(Neu: Übernahmeangebot vorgelegt, mehr Details zur Kursentwicklung, Kommentar Citigroup)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Eine mögliche Lösung für die angeschlagene Stahlsparte von Thyssenkrupp
Nach der offiziellen Bekanntgabe des Angebots am Freitagvormittag lagen die Papiere noch mit mehr als 16 Prozent im Plus bei 4,83 Euro. Damit gingen die Anteilsscheine im MDax klar in Führung. Zur konkreten Höhe der Offerte äußerten sich die Briten allerdings erst einmal nicht.
Nach dem milliardenschweren Verkauf der Aufzugsparte könnte sich der Ruhrgebietskonzern nun also von seinen Wurzeln trennen. Auch die indische Tata-Gruppe sowie der schwedische SSAB-Konzern gehörten zu den Interessenten, hieß es in dem "Spiegel"-Bericht. Thyssenkrupp wollte die Informationen am Freitagmorgen zunächst nicht kommentieren.
Nach einer grauenvollen Aktienkursentwicklung von Thyssenkrupp, die das Chaos in dem Konzern widerspiegele, berge der Verkauf der Stahlsparte hohes Potenzial, sagte ein Händler am Morgen. So haben die Papiere allein im bisherigen Jahresverlauf rund 60 Prozent eingebüßt. Längerfristig sieht die Kursentwicklung unvergleichlich trüber aus. 2007 kostete die Aktie noch fast das Zehnfache.
Die jüngste Aktienkursentwicklung von Thyssenkrupp zeige, dass Anleger wohl mit einer anhaltenden Vernichtung von Barmitteln rechneten mit augenscheinlich negativem Wert für das Stahlgeschäft, kommentierten die Analysten der Citigroup. Eine vorteilhafte Lösung für diese Sparte sollte daher positiv gesehen werden.
Thyssens Stahlsparte leidet unter der hohen Abhängigkeit der derzeit schwächelnden Automobilindustrie, die gesamte Branche steht unter Preisdruck und kämpft mit zu hohen Kapazitäten. Im Sog der Übernahmefantasien profitierten daher am Freitag auch Branchenmitglieder. Aktien von Wettbewerber Salzgitter etwa mit einem Aufschlag von knapp fünf Prozent, die Anteile am Stahlhändler Klöckner & Co rückten um mehr als sechs Prozent vor.
Thyssenkrupp hatte bereits vor einiger Zeit angekündigt, alle Optionen für die Sparte zu prüfen. Als Möglichkeiten waren etwa Partnerschaften, ein Teil- oder Komplettverkauf genannt worden. Liberty Steel erklärte, das Angebot sei nicht exklusiv und es sei nicht sicher, ob die Verhandlungen zu einer Vereinbarung oder Transaktion führen werden. Der Thyssenkrupp-Konzern will sich nun das Angebot sorgfältig anschauen.
Ein Verkauf der Stahlsparte würde de facto bedeuten, dass sich Thyssenkrupp aufspalte, da bereits das Aufzuggeschäft veräußert sei und auch andere Bereiche noch zum Verkauf stünden, erklärte der Händler. So hatten die Essener Ende Juli die Aufzugsparte für gut 17 Milliarden Euro an Finanzinvestoren verkauft und sich finanziell damit Luft verschafft.
Thyssenkrupp braucht seit Jahren Geld, um den Konzernumbau zu stemmen und die Schulden zu senken. Die Corona-Krise macht den Essenern bei den ursprünglichen Plänen jedoch einen Strich durch die Rechnung, in diesem Geschäftsjahr erwarten sie einen Milliardenverlust.
Die Zukunft des Stahlgeschäfts trieb Anlegern zuletzt denn auch häufiger Sorgenfalten in die Stirn. Die IG Metall hatte vor einigen Tagen einen Einstieg des Staates in die Stahlsparte des Essener Traditionskonzerns als Rettungsmaßnahme gefordert. Aus der Politik waren aber ablehnende Signale gekommen./tav/mis/ajx/nas/mis
Quelle: dpa-Afx