FRANKFURT (dpa-AFX) - Der deutsche Aktienmarkt hat kaum auf die geldpolitischen Beschlüsse der Europäischen Zentralbank reagiert. Die Anleger hielten sich am Donnerstag mit Engagements zurück. "Es gab keine größeren Überraschungen", sagte Analyst Ulrich Wortberg von der Helaba. "Die EZB sieht die Risiken für die Konjunkturentwicklung klar nach unten gerichtet und verbindet die wirtschaftlichen Perspektiven eng mit dem Corona-Infektionsgeschehen." Entsprechend sei die Geldpolitik weiter gelockert worden, um den negativen Auswirkungen der Pandemie entgegenzuwirken. Vom EU-Gipfel gab es zudem noch keine Neuigkeiten.
Der Dax gab am Nachmittag um 0,10 Prozent auf 13 327,09 Punkte nach. Tags zuvor hatte der Leitindex ein weiteres Mal erfolglos versucht, die Hürde um 13 460 Zähler zu knacken. Dieses Niveau war zuletzt Anfang September erreicht worden. Es ist das aktuelle Erholungshoch seit der Pandemie.
Der MDax stieg am Donnerstagnachmittag um 0,15 Prozent auf 29 666,66 Punkte, nachdem der Index der 60 mittelgroßen Werte am Mittwoch auf ein Rekordhoch geklettert war. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 zeigte sich zuletzt prozentual unverändert.
Auf dem Gipfel der Europäischen Union (EU) in Brüssel sollen nach dem Streit mit Ungarn und Polen nun das gemeinsame Haushaltspaket und die Corona-Hilfen endgültig auf den Weg gebracht werden. Zudem geht die Brexit-Zitterpartie weiter: Hier haben sich die EU und Großbritannien im Ringen um einen Handelspakt eine letzte Frist gesetzt. Eine Entscheidung soll spätestens bis Sonntagabend fallen.
Unter den Einzelwerten stand im Dax nach einer positiven Studie der Societe Generale das BASF -Papier im Blick und legte als Spitzenwert um 2,4 Prozent auf knapp 65 Euro zu. Analyst Peter Clark hatte das Kursziel von 52 auf 74 Euro angehoben und seine Kaufempfehlung bekräftigt. Die Branchenrotation zurück in zyklische Aktien laufe, schrieb er. Zugleich sei BASF aber der 2020 bislang schwächste vom ihm beobachtete Wert im Sektor. Clark erwartet jedoch Rückenwind für die Ludwighafener durch Restrukturierungen und angesichts der Fokussierung auf Kosten und Barmittel.
Im MDax war die Aktie von Hellofresh Favorit mit plus 7,0 Prozent. Ein ungebremster Bestellboom in der Corona-Krise veranlasste den Kochboxenversender nun schon zum fünften Mal in diesem Jahr, seine Prognosen anzuheben. Auch der Nutzfahrzeugzulieferer Jost Werke hob seine Jahresschätzungen an, was Anleger mit Käufen honorierten. Das Papier nahm im SDax den zweiten Platz ein mit plus 4,2 Prozent. An die Index-Spitze setzte sich unterdessen der Anteilsschein von Norma mit plus 5,2 Prozent auf 38,40 Euro. Die DZ Bank hob den fairen Wert der Aktie des Autozulieferers von 34 auf nun 45 Euro an.
Um 3,5 Prozent ging es für Siltronic nach oben. Der Verkauf des Waferherstellers an den taiwanesischen Konkurrenten Globalwafers kommt voran. Die Unternehmen unterschrieben - wie Ende November beschlossen - die Fusionsvereinbarung. Großaktionär Wacker Chemie sicherte vertraglich zu, seinen knapp 31-prozentigen Siltronic-Anteil abzugeben. Globalwafers kündigte unterdessen eine Mindestannahmeschwelle von voraussichtlich 65 Prozent für das freiwillige Übernahmeangebot an.
Außerhalb der Dax-Familie setzten die Aktien von Formycon ihre Rekordrally fort, denn das deutsche Biotech-Unternehmen hatte am Vortag starke Nachrichten über bedeutende Entwicklungserfolge in der Verhinderung einer Coronavirus-Infektion gemeldet. Zeitweise hatte sich daraufhin der Wert der Aktie mehr als verdoppelt, kam inzwischen nun aber etwas zurück. Von der Rally mitgerissen wurden auch die Aktien von Heidelberg Pharma . Bei sehr hohen Umsätzen sprangen sie um rund 20 Prozent nach oben auf den höchsten Stand seit März.
Der Euro wurde am frühen Nachmittag mit 1,2116 US-Dollar gehandelt. Die EZB hatte den Referenzkurs am Mittwoch auf 1,2109 Dollar festgesetzt.
Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von minus 0,60 Prozent am Vortag auf minus 0,62 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,06 Prozent auf 146,47 Punkte. Der Bund-Future sank um 0,11 Prozent auf 177,99 Punkte./ck/jha/
--- Von Claudia Müller, dpa-AFX ---
Quelle: dpa-Afx