Das Thema ist heiß umstritten und brachte vor einigen Jahren sogar Demonstranten in 20 Städten auf die Straße: Viele Betriebsrentner sind doppelt mit Sozialbeiträgen belastet. Jetzt verspricht der Bundeskanzler persönlich Abhilfe.
Bundeskanzler Olaf Scholz will Betriebsrentern bei der Doppelbelastung durch Sozialbeiträge entgegenkommen. Dieses Versprechen wiederholte er nun im Rahmen einer Nachfrage des rentenpolitischen Sprechers der Linksfraktion im Bundestag, Matthias Birkwald, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.
Scholz sagte demnach, es handle sich um ein Thema, "das viele Bürgerinnen und Bürger umtreibt". Es werde innerhalb der drei Regierungsparteien "darüber nachgedacht, wie man das konkret ausgestalten kann". Doch das sei "kein trivialer Auftrag". Aber, schob Scholz hinterher, "das ist etwas, das wir uns vorgenommen haben, und Sie können sich darauf verlassen, dass wir auch Lösungen dafür erarbeiten werden".
Hauruck-Aktion der früheren rot-grünen Bundesregierung
Sogenannte Direktversicherungen sind seit Langem ein beliebter Weg, um an eine Betriebsrente zu kommen. In früheren Jahrzehnten flossen die Einzahlungen aus Einkommen, von dem bereits Sozialversicherungsbeiträge abgezogen waren. Im Gegenzug waren die Renten frei von Beiträgen. Doch seit 2004 waren Kranken und Pflegeversicherungsbeiträge auf die Auszahlungen fällig - oft eine fünfstellige Summe in der kompletten Rentenphase. Aus Geldnot hatte die damalige rot-grüne Bundesregierung die Abgaben über Nacht erhoben, weshalb man von Doppelverbeitragung spricht.
2020 wurde die Doppelverbeitragung abgemildert, aber nicht abgeschafft. Seitdem werden Rentnerinnen und Rentner zumindest bei den Krankenkassenbeiträgen entlastet. Hier gibt es nun einen jährlichen steigenden Freibetrag. Dieser beläuft sich 2023 auf 169,75 Euro im Monat. Das bedeutet: Erst ab dieser Höhe werden Krankenversicherungsbeiträge auf Versorgungsbezüge fällig. Nach früheren Aussagen der alten Bundesregierung profitieren von dieser Reform vier Millionen der 6,5 Millionen Betriebsrentner. Der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rechnete vor: Ein Drittel der Betriebsrentner müsste deshalb keinen Krankenkassenbeitrag mehr für seine Versorgungsbezüge zahlen. Und bei einem weiteren Drittel beläuft sich der Betrag auf maximal die Hälfte des bisherigen Beitrags.
Halbherzige Reform hinterließ Missstände
Ein Missstand ist jedoch geblieben. In den meisten Fällen liegt die Betriebsrente über dem monatlichen Freibetrag. Dann ist für die Versorgungsbezüge oberhalb der 169,75 Euro der volle Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von laut Stiftung Warentest derzeit durchschnittlich insgesamt 16,2 Prozent (einschließlich Zusatzbeitrag) zu zahlen. Hinzu kommt: Beim Beitrag für die Pflegeversicherung gibt es keinen Freibetrag. Gültig ist hier eine Freigrenze. Überschreitet also die Betriebsrente die Freigrenze von 169,75 Euro, müssen Betriebsrentner für ihre gesamte Betriebsrente vom ersten Euro an den vollen Pflegebeitrag abführen. Das sind immerhin 3,05 Prozent, für kinderlose Rentner sogar 3,4 Prozent.
Auch bei einmaligen Kapitalauszahlungen etwa aus einer Direktversicherung, die oft hoch ausfallen, greift die Krankenkasse stärker zu. Dabei wird der Auszahlungsbetrag auf 120 Monate umgelegt und die Sozialabgaben werden monatlich für diese fiktive Rente fällig. Beispiel: Ein Rentner mit Kindern bekommt 200.000 Euro ausgezahlt. Der Betrag wird durch 120 geteilt, macht 1666,67 Euro im Monat. Von diesem Betrag wird der Freibetrag von 169,75 Euro abgezogen. Die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung werden also auf eine fiktive Rente von 1496,92 Euro berechnet. Das sind immerhin 293,33 Euro, oder wären zusammengerechnet für 120 Monate rund 35 200 Euro.
Neuerliche Kompromisslösung möglich
Doch wenn es tatsächlich zu einer neuerlichen Reform käme, droht den Kranken- und Pflegekassen ein Milliardenloch. Angesichts dieser Aussichten könnte es laut „Süddeutscher Zeitung“ wohl wieder auf einen Kompromiss herauslaufen – beispielsweise diesen: Der Beitrag zur Krankenversicherung, der auf die Betriebsrenten und Direktversicherungen fällig ist, wird ab einem bestimmten Stichtag halbiert - jedoch nicht rückwirkend. Selbst das würde die Kassen allerdings Jahr für Jahr erhebliche Beitragssummen kosten. Und dieses Einnahmeloch muss die Ampelkoalition irgendwie stopfen - vorausgesetzt, SPD, Grüne und FDP einigen sich wirklich auf eine, wie Scholz auch noch gesagt hat, "fiskalische Lösung".
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