FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Dax hat seinen Corona-Einbruch dank des Konjunkturoptimismus der Anleger inzwischen fast vollständig überwunden. Am Dienstag übersprang der Leitindex erstmals seit Februar wieder die Marke von 13 300 Punkten. Unterstützung kam durch die Einigung der EU auf das größte Haushalts- und Finanzpaket ihrer Geschichte. Bis zum frühen Nachmittag bröckelten die Gewinne zwar leicht ab, doch das deutsche Börsenbarometer legte immer noch um 1,54 Prozent auf 13 250,64 Punkte zu.
"Der Dax feiert die Ergebnisse des EU-Gipfels und die Marktteilnehmer schieben alle Bedenken beiseite", kommentierte Marktexperte Andreas Lipkow von der Comdirect Bank die Entwicklung. "Bargeld und liquide Mittel müssen nun angelegt werden und somit dürfte es zu weiteren Kurssteigerungen bei Aktien, Anleihen und Edelmetallen kommen."
Der Index der mittelgroßen Werte MDax stieg um 0,95 Prozent auf 27 376,64 Zähler. Der Leitindex der Eurozone, der EuroStoxx 50 , rückte zugleich um 1,3 Prozent vor.
Nach mehr als viertägigen Verhandlungen nahmen die 27 EU-Mitgliedstaaten den Kompromiss im Kampf gegen die Corona-Wirtschaftskrise am frühen Dienstagmorgen an. Das Paket über 1,8 Billionen Euro umfasst mehr als eine Billion Euro für den nächsten siebenjährigen Haushaltsrahmen und 750 Milliarden Euro für ein Konjunktur- und Investitionsprogramm gegen die Folgen der Pandemiekrise.
Einen weiteren Grund für gute Laune haben Anleger, da die Technologiewerte an der US-Börse Nasdaq rechtzeitig vor den Quartalsberichten der Schwergewichte wieder im Rallymodus sind. Der Auswahlindex Nasdaq 100 befindet sich nach einem zwischenzeitlichen Rückschlag wieder auf Kurs in Richtung seines in der vergangenen Woche erreichten Rekordhochs. Das trieb auch hierzulande Tech-Werte an. Infineon etwa legten im Dax um 2,4 Prozent zu und erreichten ein neues Zweijahreshoch.
Die Aktien von Bayer stiegen um weitgehend marktkonforme 1,2 Prozent. Im Berufungsverfahren zum Urteil im ersten US-Prozess um angeblich krebserregende glyphosathaltige Unkrautvernichter wurde die Strafe für den Konzern drastisch reduziert. Allerdings wurde der Schuldspruch nicht wie von Bayer gefordert aufgehoben.
Die Anteilsscheine von Continental zogen nach Zahlen um 3,5 Prozent an, womit sie zu den Dax-Spitzenwerten zählten. Der Autozulieferer und Reifenhersteller hatte am Vorabend mit seinem vorläufigen Bericht zum zweiten Quartal überrascht. Der Umsatz war abgesackt und ein Verlust eingefahren worden, doch Händler und Analysten hatten überwiegend noch Schlimmeres befürchtet. Wegen der Unsicherheiten rund um Corona blieb Conti aber weiterhin einen Ausblick auf das Gesamtjahr schuldig, was moniert wurde.
Aussagen der Deutschen Bank zur harten Kernkapitalquote Ende Juni und zu voraussichtlich leicht über den Analystenschätzungen liegenden Ergebnissen im zweiten Quartal schickten die Papiere des Geldinstituts indes auf Talfahrt. Sie büßten zuletzt am Dax-Ende 1,5 Prozent ein.
Im SDax dagegen sprangen die Aktien von Wacker Chemie nach Berichten über Produktionsausfälle bei der chinesischen Konkurrenz um 10 Prozent hoch. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg aus informierten Kreisen meldete, könnte es in einem Werk von GCL-Poly Energy, einem der weltweit größten Anbieter des Solarindustrie-Grundstoffs, nach Beschädigungen durch Explosionen zu einem längeren Produktionsausfall kommen. Die DWS-Aktien , von der Commerzbank frisch zum Kauf empfohlen, legten um 3,4 Prozent zu und erreichten ein neues Hoch seit Ende Februar.
Die vorgelegten Eckzahlen des Gasfeder- und Dämpfer-Spezialisten Stabilus für das dritte Geschäftsquartal indes sorgten für einen Kursabsacker. Mit minus 3,0 Prozent zählten die Anteilsscheine zu den schwächsten im 70 Unternehmen umfassenden Nebenwerte-Index. Am Markt wurde als Grund auf überraschende Wertberichtigungen verwiesen.
Der Euro wurde am frühen Nachmittag mit 1,1448 US-Dollar auf Vortagesniveau gehandelt. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Montagnachmittag auf 1,1448 Dollar festgesetzt. Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von minus 0,46 Prozent am Vortag auf minus 0,48 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,04 Prozent auf 145,20 Punkte. Der Bund-Future legte um 0,02 Prozent auf 176,31 Zähler zu./ck/men
--- Von Claudia Müller, dpa-AFX ---
Quelle: dpa-Afx