(neu: Weitere Analystenstimmen, neues Tagestief, Relation zum Dax-Verlust, Schlusskurse)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Nach den reduzierten Jahreszielen und dem verdüsterten mittelfristigen Ausblick von SAP
Dies war der höchste Tagesverlust der Papiere seit den 90er-Jahren und entspricht einem vernichteten Börsenwert von rund 33 Milliarden Euro und einem Rückgang von 331 Dax-Punkten. Damit waren die SAP-Papiere für mehr als zwei Drittel des heutigen Dax-Verlusts von gut 468 Punkten verantwortlich.
Börsianer rechnen nach der "bösen Überraschung" mit deutlich sinkenden Analystenschätzungen. Von mehreren Experten hagelte es enttäuschte Kommentare und auch Abstufungen sowie Kurszielsenkungen.
Die Corona-Pandemie setzt Europas größtem Softwarehersteller stärker zu als bisher gedacht. Weil die Nachfrage wegen neuer Beschränkungen zuletzt verhaltener ausfiel als erwartet, geht das Management um Vorstandschef Christian Klein nun von weniger Umsatz in diesem Jahr aus, auch der operative Gewinn dürfte nicht mehr so hoch ausfallen wie zuletzt geplant. Klein legte zudem faktisch die ambitionierten Mittelfristziele für die Profitabilität 2023 ad acta, weil er den Konzern noch schneller auf den Bereich Cloudsoftware ausrichten will.
Analysten reagierten entsprechend negativ: JPMorgan-Expertin Stacy Pollard strich ihre Empfehlung und nahm die Papiere zudem von der "Analyst Focus List" der Investmentbank. Die DZ Bank entfernte die SAP-Papiere aus ihren globalen Anlageideen. Experte Harald Schnitzer rechnet auch in den kommenden Wochen mit einer unterdurchschnittlichen Kursentwicklung. Händlern zufolge stuften die Analysten der Exane BNP die Aktie von "Outperform" auf "Neutral" ab. Das Analysehaus Kepler Cheuvreux senkte das Kursziel von 128 auf 115 Euro.
Das Paradies sei verschoben worden, Anleger bräuchten nun Geduld, titelte UBS-Analyst Michael Briest und sprach von einem glanzlosen Zahlenwerk für das dritte Quartal, das von den zurückgesetzten mittelfristigen Zielen überschattet worden sei. Die durchschnittlichen Marktschätzungen für das operative Ergebnis (Ebit) im Jahr 2023 könnten nun um 20 Prozent fallen, glaubt er.
Analyst Mohammed Moawalla von der US-Investmentbank Goldman Sachs bemängelte die unerwartet niedrigen Erlöse mit Software-Lizenzen und mit Cloud-Angeboten. Auch Andrew DeGasperi von der Privatbank Berenberg zeigte sich vor allem vom gekürzten Cloud-Umsatzausblick für 2020 negativ überrascht, "so kurz vor dem Jahresende". Sein Kollege Andreas Wolf vom Analysehaus Warburg Research fürchtet nach den neuen Fakten eine nur gedämpfte Umsatz- und Gewinnentwicklung in den kommenden zwei Jahren.
Dagegen stufte Wolfgang Donie von der NordLB die Papiere von "Halten" auf "Kaufen" hoch. Nach dem heutigen Kursrutsch sei die Aktie wieder kaufenswert, schrieb er. Trotz der jüngsten Abschwächung halte er den beschleunigten Umstieg auf das Cloud-Geschäft angesichts des durch Corona verstärkten Digitalisierungstrends für richtig. Wachstum und Marktanteile sollten aktuell für SAP Priorität haben.
Der Corona-Crash im Februar und im März hatte den SAP-Aktien arg zugesetzt. Der Kurs des mit Abstand wertvollsten deutschen Börsenkonzerns war im Corona-Tief bis auf 82 Euro abgestürzt, davor waren die Papiere fast 130 Euro wert gewesen. Danach ging es jedoch recht zügig wieder aufwärts. In den Sommermonaten übersprang der Kurs im Sog der Tech-Rally an den US-Börsen sogar erstmals die 140 Euro, bröckelte zuletzt aber wieder etwas ab.
Trotz der massiven Einbußen am heutigen Montag ist SAP an der Börse immer noch rund 120 Milliarden Euro wert. Das ist viel mehr als die zweitplatzierten Linde
Quelle: dpa-Afx