PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Nach kräftigen Vortagesgewinnen und vor geldpolitischen Aussagen der Europäischen Zentralbank (EZB) haben die europäischen Börsen am Donnerstag nachgegeben. Erstmals seit der Zuspitzung der Corona-Krise werden von der EZB keine neuen Schritte erwartet. Sie hatte bereits beim Treffen im Juni ihr in der Krise aufgelegtes Wertpapier-Kaufprogramm in Umfang und Dauer ausgeweitet.
Der EuroStoxx 50 fiel am späteren Vormittag um 1,03 Prozent auf 3343,47 Punkte, nachdem der Leitindex der Eurozone am Mittwoch um 1,7 Prozent gestiegen war. Zudem sorgten durchwachsene chinesische Konjunkturdaten zur Industrieproduktion, dem Einzelhandelsumsatz sowie zum Wirtschaftswachstum für Zurückhaltung. Auch die politischen Spannungen zwischen China und den USA bereiten den Anlegern Unbehagen. Aktuell veröffentlichte Konjunkturdaten aus Europa indes hatten nur wenig Einfluss.
In Paris sank der Leitindex Cac 40 um 1,12 Prozent auf 5051,69 Punkte und in London gab der FTSE 100 um 0,75 Prozent auf 6245,50 Punkte nach. Trotz der Folgen der Corona-Krise hielt sich der Arbeitsmarkt in Großbritannien in den drei Monaten bis Mai überraschend stabil.
Branchenweit gab es am Donnerstag fast nur Verlierer, wobei die Lebensmittel- sowie die Haushalts- und Konsumgüterbranche mit jeweils minus 1,7 Prozent die schwächsten Sektoren waren. Abgesehen vom Immobiliensektor mit plus 0,1 Prozent hielt sich die Öl- und Gasbranche mit minus 0,2 Prozent noch am besten. Stützend wirkte eine Studie zur Ölindustrie vom Analysehaus Jefferies.
So nahm Analyst Jason Gammel Total SA mit "Buy" wieder in die Bewertung auf und hob sein Anlageurteil für BP und Repsol auf "Buy". Außerdem setzte er die Kursziele für Shell und Eni hoch, auch wenn beiden Aktien auf "Hold" belassen wurden. Zwar sind ihm zufolge die Fundamentaldaten für die Ölindustrie nach wie vor prekär, doch die Förderdisziplin der Opec-Staaten und eine sinkende US-Produktion dürften sich positiv auf den Sektor auswirken.
Astrazeneca gaben in London 1,1 Prozent ab, nachdem die Papiere des Pharmaherstellers am Vortag - getrieben von Hoffnungen auf einen Impfstoff gegen Sars-CoV-2 - etwas mehr als 5 Prozent hinzugewonnen hatten.
In Zürich ragten die Papiere des Luxusgüterherstellers Richemont mit minus 5,1 Prozent im SMI heraus. Im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2020/2021 war Richemonts Umsatz um fast die Hälfte eingebrochen. Zudem gab das Unternehmen keinen konkreten Ausblick für den weiteren Geschäftsverlauf, was jedoch seinen üblichen Gepflogenheiten entspricht.
Marktkonform zeigten sich die Anteilsscheine von PSA mit minus 0,7 Prozent. Wegen der Corona-Krise war der Absatz des Opel-Mutterkonzerns im ersten Halbjahr um fast die Hälfte eingebrochen. Im Fokus dürfte mit Blick auf den Autobauer aber vor allem die im Dezember beschlossene Fusion mit Fiat Chrysler stehen. Sie wird derzeit von der EU-Wettbewerbsbehörde vertieft geprüft und soll - wenn es nach den beiden Unternehmen geht - Anfang 2021 abgeschlossen sein./ck/mis
Quelle: dpa-Afx