Viele Anleger haben den Industriegaskonzern Linde auch nach dem DAX-Abschied im Depot. Bei Dividendenzahlungen müssen sie ab sofort auf steuerliche Fallstricke achten. Antworten auf sechs wichtige Fragen.
1. Was ändert sich an der Konzernstrukur?
Mit dem DAX-Abschied von Linde verbunden sind gesellschafts- und börsenrechtliche Umstrukturierungen. Anleger erhalten Aktien der neuen irischen Holdinggesellschaft mit dem gleichen Namen Linde plc. Der Umtausch der „Alt-Papiere“ in neuen Aktien erfolgte automatisch und im Verhältnis 1:1. Die neuen Aktien sind nur noch an der New York Stock Exchange gelistet und dort seit 1. März handelbar.
2. Wo und wie wird die Linde-Dividende künftig besteuert?
Nach der von der Investor Relations-Abteilung im Internet veröffentlichten „Stock and Dividend Information“ ist die Linde Aktie in den USA gelistet und schüttet Dividenden in US-Dollar aus. "Quellenstaat im Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) zwischen Deutschland und den USA sind damit die Vereinigten Staaten“, erklärt der Rosenheimer Steuerberater Anton Götzenberger. Nach Artikel 10 des DBA kann die USA 15 Prozent Quellensteuer auf Dividenden erheben. Diese werden werden auf die deutsche Abgeltungsteuer angerechnet. Voraussetzung ist, dass die deutsche Depotbank den Status des „Qualified Intermediary“ erfüllt. Das ist bei den meisten deutschen Depotbanken der Fall.
3. Was ist für in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigte Linde-Aktionäre in dem Zusammenhang wichtig?
„Als Anleger müssen sie in diesem Fall keine Quellensteuern zurückfordern“, erklärt Steuerexperte Götzenberger. In allen anderen Fällen wird in den USA eine Quellensteuer von 30 Prozent einbehalten. 15 Prozent davon muss man dann mittels Steuererklärung (Formular W8 BEN) wieder zurückholen. „Denn anrechenbar ist nur die Quellensteuer nach DBA, also die 15 Prozent“, so Götzenberger. Anleger ersparen sich, wie bereits ausgeführt, dieses Prozedere, wenn die deutsche Depotbank ein qualified intermediary ist.
4. Wie oft und wann zahlt Linde Dividende?
Linde schüttet aktuell vier Mal pro Jahr Dividenden aus. Ausschüttungsmonate sind März, Juni, September und Dezember. Das nächste Ex-Datum ist der 13. März 2023, der nächste Zahltag der 28. März 2023.
5. Wie sind US-Dividenden in Deutschland generell zu versteuern?
Besitzer von US-Aktien, die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind, müssen auf Dividendenzahlungen pauschal 30 Prozent der Ausschüttung als Quellensteuer an den amerikanischen Fiskus abführen. Hat die Depotbank gegenüber den US-Steuerbehörden den Status eines „Qualified Intermediary“, wird nur ein ermäßigter Satz von 15 Prozent einbehalten, der dann vom Fiskus voll auf die deutsche Steuerschuld (in der Regel 25 Prozent Abgeltungsteuer) angerechnet wird. Andernfalls ist eine Erklärung für „beschränkt Steuerpflichtige“ in den USA nötig, um zu viel gezahlte Abgaben zurückzuholen. Formulare sind unter irs.gov abrufbar.
6. Wie sind Dividenden hierzulande grundsätzlich zu versteuern?
Auf Ausschüttungen behält der deutsche Fiskus grundsätzlich 25 Prozent Abgeltungsteuer ein. Zudem gehen 5,5 Prozent Solizuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer — je nach Bundesland acht oder neun Prozent — ab. Daraus resultiert für Kapitalerträge eine Gesamtsteuerlast von bis zu 27,99 Prozent. Den Steuerabzug können Anleger vermeiden oder zumindest abmildern. Dafür müssen sie bei ihrer Depotbank eine Freistellungsauftrag bis zur Höhe ihres Sparerpauschbetrags (1000 Euro Singles, 2000 Euro zusammenveranlagte Partner) einreichen. Ruheständler können in vielen Fällen beim Finanzamt eine Nichveranlagungs ("NV"-) Bescheinigung beantragen, die jeweils drei Jahre gilt. Einkünfte aus Kapitalvermögen wie Dividenden können dann von Depotbanken steuerfrei ausbezahlt werden.
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