TOKIO/HONGKONG/SHANGHAI/MUMBAI (dpa-AFX) - An den Asien-Börsen müssen Anleger im kommenden Jahr verschiedene Faktoren beachten. Je nach Börsenplatz sind individuelle Stellschrauben mitentscheidend: In Japan prägt die Notenbankpolitik den Markt, in China spielen staatliche Konjunkturmaßnahmen eine Schlüsselrolle. Über allem schwebt aber die Unsicherheit, welchen Einfluss die künftige Zollpolitik der USA unter der Präsidentschaft von Donald Trump haben wird. Vor allem China als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt könnte darunter leiden.

2024 stehen die Börsen in Asien zumeist gut da: Der japanische Nikkei-225 wartete im Sommer mit Rekordständen auf und trotz der konjunkturellen Krise konnten Anleger sogar in China Gewinne einfahren. Dank einer Rally im September hat der Hongkonger Hang Seng 2024 bislang um rund 16 Prozent zugelegt und damit fast soviel, wie der deutsche Dax und etwas mehr als der New Yorker Dow Jones Industrial . Im Gegensatz zu Dax und Dow hat der Hang Seng aber vier Verlustjahre in Folge hinter sich. Ob Anleger nun schon Vorschusslorbeeren auf eine chinesische Konjunkturerholung verteilt haben, muss sich zeigen.

Die Experten der Investmentbank Oddo BHF etwa halten den chinesischen Aktienmarkt mit Blick auf das kommende Jahr für unattraktiv. "Die chinesische Volkswirtschaft leidet unter einer Immobilienkrise, einer Überschuldung der lokalen Regierungen und übermäßigen Eingriffen der kommunistischen Regierung", heißt es im Ausblick des Kapitalmarktexperten Jan Viebig von Oddo BHF. Seine negative Haltung zu China will er erst überdenken, wenn sich dort nachhaltige politische Reformen und eine Erholung des schwächelnden Konsums abzeichnen.

Immerhin: Jüngst kündigte Chinas Regierung weitere Konjunkturhilfen für 2025 an. Chinas Regierung will sich mit einer etwas lockereren Geldpolitik gegen die Wirtschaftsprobleme des Landes stemmen; und auch fiskalische Maßnahmen stellte sie in Aussicht, also mehr direkte Hilfen für die Wirtschaft. Konkretes fehlt bislang aber.

Die Schweizer Privatbank Vontobel rechnet in China erst mit weiteren Konjunkturstimuli, wenn mehr Klarheit über die Handelspolitik unter Donald Trump besteht. Der designierte US-Präsident droht mit hohen Importzöllen auf Waren aus mehreren Ländern, allen voran China. Der Handelskonflikt mit dem Reich der Mitte hatte schon Trumps erste Amtszeit von 2017 bis 2021 geprägt.

Die Experten des Investmenthauses Jefferies gehen von negativen Auswirkungen der Trump-Politik aus, glauben allerdings, dass die Zolldrohungen eher ein Verhandlungsinstrument sind und die Schritte letztlich nicht so schlimm ausfallen werden wie befürchtet. Was sie in China jedoch weiterhin vermissen, ist die "Big Bazooka" - also der Inbegriff für umfangreiche Maßnahmen, um einer Konjunkturerholung endlich den Durchbruch zu verschaffen. "Unserer Ansicht nach begrenzen die aktuellen Maßnahmen die Nachteile, reichen aber nicht aus, um Vorteile zu schaffen", schrieben sie in ihrem Ausblick. Auch sie blicken daher vorsichtig auf chinesische Aktien.

Etwas anders stellt sich Experten zufolge die Lage in Japan dar, denn hier wird allgemein die Geldpolitik der Bank of Japan als wichtigstes Kriterium angesehen. Während andere große Notenbanken, wie die EZB tendenziell auch die Fed die Zinsen 2025 weiter senken dürften, rechnet Mohit Kumar von Jefferies mit einer Zinserhöhung durch die Bank of Japan im ersten Quartal, allerdings von sehr niedrigem Niveau aus. Er geht von einer allmählichen Erhöhung bis in den Leitzins-Bereich von 0,75 bis 1 Prozent im Jahresverlauf aus.

Die japanische Notenbank ist seit Jahren mit ihrer anhaltend ultralockeren Geldpolitik eine Ausnahme. Kumar hält an seiner im Frühjahr 2024 eingenommenen neutralen Haltung gegenüber japanischen Aktien fest. Damals hatte die Bank of Japan mit der ersten Zinsanhebung seit 17 Jahren eine langjährige Negativzinspolitik beendet. In Japan sei er noch immer nicht bereit dazu, einzusteigen - abgesehen von Ausnahmen, die er etwa im Finanzsektor sieht.

Anderswo in Asien sehen Experten durchaus Chancen in Schwellenländern. Kumar glaubt aber, dass Anleger dort stärker differenzieren müssen. Chancen sieht er in Süd- und Südostasien wegen einer günstigen Demografie, strukturellen Reformen, dem globalen Konjunkturbild und der Aussicht auf sinkende US-Zinssätze. Er nennt dabei Indien als Favoriten. Die Experten der Bank Vontobel erwähnen Vietnam, Malaysia und in geringerem Maße auch Indonesien als mögliche Profiteure einer möglichen Umorientierung der globalen Lieferketten weg China./tih/jsl/mis

--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---

Quelle: dpa-Afx