Auf dem Rekordniveau des DAX treten die Anleger zur Wochenmitte erst einmal auf die Bremse. Nachdem das historische Finanzpaket im Deutschen Bundestag die erste Hürde genommen hat, verlagert sich der Fokus der Anleger nach Washington. Dort entscheidet die US-Notenbank über den Leitzins, die wohl wichtigste Stellschraube für die globalen Finanzmärkte.
Im frühen Handel fiel der Dax um 0,54 Prozent auf 23.256 Punkte. Befeuert von einer gelockerten Schuldenbremse und Milliardeninvestitionen in Infrastruktur und Rüstung hatte er am Vortag bei gut 23.476 Zählern eine Höchstmarke erreicht. Nach etwa 17 Prozent Plus im laufenden Jahr wird die Luft aber dünner. "Jetzt kommt der schwierigere Teil der Rally", erwähnte der Marktanalyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets.
Der MDax der mittelgroßen Unternehmen gab vor diesem Hintergrund am Mittwoch um 0,41 Prozent auf 29.846 Zähler nach. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um 0,4 Prozent nach unten.
Nvidia im Fokus
Der Chipkonzern Nvidia will seine Dominanz bei Technik für Künstliche Intelligenz in Rechenzentren mit Robotern in die reale Welt übertragen. Nvidia-Chef Jensen Huang stellte auf der hauseigenen Entwicklerkonferenz GTC eine Plattform vor, die die Entwicklung humanoider Roboter beschleunigen soll. An der Initiative mit dem Namen Isaac Groot sind auch der Unterhaltungsriese Disney und Googles KI-Firma DeepMind beteiligt.
Roboter "werden eine sehr, sehr große Industrie sein", sagte Huang. Allein schon, weil auf dem Arbeitsmarkt zum Ende dieses Jahrzehnts mindestens 15 Millionen Beschäftigte für einige Tätigkeiten fehlen würden. Aber auch darüber hinaus: "Alles, was sich bewegt, wird autonom sein." Roboter bräuchten gewaltige Mengen an Daten zum Anlernen und müssten ihre Umwelt verstehen, betonte Huang. Nvidia wolle alle Bausteine abdecken: Training und Testen der KI-Software sowie den Einsatz in der echten Welt.
Wie ein Rockstar gefeiert
Chips von Nvidia wurden zu einer Schlüsseltechnologie für Künstliche Intelligenz. Zunächst wurden die Systeme rund um die Welt vor allem für das Training von Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz verwendet. Tech-Riesen wie Google oder der Facebook-Konzern Meta füllen ganze Rechenzentren damit - aber auch KI-Start-ups wie die ChatGPT-Erfinderfirma OpenAI setzen darauf. Diese Position ließ das Geschäft von Nvidia in den vergangenen Jahren explosiv wachsen.
Die GTC ist das jährliche Event von Nvidia, bei dem der Konzern traditionell einen Ausblick auf die Zukunft gibt. Huang wurde auch diesmal wieder wie ein Rockstar gefeiert. In seiner üblichen Lederjacke schoss er vor Beginn seines mehr als zweistündigen Vortrags T-Shirts ins Publikum. Er verzichtete nach eigenem Bekunden auf einen Teleprompter.
"KI-Fabriken"
Der Nvidia-Chef spricht von Rechenzentren als "KI-Fabriken", in denen die Computerleistung für Künstliche Intelligenz steckt. "Jede Branche, die etwas herstellt, wird künftig zwei Fabriken haben", sagte Huang. Eine werde wie bisher die physischen Produkte fertigen - und die Zweite werde die Software dafür liefern.
Neben Robotern gab es auch viele andere Ankündigungen:
* Neue Chipsysteme: Dem schnell wachsenden Bedarf an Rechenleistung für Künstliche Intelligenz will Nvidia mit der nächsten Generation seiner KI-Computer begegnen. Das neue System mit dem Namen "Vera Rubin" soll im Herbst 2026 auf den Markt kommen, sagte Huang. Rubin und die für dieses Jahr angekündigte Weiterentwicklung der aktuellen Plattform Blackwell sollen die Kosten für den Betrieb von KI-Software im Vergleich zu bisheriger Technik drastisch senken. Die nächste Generation ist nach Vera Rubin benannt - einer amerikanischen Astronomin, die wichtige Entdeckungen bei Dunkler Materie machte.
