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FRANKFURT (dpa-AFX Broker) - Mit einem düsteren Quartalsbericht und einem noch schwächeren Ausblick sind Thyssenkrupp
In den drei Monaten bis Ende Juni waren bei den Essenern Umsatz und Auftragseingang eingebrochen. Im fortgeführten Geschäft musste der Konzern einen operativen Verlust von rund 680 Millionen Euro ausweisen. Vor allem das Stahlgeschäft ächzte unter dem wochenlangen Stillstand und dem Einbruch der Autokonjunktur im Zuge der Corona-Krise. Ganz überraschend kam der hohe Verlust allerdings nicht: Finanzchef Klaus Keysberg hatte bei der Vorlage der letzten Quartalszahlen im Mai ein Minus von bis zu einer Milliarde Euro nicht ausgeschlossen.
Zudem schnitt Thyssenkrupp nicht ganz so schlecht ab, wie von Analysten geschätzt. Das Quartal sei ein wenig besser gelaufen als befürchtet, erklärte Experte Christian Obst von der Baader Bank. Der inzwischen erfolgte Verkauf des Aufzuggeschäfts verbessere die Bilanz des Industriekonzerns.
Weniger versöhnlich äußerten sich Börsianer und Branchenkenner hingegen zum Ausblick. Der erwartete operative Verlust von 1,7 bis 1,9 Milliarden Euro sei etwa 100 Millionen höher als am Markt erwartet, sagten Händler. Experte Luke Nelson von JPMorgan sprach denn auch von einer "sehr schwachen Prognose".
Noch schlimmer sei aber die Prognose für den freien Mittelfluss im Gesamtjahr, hieß es. Thyssenkrupp erwartet im fortgeführten Geschäft im Gesamtjahr einen Mittelabfluss von 5 bis 6 Milliarden Euro. Einem Händler zufolge tickt die Zeit, die das Management noch hat, um den Industriekonzern in einem schwierigen Marktumfeld wieder auf einen profitablen Weg zu bringen.
Denn durch die Corona-Pandemie hat sich die Krise bei dem notleidenden Traditionskonzern aus dem Ruhrgebiet nur noch verschärft: Mit dem Ende Juli besiegelten Verkauf der Aufzugsparte für gut 17 Milliarden Euro ist das Unternehmen inzwischen seinen größten Gewinnbringer los. Die Einnahmen sollten eigentlich dem Abbau des hohen Schuldenbergs dienen sowie der Sicherung der Pensionslasten und dem Konzernumbau. Doch die Corona-Krise machte den Essenern einen Strich durch die Rechnung.
Der Konzern steht nun vor der Frage, wie genau die Neuausrichtung im problematischen Stahlgeschäft aussehen soll. Mitte Mai hatte Konzernchefin Martina Merz erklärt, dass es keine "Denkverbote" gebe. Aber auch im Industriegeschäft soll kein Stein auf dem anderen bleiben.
Das Ausmaß der Misere und der Niedergang beim Konzern wird auch mit Blick auf den Chart deutlich: Von Kursen von mehr als 30 Euro Mitte 2011 ging es vor allem seit 2018 Schritt für Schritt abwärts. Die vielen Probleme des Konzerns drückten den Kurs bis zum August 2019 in den einstelligen Bereich. Die Corona-Pandemie brachte die nächste dicke Keule: Im März-Tief kostete eine Thyssenkrupp-Aktie nur noch 3,28 Euro. Zwar ging es danach bis Anfang Juni auf knapp acht Euro wieder hoch, doch mit dem aktuellen Rückschlag ist ein größerer Teil der Erholung wieder verpufft./tav/tih/jha/
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Quelle: dpa-Afx