FRANKFURT (dpa-AFX) - Die geplante Dividendenaussetzung durch das Immobilienunternehmen LEG
Der Branchenindex Stoxx Europe 600 Real Estate
Mit dem Anstieg der Zinsen weltweit steht die stark kreditfinanzierte Immobilienbranche zunehmend unter Druck, auch die steigenden Kosten etwa für Energie und das Bauen sorgen für Gegenwind. Viele Unternehmen drücken daher ihre Ausgaben und Investitionen. LEG fuhr im vergangenen Jahr zwar ein Rekordergebnis ein, will aber seine Kapitalbasis stärken, in dem es auf die Dividendenzahlung verzichtet. Für viele Beobachter kam dies unerwartet - aber nicht für alle.
Ein Händler etwa sagte, die Aussetzung sei nicht völlig überraschend, er wertete die Entscheidung aber als sehr negativ. Der Markt habe zwar mit einer Kürzung gerechnet, jedoch immer noch eine ordentliche Ausschüttung erhofft. Auch dass LEG seine Ziele für die operative Kennziffer AFFO optimistischer formuliere, wiegt die negativen Aspekte laut dem Börsenkenner nicht auf. "Der AFFO steigt automatisch, wenn die Investitionsausgaben sinken", merkte er an. Die Bilanz für das vergangene Jahr sei derweil im Rahmen der Markterwartungen ausgefallen. Der AFFO reflektiert laut LEG den frei verfügbaren Barmittelfluss.
Auch Experte Simon Stippig von der Warburg Bank reagierte mit Erstaunen, zumal LEG das beste Ergebnis seiner Geschichte verbucht habe. Dabei hätten die Finanzierungskosten zuletzt noch immer auf demselben Niveau stagniert wie Ende November. Er bemängelte überdies, dass auch künftige Dividenden mit der geänderten Prognosebasis schwieriger vorauszusehen seien.
Analyst Andre Remke von der Baader Bank schrieb: "Obwohl bereits seit Herbst letzten Jahres diskutiert, kommt die vollständige Aussetzung der Dividende für uns und den Konsens mit Schätzungen von rund 3,25 Euro je Anteilsschein im Vergleich zu 4,07 Euro im vergangenen Jahr überraschend." Eine vollständige Kürzung sei allerdings nur konsequent, da der Fokus der LEG und auch der gesamten Branche angesichts sinkender Immobilienwerte, steigender Refinanzierungskosten und eines schwierigen Verkaufsmarktes vorerst auf der Passivseite liege und dort auch liegen sollte.
JPMorgan-Experte Neil Green dagegen hatte die Dividendenaussetzung offenbar kommen sehen. Angesichts der Kommentare des Managements in der Telefonkonferenz bereits zum dritten Quartal hält er den Vorschlag einer Dividendenaussetzung für keine große Überraschung mehr. LEG-Chef Lars Lackum hatte zur Präsentation der Neunmonatsbilanz im November eine Änderung der Geschäftsstrategie mit dem Fokus auf Kostendisziplin verkündet. Laut Ankündigung vom November will die Gesellschaft Investitionen drücken, nicht weiter zukaufen und das Geschäft mit der Projektentwicklung einstellen, um die Liquidität weiter zu stärken.
Vor diesem Hintergrund könnte auch die Spannung mit Blick auf die in der kommenden Woche anstehende Bilanz von Europas größtem Vermieter Vonovia weiter steigen. Die Deutsche Bank hatte zuletzt mit Blick auf die massiv steigenden Renditen für Vonovia-Bonds über ein Kräftemessen zwischen den Aktien- und den Anleihenhaltern gemutmaßt. Die Anleiheinvestoren hofften wohl, dass Vonovia die Dividendenzahlung aussetzen werde, schrieb Analyst Thomas Rothäusler erst kürzlich. Warburg-Analyst Simon Stippig hält derweil eine Dividendenkürzung durch den Dax-Konzern für sehr unwahrscheinlich.
Vonovia stand in den vergangenen Tagen an der Börse zudem wegen Ermittlungen gegen einzelne Mitarbeiter unter Druck, der Verdacht eines Schmiergeldsystems steht im Raum./tav/ag/jha/
Quelle: dpa-Afx