* KI-Computer für den Desktop: Mit DGX Spark und DGX Station will Nvidia Entwicklern Künstlicher Intelligenz und Forschern lokal mehr Rechenleistung bieten. Auch in ihnen stecken die aktuellen KI-Chips mit dem Namen "Blackwell".
* Roboter-Autos: Bei der Entwicklung von Technologie zum autonomen Fahren gewann Nvidia den US-Autoriesen General Motors als Kunden für seine Computersysteme und Software. GM hatte erst vor kurzem die jahrelange Entwicklung von Robotaxis unter dem Dach der Firma Cruise aufgegeben.
* Digitale Zwillinge: Nvidia setzt darauf, Roboter, selbstfahrende Autos und andere KI-Systeme mit Hilfe von Simulationen zu trainieren. Das erlaubt den Entwicklern, in kurzer Zeit unzählige Situationen durchzuspielen. Unter dem Namen Cosmos bietet Nvidia eine Software an, die reale Umgebungen in fotorealistischen Videos simuliert.
100 Mal mehr Rechenleistung als gedacht
Huang versuchte zugleich, Sorgen von Investoren zu zerstreuen, dass die Welt künftig mit weniger KI-Rechenleistung auskommen könnte - und damit auch die Erwartungen an das zukünftige Geschäft von Nvidia zu hoch sein könnten.
Die Welt gehe insgesamt dazu über, Antworten mit Hilfe Künstlicher Intelligenz frisch zu generieren, statt gespeicherte Antworten abzurufen. Insbesondere die neuen KI-Modelle, die zur Problemlösung Schritt für Schritt eine Argumentationskette aufbauen können, seien leistungshungrig.
Als Beispiel demonstrierte Huang, wie das chinesische Modell Deepseek R1 150 Mal mehr Rechenleistung als eine traditionelle KI-Software brauchte, um die Sitzordnung bei einer Hochzeit ausgehend aus Traditionen und dem Verhältnis einzelner Familienmitglieder zu berechnen. Das herkömmliche Modell scheiterte zugleich an der Aufgabe.
Insgesamt brauche man locker 100 Mal mehr Rechenkapazität als noch vor einem Jahr angenommen, sagte Huang. Dass er Deepseek zur Demonstration aussuchte, dürfte kein Zufall gewesen sein. R1 soll mit deutlich weniger Rechenaufwand trainiert worden sein als bisherige KI-Modelle. Das hatte vor einigen Wochen einen Kurssturz der Nvidia-Aktie ausgelöst. Huang argumentiert jedoch, dass der eigentliche Bedarf an Rechenleistung nicht beim Training, sondern bei der Erzeugung der Antworten entstehen werde.
Anleger waren unterdessen nicht so recht überzeugt: Die Nvidia-Aktie schloss mit einem Minus von 3,43 Prozent ab und verlor im nachbörslichen US-Handel weitere 0,55 Prozent.
Aktien von Traton im Fokus
Bei den Aktien von Traton macht sich am Mittwoch eine Platzierung des Mutterkonzerns Volkswagen (VW) negativ bemerkbar. Im vorbörslichen Handel auf der Plattform Tradegate sank der Kurs des Nutzfahrzeugbauers um 5,9 Prozent auf 33,50 Euro. Damit hält er sich aber über dem Preis, zu dem die Anteile verkauft wurden. Nach VW-Angaben hatte dieser bei 32,75 Euro gelegen. Am Vortag war der Xetra-Handel bei 35,60 Euro beendet worden.
Der Volkswagen-Konzern nutzte den zuletzt guten Kursverlauf, um mit einem kleineren Aktienpaket Kasse zu machen. Die seit 2019 separat notierten Traton-Anteile hatten erst vor wenigen Tagen mit 38,45 Euro ein Rekordhoch verbucht. Durch den Verkauf der Anteile im Wert von 360 Millionen Euro reduzierte sich der VW-Anteil auch nur geringfügig auf 87,5 Prozent. Ein Händler erinnerte daran, dass die Wolfsburger den Anteil perspektivisch auf etwa 75 Prozent reduzieren wollten - auch mit dem Ziel eines größeren Streubesitzes.
Die VW-Aktien zeigten sich am Mittwoch vorbörslich kaum bewegt.
Enthält Material von dpa-AFX
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