Ohne den Bilanzeffekt hätte Steinhoff in der tiefsten Krise seiner Geschichte sogar zwei Prozent mehr umgesetzt. Das Unternehmen legte zum ersten Mal seit dem Auftauchen von Bilanz-Unregelmäßigkeiten operative Zahlen vor. "In unserem Unternehmen ist viel falsch gelaufen", räumte die amtierende Konzernchefin Heather Sonn in einem Brief an die Aktionäre ein. "Wir alle wollen eine sichere Zukunft für Steinhoff, und ich will alles dafür tun." Die Wirtschaftsprüfer von PwC durchforsten derzeit die Zahlen und Verträge. So lange sie nicht fertig seien, könne Steinhoff auch keine Bilanz für 2016/17 vorlegen.

Die Enthüllungen hatten nicht nur den Aktienkurs um bis zu 90 Prozent nach unten gedrückt, sondern Steinhoff auch in eine Liquiditätskrise gestürzt. Vor allem einigen Töchtern in Europa drohte zeitweise das Geld auszugehen, wie Sonn einräumte. Die größten Löcher seien inzwischen gestopft, doch brauche vor allem der US-Matratzenhändler Mattress Firm frische Mittel. "Gespräche mit unseren verschiedenen Gläubigern, sowohl in Südafrika als auch international, dauern an", teilte Sonn mit. Steinhoff arbeite weiterhin daran, die Gläubiger in Europa dazu zu bewegen, keine Kredite fällig zu stellen. Finanzkreisen zufolge muss Steinhoff in diesem Jahr etwa ein Fünftel seines rund 10,7 Milliarden Euro schweren Schuldenbergs refinanzieren.

Mehr als die Hälfte des Umsatzes erwirtschaftet Steinhoff in Europa, vor allem mit Möbeln und Haushaltswaren über Ketten wie Conforama in Frankreich, Kika/Leiner in Österreich und Poco in Deutschland. Ein Gericht in Amsterdam hatte in der vergangenen Woche entschieden, dass sich Steinhoff die umstrittenen Anteile des österreichischen Mitaktionärs XXXLutz nicht zurechnen lassen dürfe. Weil Poco-Aufsichtsratschef Peter Pohlmann, der sich mit Steinhoff verbündet hatte, nach zehn Jahren seine Stimmrechte von zehn Prozent verloren hat, hat Steinhoff damit trotz eines 50-Prozent-Anteils bei Poco nicht mehr das Sagen. Damit fehlen von Oktober bis Dezember allein 365 Millionen Euro Umsatz.

Operativ habe bei Poco die Insolvenz des Küchen-Lieferanten Alno ins Kontor geschlagen. Die Umstellung auf andere Hersteller habe zehn Millionen Euro Umsatz gekostet, insgesamt stagnierte das Geschäft. Bei Kika/Leiner sei der Umsatz auf vergleichbarer Fläche um vier Prozent zurückgegangen.

Im Aufsichtsrat von Steinhoff geht unterdessen eine Ära zu Ende: 20 Jahre nach dem Börsengang legte Firmengründer Bruno Steinhoff wie sein Geschäftspartner Claas Daun sein Mandat mit sofortiger Wirkung nieder. Zur Hauptversammlung am 20. April hätten sie nach den Vorschriften ohnehin ihren Platz freimachen müssen. Die Familie ist noch mit Angela Krüger-Steinhoff in dem Gremium vertreten.

rtr