(neu: aktueller Kurs und Börsenwert)

NEW YORK (dpa-AFX) - Ein laut Experten "unfassbares" Wachstum der Abonnentenzahl hat die Netflix-Aktien am Mittwoch auf ein Rekordhoch getrieben. "Wir dachten, es sei ein Tippfehler", schrieben die Analysten um Laurent Yoon von Bernstein Research in Reaktion auf die Kundenentwicklung des Streaminganbieters. Netflix habe wieder einmal alle Erwartungen übertroffen und die Netto-Neuzugänge "weit über die unvernünftigste Abonnentenprognose hinaus, gesteigert."

Der Kurs der Netflix-Papiere sprang am Mittwoch im frühen US-Handel um 13,6 Prozent auf 986,82 US-Dollar nach oben, womit der Börsenwert über 420 Milliarden Dollar stieg. Vor der 1.000er Marke schreckten die Anleger allerdings noch zurück: Kurz nach dem Börsenstart war es bis auf 999 Dollar hochgegangen, dann wurden erst einmal vorsichtig erste Gewinne eingestrichen.

Der US-Konzern knackte im Schlussquartal mit einem Rekord-Zuwachs die Marke von 300 Millionen Nutzern. Mit Veröffentlichung der zweiten Staffel der südkoreanischen Erfolgsserie "Squid Game" waren knapp 19 Millionen Nutzer hinzugekommen, und damit etwa doppelt so viel wie von Analysten im Durchschnitt erwartet. Der Videostreaming-Marktführer übertraf damit auch die Prognosen der Wall Street für Umsatz und Gewinn. Mit diesem Rückenwind erhöhte Netflix auch gleich die Preise im wichtigsten Markt USA.

"In jeder Region gab es mehr als 4 Millionen Netto-Neuzugänge, was zeigt, dass der marktspezifische Ansatz von Netflix zur Steigerung der Marktdurchdringung effektiv funktioniert", so die Bernstein-Experten. Netflix verfeinere weiter die Produkt-Markt-Anpassung, um das Wachstum in den internationalen Märkten zu fördern.

Infolge der Resultate hoben die Bernstein-Analysten ihre Gewinnerwartungen an und schraubten ihr Kursziel von 780 auf 975 Dollar nach oben, was allerdings weiterhin nur für eine "Market-Perform"-Einstufung ausreicht. Gleichwohl sehen sie beim Kursziel im Falle einer Erholung des Werbemarktes durchaus Spielraum nach oben.

Das Live-Programm spielt eine wichtige Rolle für das Anzeigengeschäft von Netflix. Der Streamingdienst, der einst komplett frei von Werbung war, setzt inzwischen verstärkt auf ein günstigeres Abo mit Anzeigen. Damit zieht Netflix auch Werbeausgaben an sich, die bisher ins klassische, lineare TV gingen. In den zwölf Märkten, in denen das Abo mit Werbung verfügbar ist, entscheidet sich die Mehrheit der Neukunden Netflix zufolge dafür.

Noch optimistischer als Bernstein Research sind die Analysten James Heaney vom Investmenthaus Jefferies sowie Doug Anmuth von der Bank JPMorgan mit nach dem Quartalsbericht höher gesteckten Kurszielen von 1.200 sowie 1.150 Dollar.

Heaney überzeugt vor allem, dass das starke Wachstum von Netflix nicht von einzelnen Sendungen allein angetrieben worden sei. Das schaffe Zuversicht mit Blick auf die weitere Entwicklung der Abo-Zahlen. Zudem überzeuge der Umsatzausblick für 2025, den der Konzern um eine halbe Milliarde auf 43,5 bis 44,5 Milliarden Dollar angehoben habe - trotz der jüngsten Dollar-Stärke, wegen der viele Investoren eigentlich eine Senkung der Prognose befürchtet hätten.

Für JPMorgan-Experte Anmuth startet Netflix denn auch mit voller Kraft ins neue Jahr und profitiert "von einem extrem starken inhaltlichen Angebot", einer guten Kundenbindung sowie Preiserhöhungen in wichtigen Märkten. Zudem nehme das Werbegeschäft Fahrt auf. Das von ihm erwartete starke Wachstum von operativem Gewinn und freiem Finanzmittelfluss im laufenden sowie im kommenden Jahr rechtfertige einen Bewertungsaufschlag für die Aktien.

Deren Kurs kennt seit einiger Zeit nur den Weg nach oben. So zählt die Netflix-Aktie zu den stärksten Titeln im Nasdaq 100 in den vergangenen zwei Jahren. Mit dem am Mittwoch erreichten Kursanstieg hat das Papier seinen Wert seit einem Zwischentief im Frühjahr 2022 mehr als versechsfacht. Damals war der Kurs eingebrochen und die Aktie hatte binnen eines halben Jahres rund drei Viertel verloren. Neben einer allgemeinen Schwäche der Techwerte hatten Sorgen in puncto Geschäftsentwicklung belastet: Abo-Zahlen hatten teils massiv enttäuscht. All das ist mittlerweile vergessen.

Netflix wurde 2002 an die Börse gebracht. Der Platzierungspreis hatte 15 Dollar betragen. Bereinigt um Aktiensplits lag dieser bei etwas mehr als einem Dollar. Wer damals 1.000 Dollar investiert hatte, kommt nun rein rechnerisch auf ein Vermögen von fast einer Million Dollar./mis/so/zb/ck/jha/ck/he

Quelle: dpa-Afx