AMSTERDAM (dpa-AFX) - Der niederländische Zahlungsabwickler Adyen profitiert weiter vom Boom im Online-Handel. An der Börse zählt das Unternehmen, das seit September 2020 im Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 gelistet ist, zu den großen Corona-Gewinnern. Was sonst noch bei Adyen los ist, wie die Aktie sich entwickelt und was die Analysten sagen:

WAS BEI ADYEN LOS IST:

Das niederländische Unternehmen verdient sein Geld mit der Abwicklung von Bezahlvorgängen etwa mit Kreditkarten und dazugehörigen Dienstleistungen. Ein Bruchteil des abgewickelten Zahlungsvolumens fließt dabei über Gebühren in die Taschen des Unternehmens. Zu den Kunden gehören Unternehmen wie der Musikstreamingdienst Spotify , das Online-Auktionshaus Ebay und der Softwarekonzern Microsoft . Wie die gesamte Branche profitiert auch Adyen von der durch die Corona-Krise gestiegenen Lust am Einkauf im Internet.

Besonders im zweiten Halbjahr des vergangenen Jahres konnte Adyen den Schwung voll mitnehmen: Laut den Anfang Februar veröffentlichten Zahlen blieben 2020 unter dem Strich mit 261 Millionen Euro elf Prozent mehr Gewinn übrig als 2019. Insgesamt wickelte das Unternehmen Zahlungen im Umfang von 304 Milliarden Euro ab, ein Plus um mehr als ein Viertel. Dies entsprach laut Geschäftsbericht bei Adyen Gesamterlösen in Höhe von rund 3,6 Milliarden Euro, wovon ein Nettoumsatz von fast 700 Millionen Euro blieb.

Geografisch konnten die Umsätze in absoluten Zahlen am deutlichsten im Hauptmarkt Europa zulegen, hier ging es um mehr als 77 Millionen Euro auf rund 425 Millionen Euro nach oben. Prozentual gesehen lag hingegen Nordamerika vorn, mit rund 66 Prozent Plus war der Zuwachs dreimal so stark wie in den heimischen Gefilden und mit rund 53 Millionen Euro auch auf absoluter Basis berechnet beachtenswert.

Mit einer Dividende können die Aktionäre aber nicht rechnen. Der Konzern will bisher generell keinen Gewinn an die Anteilseigner ausschütten und das Geld stattdessen in den Ausbau des Geschäfts stecken.

Schrammen gab es durch die globale Pandemie bei Adyen durchaus. Vor Beginn der Corona-Krise waren Zahlungsabwicklungen im weltweiten Reise- und Flugverkehr ein wichtiges Geschäftsfeld. Der Stillstand der Touristik-Industrie führte in diesem Bereich zu einem Kahlschlag bei den Umsätzen. Gleiches gilt für Zahlungsabwicklungen im Einzelhandel. Die positiven Effekte überwogen jedoch deutlich - operativ lief es bis Jahresende sogar besser als die Analysten erwartet hatten.

Auch für die Zukunft gibt sich die Geschäftsführung um Pieter van der Does optimistisch. Der Umsatz soll auch in den kommenden Jahren durchschnittlich um mindestens ein Viertel jährlich wachsen. Auch soll davon mehr als operativer Gewinn übrig bleiben. Die Marge beim Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda-Marge) soll von zuletzt 55 auf mehr als 65 Prozent steigen.

Wie der Vorstand im Geschäftsbericht erläutert, hängt das auch stark vom Wachstum des Geschäfts der Kunden ab. Seit dem Börsengang im Jahr 2018 entfallen demnach stabile 80 Prozent des jährlichen Wachstums auf Bestandskunden. Strategisch gehe es daher einerseits darum, die Beziehungen zu diesen Unternehmen auszubauen, und andererseits darum, neue Partner zu gewinnen.

WAS DIE ANALYSTEN SAGEN:

Unter den Experten empfiehlt eine knappe Mehrheit weiter den Kauf: Laut Daten der Nachrichtenagentur Bloomberg raten 15 Analysten zum Kauf, 14 zum Halten und sechs zum Verkauf der Papiere. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 2127 Euro. Es befindet sich damit ein gutes Stück oberhalb des aktuellen Kursniveaus.

