftshäuser, an Universitäten. "Die Yuppies der Achtziger und Neunziger lassen sich verführen vom schicken Kaffee in merkwürdigen Größen, der Short Latte heißt oder Tall Frappuccino", schrieb "Die Zeit". "Die gemütlichen Sofas und die orange gestrichenen Wände vermitteln das illusionäre Gefühl von Gemeinschaft."
1991 hatte Starbucks in den USA bereits über 100 Läden, ein Jahr später ging das Unternehmen an die Börse, und 1995 umfasste die Kaffeehauskette bereits 627 Geschäfte. Schultz attackierte den globalen Markt erfolgreich - heute sieht man das grüne Logo mit der Meerjungfrau überall auf der Welt. 2002 eröffnete in Berlin auf dem Pariser Platz die erste Starbucks-Bar Deutschlands. "Forbes" schätzt Schultz’ Vermögen auf 3,4 Milliarden Dollar.
2018 erfüllte er sich dann einen lang gehegten Traum: Er eröffnete in Italien, dem Land, das ihn inspiriert hatte, eine eigene Kaffeerösterei. Sie befindet sich in Mailand, im Epizentrum der italienischen Kaffeekultur, im historischen Gebäude der alten Post an der Piazza Cordusio. Es soll das Kronjuwel in seinem Starbucks-Imperium werden und Arabica-Kaffee aus 30 Ländern, der erstmals in Europa geröstet wird, anbieten.
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