FRANKFURT (dpa-AFX) - Der anhaltende Druck auf das operative Geschäft hat die einst gefeierten Varta-Aktien
Die Anteilsscheine von Varta waren im frühen Handel um 13,5 Prozent auf 68,50 Euro eingebrochen und hatten damit fast das Zwischentief von Mitte Mai erreicht. Bis zum Mittag stand noch ein Minus von 7,50 Prozent auf 73,26 Euro zu Buche. Dies bedeuteten den letzten Platz im Index der mittelgroßen Werte MDax
Kundenprojekte verzögerten sich, teilte Varta mit. Das Unternehmen hatte bereits zum Jahresstart mit einer Nachfrageschwäche bei den sonst so wachstumsstarken Lithium-Ionen-Knopfzellen zu ringen. Weil unter anderem bei den Kunden Teile fehlten, um etwa kabellose Kopfhörer fertigzustellen, hakte es auch beim einst boomenden Hauptgeschäft der Ellwanger. Die zu dem Zeitpunkt noch gute Nachfrage nach Haushaltsbatterien und das Wachstum bei Energiespeichern hatte das nicht aufwiegen können.
Laut Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege beim Handelshaus RoboMarkets, hat Varta zudem bei den verkauften Produkten Probleme, die steigenden Kosten an die Kunden weiterzugeben - und das in einem Umfeld, wo der Umsatz bereits schwächele. Die Aktien haben in diesem Jahr bereits überdurchschnittliche 36 Prozent an Wert verloren und im aktuellen Umfeld scheint dem Experten zufolge eine Trendwende nicht in Sicht. Auch Analyst Christian Sandherr von Hauck Aufhäuser Investment Banking äußerte sich skeptisch. Die Marktbedingungen verschlechterten sich weiter. Das gesamtwirtschaftliche Umfeld werde immer anspruchsvoller und inmitten des schärfer werdenden Wettbewerbs bröckele anscheinend auch die Preissetzungsmacht von Varta.
Der Fachmann Robert-Jan van der Horst vom Analysehaus Warburg Research konstatierte bei Varta ein niedrigeres Wachstum sowie eine geringere Profitabilität und verwies auf die geplanten hohe Investitionen in V4Drive-Zellen. Insofern schlussfolgerte der Experte, dass der Batteriehersteller zusätzliche externe Finanzierung benötige. Van der Horst stufte die Aktien um zwei Stufen von "Buy" auf "Sell" ab und rechnet damit auf Sicht von zwölf Monaten mit einem Kursverlust.
Etwas zuversichtlicher äußerte sich Analyst Jose Asumendi von der US-Bank JPMorgan. Der Grund für die Senkung des Gewinnausblicks seien wohl vor allem höhere Rohstoffkosten, was aber keinen langfristigen, strukturellen Gegenwind darstelle.
Asumendi hielt an seiner grundsätzlich positiven Sicht auf die Varta-Papiere ebenso fest wie der Analyst Philipp Konig von der US-Investmentbank Goldman Sachs. Er habe mit Investoren gesprochen, denen zufolge der alte Ausblick für das operative Ergebnis ein sehr ambitioniertes Wachstum im zweiten Halbjahr beinhaltet habe. Deshalb dürften die Anlegererwartungen schon vor der Ausblickssenkung unter den ursprünglichen Zielen gelegen haben. Als Belastung für die Aktien sieht Konig die Nachricht trotzdem.
Durch den Kursrutsch zu Wochenbeginn sackten die Anteilsscheine wieder unter die 21-Tage-Durchschnittslinie für den kurzfristigen Trend, die sie erst Ende der vergangenen Woche hinter sich gelassen hatten. Die viel beachtete 200-Tage-Linie als Indikator für die langfristige Entwicklung wurde bereits Anfang November letzten Jahres unterschritten.
Die Varta-Papiere hatten sich nach dem Börsengang im Oktober 2017 mit einem Ausgabepreis von 17,50 Euro sehr gut entwickelt und Anfang 2021 mit mehr als 181 Euro ihr Rekordhoch erreicht. Als einer der Gründe für die Kursstärke galt die gute Auftragslage - auch dank des vermeintlichen Großkunden Apple
Quelle: dpa-Afx