Mitten im heißen Spätsommer steigen plötzlich wieder die Gaspreise. Der auch für Deutschland maßgebliche Terminkontrakt auf TTF-Erdgas springt prozentual zweistellig nach oben. Schuld ist ein Streik in einer Flüssiggas-Anlage in Australien, dem größten LNG-Exporteur der Welt. Wie Anleger nun reagieren sollten.
Der Preis für europäisches Erdgas ist am Freitag deutlich gestiegen. Am Vormittag kostete der richtungweisende Terminkontrakt TTF zur Auslieferung in einem Monat an der Börse in Amsterdam bis zu 36,20 Euro je Megawattstunde (MWh). Das waren etwa elf Prozent mehr als am Vortag. Zuletzt lag der Preis wieder unter der 36-Euro-Marke.
Als Grund für den Gaspreis-Sprung wurde am Markt ein Streik in einer Flüssiggasanlage (LNG) des US-amerikanischen Energie-Konzerns Chevron (Mehrheitseigner der Anlage in West-Australien) genannt. Die Anlage Wheatstone ist für über fünf Prozent des weltweiten Flüssiggas-Angebots verantwortlich.
Die Auseinandersetzung zwischen der Gewerkschaft und den Unternehmen Chevron sowie Woodside Energy läuft seit Wochen. Während mit Woodside mittlerweile eine Einigung erzielt wurde, gibt es mit Chevron nach wie vor Differenzen.
Die europäischen Gasspeicher sind derzeit zu etwa 93 Prozent zwar gut gefüllt. Dennoch ist Europa auf stetige Lieferungen von Flüssiggas angewiesen. Australien beliefert in erster Linie den asiatischen Markt. Sollten diese Lieferungen ausfallen, müssten womöglich Europas Lieferanten einspringen und so das Angebot hierzulande verknappen.
Der Preis für europäisches Erdgas liegt mittlerweile zwar deutlich unter dem Niveau, das er im Zuge des russischen Krieges gegen die Ukraine erreicht hatte. Zeitweise wurden damals mehr als 300 Euro je Megawattstunde fällig. Russland hatte seine Gaslieferungen nach Europa stark gedrosselt, weshalb Ersatz gefunden werden musste. Mittlerweile hat sich der Gaspreis in einer breiten Spanne zwischen etwa 25 Euro und gut 40 Euro je MWh eingependelt.
Größter LNG-Exporteur der Welt
Australien ist der größte LNG-Exporteur der Welt und seine Hauptabnehmer befinden sich in Asien. Der Streit um Löhne und Arbeitsbedingungen in den Chevron-Betrieben Gorgon und Wheatstone hat die britischen und europäischen Gaspreise gestützt, da Händler davon ausgehen, dass ein geringeres australisches Angebot den Wettbewerb aus anderen Quellen verschärfen würde.
Chevron und Gewerkschaft sind sich uneins über Themen wie Bezahlung, Arbeitsplatzsicherheit, Dienstpläne und Regeln für Überstunden und Transfers zwischen Chevron-Standorten. Die Arbeitsniederlegungen von bis zu 11 Stunden täglich sollen noch bis nächsten Donnerstag andauern. Auch ein totaler Streik ist nicht auszuschließen, wenn der Konflikt ungelöst bleibt.
Längere Abschaltung der Anlage unwahrscheinlich
Chevron sagte, es werde weiterhin Schritte unternehmen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten, falls es zu Störungen komme, ohne Details zu nennen. Die Gewerkschaften haben gewarnt, dass die LNG-Anlage abgeschaltet werden müsse, "wenn es kein kompetentes Personal gibt, das die Übergaben während der Arbeitsniederlegungen vornimmt".
Wie sich die Störung auswirken könnte, ist nicht klar. China und Japan sind die beiden größten Abnehmer von australischem LNG, gefolgt von Südkorea und Taiwan.
Der Energieanalyst Saul Kavonic sagte, dass eine vollständige Abschaltung der Anlagen nicht lange erfolgen könne, "da dies eine Energiekrise in Westaustralien verursachen würde, bei der die Regierung eingreifen würde, um die Streiks zu stoppen".
Mutige Anleger, die mit kurzfristig weiter steigenden Gaspreisen rechnen, können zu einem Mini-Future Long greifen – zum Beispiel WKN VU67T9. Wer hingegen auf eine baldige Einigung und Beilegung des Streiks setzen möchte, ist mit einem Mini-Future Short besser bedient, etwa WKN VM1L2D. Beide Scheine haben am Freitag-Mittag einen Hebel von 3,6
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(Mit Material von dpa-AFX und Reuters)