LÜBECK (dpa-AFX) - Ein erneut schwaches Quartal hat am Freitag die Papiere des Medizin- und Sicherheitstechnikkonzerns Drägerwerk kräftig unter Druck gesetzt. Dass die Lübecker trotz anhaltender Lieferkettenprobleme und Belastungen durch die Lockdowns in China an ihrem Ausblick für das Jahr festhalten, reichte den Anlegern vor dem Wochenende nicht. Sie nahmen nach dem jüngsten Kursanstieg der Aktie lieber Gewinne mit.
Das im Nebenwerteindex SDax notierte Papier rutschte im Vormittagshandel um bis zu siebeneinhalb Prozent ab auf 46,70 Euro, der Kurszuwachs der vergangenen drei Wochen war damit dahin. Zuletzt konnte sich die Aktie zwar wieder etwas erholen, jedoch stand immer noch ein Minus von knapp drei Prozent auf der Anzeigetafel, womit Drägerwerk zu den größten SDax-Verlierern gehörten.
Die aktuelle Kursrutsch folgt einem ohnehin bisher sehr holprigen Verlauf an der Börse. Seitdem der Konzern im November des vergangenen Jahres mit einem unerwartet verhaltenen Ausblick für 2022 die Investoren geschockt hatte, hat das Papier trotz reichlich Aufs und Abs bis dato rund ein Drittel an Wert eingebüßt. Dabei hatte die Corona-Pandemie noch im April 2020 der Aktie ein Zwischenhoch bei 108,50 Euro beschert. Doch der Rückenwind, den Drägerwerk damals als Anbieter von Masken und Beatmungsgeräten durch die Pandemie bekam, flaute an der Börse noch schneller ab als im tatsächlichen Geschäft.
Während mittlerweile auch die Corona-Sonderkonjunktur für Drägerwerk vorbei ist, hat der norddeutsche Konzern bereits seit mehreren Quartalen mit dem weltweiten Materialmangel durch die gestörten Lieferketten zu kämpfen. Im vergangenen Jahresviertel kamen noch die Belastungen durch die Lockdowns in China hinzu. Den vorläufigen Zahlen zufolge sank der Erlös in den Monaten April bis Juni im Jahresvergleich währungsbereinigt um fast ein Viertel, und beim Betriebsergebnis (Ebit) rutschte der Konzern gar in die roten Zahlen.
Warburg-Analyst Christian Ehmann schrieb in einer ersten Einschätzung, die Kennziffern des Unternehmens hätten weitgehend seinen Erwartungen entsprochen. Das Auftragsbuch habe jedoch enttäuscht. Zudem sei es dem Konzern wegen der Engpässe und der Abriegelungen in China nicht gelungen, den hohen Auftragsbestand aus dem vorangegangenen Quartal in Umsatz zu verwandeln. Auch habe der Konzern höhere Kosten für elektronische Komponenten und steigende Ausgaben für die Logistik schultern müssen. Der Experte verwies auf eine historisch schwache Marge, die zudem dem veränderten Produktmix infolge der geringeren Nachfrage nach Covid-19-bezogenen Produkten geschuldet gewesen sei.
Ein Börsianer sprach mit Blick auf die aktuellen Geschäftszahlen vom "nächsten fürchterlichen Quartal". "Man fragt sich, wie es Drägerwerk schaffen will, am Jahresende profitabel zu sein", sagte er. Denn die Jahresziele wurden bestätigt - inklusive eines leicht positiven Betriebsergebnisses. Das Management setzt dabei auf den hohen Auftragsbestand und hofft auf ein Abflauen der Lieferkettenprobleme im zweiten Halbjahr. Dadurch sollen weiterhin die angepeilten Spannen zumindest am unteren Ende erreicht werden. Der Konzern stellt beim Umsatz währungsbereinigt einen Rückgang um fünf bis neun Prozent in Aussicht, die operative Marge (Ebit-Marge) soll bei ein bis vier Prozent herauskommen./tav/ag/men
Quelle: dpa-Afx