Der Münchner Vermögensverwalter zu den fatalen Folgen des Credit-Suisse-Dramas.
Börse Online: Für wie gefährdet halten Sie nach der Rettungsaktion für Credit Suisse andere große Banken, wie gefährdet ist das Finanzsystem als Ganzes?
Michael Reuss: Grundsätzlich sind die Banken und das Finanzsystem auf Vertrauen angewiesen. Da die Banken mit sehr hohen Kredithebeln im Vergleich zum Eigenkapital arbeiten, fallen Missmanagement und Fehlinvestitionen sehr stark ins Gewicht. Die Credit Suisse hat hier leider in letzter Zeit einen sehr schlechten Job gemacht. Hinzu kommt, dass Banken sehr anfällig sind, wenn die Meinung zu einem Institut dreht und Gelder abgezogen werden. Das wird dann zu selbsterfüllenden Prophezeiungen. Deswegen sind starke Antworten der Notenbanken jetzt unglaublich wichtig. Aus diesem Grund glaube ich nicht, dass andere Banken gefährdet sind. Dies werden die Notenbanken und Regierungen nicht zu lassen.
Das Bankensystem gilt als besser kapitalisiert und wesentlich strenger reguliert als 2008. Dennoch muss wieder eine Bank mit staatlicher Hilfe gerettet werden. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für Aufsicht, Regulierung und Branchenstruktur?
Die Regulierung muss den eingeschlagenen Weg konsequent weitergehen und noch mehr auf die getätigen Geschäfte und Risiken der Banken schauen.
Was halten Sie von einer schon nach der Finanzkrise 2008 diskutierten Trennung von Investmentbanken und normalen Geschäftsbanken?
Das Trennbankensystem ist nicht die alleinige Antwort, gerade auch im internationalen Vergleich.
Die UBS verbessert ihre Marktposition erheblich und wird zu einem Weltmarktführer in der Vermögensverwaltung. Ist die Aktie jetzt ein Kauf?
Die Art und Weise der Rettung ist gerade im Hinblick auf den Standort Schweiz schon etwas abenteuerlich. Erstmal ist die Aktie aus meiner Sicht kein Kauf. Die Restrukturierung und Neuaufstellung des gemeinsamen Konzerns wird viel Power und Geld kosten. Ob es später ein Kauf wird bleibt abzuwarten!
Könnte die UBS angesichts ihrer schieren Größe zu einem neuen Klumpenrisiko und Gefährdungsfaktor für das internationale Finanzsystem?
Mit der neuen Größe ist die UBS definitiv „to big to fail“, schon die Credit Suisse war ja schon zu groß, wie wir jetzt sehen. Man kann meines Erachtens dann nur die einzelnen Bereiche strikt trennen, um auch einen einzelnen Bereich in eine kontrollierte Abwicklung gehen zu lassen. Ob dies allerdings die Kunden dann mitmachen, steht auf einem anderen Blatt.
Die Banken stecken in einer schwierigen Situation. Könnte das die Kreditvergabe insgesamt einschränken und die Konjunktur dämpfen und das Wirtschaftswachstum bremsen?
Das ist meine erste Sorge. Die Banken werden jetzt sicherlich die Kreditvergabe einschränken und die Liquidität hochfahren weil Sie Angst haben, dass sie der nächste sind bei dem Gelder in großem Stil abgezogen werden. Gleichzeit wird es zwangsläufig zu Neubewertungen der Geschäfte und Kreditlinien untereinander kommen! Eine Rezession rückt wieder näher!
Die Notenbanken haben koordinierte Maßnahmen angekündigt, um die Liquidität im Markt zu erhalten. Was müssen die Notenbanken noch tun, um eine Eskalation der Krise zu verhindern?
Die Notenbanken müssen unbegrenzte Liquidität bereitstellen um Ansteckungsrisiken zu vermeiden. Nur wenn die Liquidität unbegrenzt ist kommt Entspannung rein! Deswegen werden sie dies auch tun. Sie werden m.E. auch Ihren ZInserhöhungszyklus vorerst beenden. Die Angst ist zu groß Stress im System zu haben.
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