Am meisten Potenzial traut Mohammed Moawalla von der US-Bank Goldman Sachs den Adyen-Papieren zu. Seine Kaufempfehlung mit einem Kursziel von 2800 Euro führt das Feld an. Sein Vertrauen in das mittel- bis langfristige Wachstum des Zahlungsdienstleisters sei noch stärker geworden, schrieb der Analyst nach den besser als erwartet ausgefallenen Jahreszahlen.

Die aktuelle Prämie für die Aktie ist laut Moawalla angesichts des außergewöhnlich hohen Wachstums- und hohen Margenprofils von Adyen gerechtfertigt - selbst im Vergleich mit anderen rasch wachsenden Tech-Unternehmen.

Auch die Experten von Stifel gehören mit einem Kursziel von 2700 Euro zu den Optimisten. Grund für die positive Einschätzung sei unter anderem das überdurchschnittlich hohe Wachstum des Online-Zahlungsabwicklers, schrieb Analyst Chandramouli Sriraman in einer kürzlich veröffentlichten Studie. Dabei sei der Konzern auch deutlich profitabler als die Branche weltweit im Schnitt.

Deutlich kritischer zeigten sich die Experten des Analysehauses Alphavalue, sie empfehlen derzeit einen Verkauf der Papiere. Analyst Gregoire Hermann legte das Kursziel zuletzt auf 1371 Euro an. Das Unternehmen solle schnellstmöglich das Eigenkapital aufstocken, hieß es in einer Studie von Ende Februar. In der Bilanz sammle sich ungenutztes Kapital, ohne dass Adyen einen Plan habe, es auszugeben.

Hermann vermutet, dass der Zahlungsdienstleister Geld sammle, um die Voraussetzungen für eine US-amerikanische Banklizenz zu erfüllen. Jedoch laufe die Uhr, hieß es weiter, Adyen müsse mit seinen amerikanischen Konkurrenten Schritt halten.

DAS MACHT DIE AKTIE:

An der Börse ist Adyen nach der Corona-Delle in den vergangenen Monaten kometenhaft aufgestiegen: Vom Zwischentief Mitte März 2020 bei 664 Euro ging es bis Mitte Februar dieses Jahres bis auf 2221 Euro hoch. Nach einer kleinen Schwächephase liegen die Papiere aktuell bei rund 1900 Euro. Anleger der ersten Stunde können sich seit dem spektakulären Börsengang vor nicht einmal drei Jahren über ein Plus von rund 700 Prozent freuen.

Adyen wurde im Sommer 2018 für 240 Euro das Stück an die Börse gebracht - bereits am ersten Handelstag verdoppelte sich der Kurs zwischenzeitlich. Nach der anfänglichen Euphorie gab es zwar im Herbst 2018 einen Rückschlag, doch selbst da hielten sich die Papiere über der Marke von 400 Euro.

Zwar gab es bereits seit Oktober 2019 eine Aufwärtsbewegung bis auf knapp unter 900 Euro im Februar 2020, doch der wahre Aufstieg der Aktie begann mit dem Beginn der Corona-Krise. Nach dem anfänglichen Dämpfer sorgte diese für weiteren Schwung. Der Kurs legte seit Ende Januar vergangenen Jahres, also bevor das Coronavirus sich weltweit verbreitet hatte, um 130 Prozent zu und damit so viel wie kein anderer Wert des Eurozonen-Leitindex.

Neben dem Boom bei Online-Zahlungen profitierte Adyen von der Insolvenz des deutschen Zahlungsabwicklers Wirecard, dessen Bilanz-Kartenhaus im Sommer vergangenen Jahres zusammengebrochen ist. Der niederländische Konzern ist an der Börse derzeit fast 60 Milliarden wert. Damit bringt der Konzern mehr auf die Waage als die meisten Dax-Titel . Der französische Konkurrent Worldline bringt es dagegen auf lediglich 20 Milliarden Euro Börsengewicht./ssc/tav/zb/fba

Quelle: dpa-Afx