FRANKFURT (dpa-AFX) - Nach dem Rückschlag vom Vortag sind die Anleger am deutschen Aktienmarkt am Freitag in der Defensive geblieben. Händler nannten den starken Eurokurs als Belastungsfaktor. Die Aussicht auf eine lange Phase mit extrem niedrigen US-Zinsen schwächte zuletzt den US-Dollar und stützte somit den Euro, der die Marke von 1,19 Dollar übersprang.
Der Dax konnte sich nach einem anfänglichen Rückgang unter die Marke von 13 000 Punkten weitgehend erholen und notierte zuletzt 0,16 Prozent tiefer bei 13 075,08 Punkten. Auf Wochensicht zeichnet sich für den deutschen Leitindex hingegen ein solider Gewinn von mehr als 2 Prozent ab. Der MDax sank am Freitag um 0,16 Prozent auf 27 630,58 Punkte. Der EuroStoxx 50 als Leitindex der Eurozone fiel um rund 0,1 Prozent auf rund 3328 Zähler.
Der angekündigte Strategiewechsel der US-Notenbank könnte dazu führen, "dass die Fed das Leitzinsband zukünftig länger als in vergangenen Krisen auf niedrigem Niveau halten wird. Hinweise auf weitere Lockerungsmaßnahmen gab es aber nicht", kommentierte Volkswirt Ulrich Wortberg von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Die Fed hatte angekündigt, dass die Zwei-Prozent-Inflationsmarke künftig ein Durchschnittswert und kein starres Ziel mehr sein soll.
Die wieder steigenden Corona-Infektionszahlen verunsichern derweil nach Einschätzung des Konsumforschungsunternehmens GfK die Verbraucher in Deutschland und dämpfen die Konsumfreude etwas. In den vergangenen drei Monaten hatte sich das Konsumklima vom Schock der Corona-Krise erholt. Nach den Prognosen der GfK-Marktforscher liegt das Konsumbarometer im September bei minus 1,8 Punkten nach minus 0,2 Punkten im August.
Die Aktien von Bayer reagierten mit einem Kursabschlag von 3,3 Prozent auf eine Richterschelte zum Glyphosat-Vergleich. Damit gehörten die Papiere des Agrochemie- und Pharmakonzerns zu den schwächsten Dax-Werten. Im Verfahren um den angeblich krebserregenden Unkrautvernichter Glyphosat kritisierte der zuständige US-Bezirksrichter bei den Abschlussarbeiten für den von Bayer erzielten milliardenschweren Vergleich mangelnde Fortschritte. Der Druck auf Bayer steige, das Verfahren endlich zu einem Ende zu bringen, hieß es dazu von Analysten.
Nach einem Verkaufsvotum von Warburg Research weiteten die Aktien von Stratec ihre Vortagesverluste massiv aus. Mit einem Minus von mehr als 15 Prozent waren sie klares Schlusslicht im SDax. Der vom Konkurrenten Abbott Laboratories entwickelte Covid-19-Test, der kurz vor der Zulassung steht, sei eine große Bedrohung für Hersteller von Labortechnik für solche Tests, argumentierte Warburg-Analyst Michael Heider.
Die Varta-Aktien verteuerten sich um 2,5 Prozent und erreichten ein weiteres Rekordhoch. Seit dem Tief im Corona-Crash Mitte März von 50,50 Euro haben sich die Anteilsscheine somit bereits um rund 165 Prozent erholt. Die Marktexperten von Index-Radar verwiesen darauf, dass der Batteriehersteller nichts von der Corona-Krise spüre. Samsung und Apple seien auf die Batterien der Deutschen angewiesen um die hohe Nachfrage nach ihren kabellosen Kopfhörern zu bedienen. Sie sehen trotz der zuletzt rasanten Kursgewinne keine Überhitzung der Papiere.
Eine Verkaufsempfehlung der US-Investmentbank Morgan Stanley lastete schwer auf dem Kurs von Thyssenkrupp . Die Aktien büßten 3,7 Prozent ein und fielen auf den tiefsten Stand seit Ende Mai. Sie waren zudem der größte Verlierer im MDax . Analyst Alain Gabriel stufte die Aktien des Stahl- und Industriekonzerns von "Equal-weight" auf "Underweight" ab.
Die Aktien von Dürr reagierten mit einem Kursplus von 3,9 Prozent auf eine Kaufempfehlung der Baader Bank. Im frühen Handel hatten sie den höchsten Stand seit Anfang März erklommen. Der Markt unterschätze das Gewinnerholungspotenzial des Unternehmens, schrieb Analyst Peter Rothenaicher. Dürr sei zwar stark von der Covid-19-Krise betroffen, doch inzwischen sei der Tiefpunkt in puncto Nachfrage und Ergebnis überwunden./edh/stk
--- Von Eduard Holetic, dpa-AFX ---
Quelle: dpa-Afx