NEW YORK/WOLFSBURG (dpa-AFX) - Das US-Analysehaus Bernstein geht bei der anstehenden Sitzung des innersten Machtzirkels von Volkswagen
Das Machtvakuum, das den Autobauer seit Juni überschatte, sollte beendet werden, wiederholte Ellinghorst seine bereits geäußerte Forderung an die Eigentümerfamilien Porsche und Piëch. VW
Man könne die Dinge auch einfach so akzeptieren, wie sie seien, schrieb Ellinghorst. Schließlich verkaufe der Konzern 11 Millionen Autos und Audi, Porsche und die Chinageschäfte lieferten die finanziellen Mittel, um das System Wolfsburg am laufen zu halten. Einigen Stakeholdern sei das bestimmt gut genug. Minderheitenaktionäre forderten aber mehr und sie bräuchten einen starken Grund, VW-Aktien zu besitzen, so der Analyst.
Die Weichenstellungen des Präsidiums im VW-Aufsichtsrat gingen daher über die Frage des Vorstandsvorsitzenden hinaus. "Es wird eine Entscheidung pro oder contra die aktive Transformation und den Wandel geben", schrieb der Experte. "Ob es einen neuen CEO gibt oder nicht, die Fragen werden die gleichen bleiben, und jeder VW-Vorstandschef wird die volle Unterstützung der größten VW-Aktionäre brauchen, die der Porsche-Familien." Die Familien besitzen über eine Holding 53 Prozent der Stimmrechte am VW-Konzern.
Seit vergangener Woche ist der im Sommer nur mühsam gekittete Streit um Diess als Konzernchef wieder aufgeflammt, Auslöser waren die von Diess geplanten Personalien für den Konzerneinkauf und das Finanzressort. Zudem soll der Manager aber vor allem erneut seine eigene Vertragsverlängerung ins Spiel gebracht haben, obwohl seine Amtszeit noch bis ins Frühjahr 2023 läuft und üblicherweise erst ein Jahr vorher über eine Verlängerung geredet wird.
Diess könnte mit dem Schritt das Vertrauen der Eigentümer testen wollen. Im Sommer hatten Berichte über ein entsprechendes Ansinnen von Diess zu einem Eklat mit dem Kontrollgremium geführt, Diess musste sich für den Vorwurf strafbarer Handlungen in Richtung eines Teils der Aufseher entschuldigen. Schon lange schwelt ein Machtkampf zwischen Diess und dem mächtigen Betriebsratschef Bernd Osterloh. Der beteuerte vergangene Woche, mit Diess weitermachen zu wollen. Ob es dabei bleibt, wenn Diess tatsächlich die Vertrauensfrage stellt, ist fraglich.
Wie es am Montag aus Konzernkreisen hieß, dreht sich das Treffen vornehmlich um die Vorbereitung einer weiteren Sitzung in größerer Runde. Nach bisheriger Planung soll es nicht um konkrete Vertragsfragen gehen. Berichten zufolge könnte Diess' Wunsch nach einer vorzeitigen Vertragsverlängerung möglicherweise kurzfristig aber doch mit auf der Agenda landen. Das Unternehmen machte keine näheren Angaben zu der Sitzung.
Investoren und Analysten bemängeln seit Langem, dass in Wolfsburg bei vielen Entscheidungen zu viele Leute mitredeten. Diess hatte ihnen versprochen, die Strukturen zu verschlanken und zu vereinfachen und auf diesem Wege auch den Börsenwert zu steigern. Die Arbeitnehmerseite sieht allerdings Beschäftigung und Rendite als gleichrangige Unternehmensziele. In der Unternehmenskultur von Volkswagen haben die Arbeitnehmer traditionell ein gewichtiges Wort mitzureden.
Ellinghorst ist seit Jahren ein vielbeachteter Finanzanalyst in der Autobranche, vielen Beobachtern gilt er auch als Sprachrohr seiner Zunft. Er nimmt mit seiner Empfehlung "Underperform" eine negative Haltung zu der im Dax notierten Volkswagen-Vorzugsaktie ein, sein Kursziel für die Papiere liegt mit 160 Euro aber noch ein Stück weit über dem aktuellen Niveau von gut 141 Euro.
Im Aufsichtsratspräsidium von Volkswagen sitzen unter anderem der Vorsitzende Hans Dieter Pötsch sowie die Familienvertreter Wolfgang Porsche und Hans Michel Piëch. Ebenso im Gremium sind auch Osterloh und IG-Metall-Chef Jörg Hofmann, zudem Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD)./men/jha/he
Veröffentlichung der Original-Studie: 30.11.2020 / 15:54 / UTC Erstmalige Weitergabe der Original-Studie: / / UTC
Analysierendes Institut Bernstein Research.
Quelle: dpa-Afx