LUDWIGSHAFEN (dpa-AFX) - Die Geschäfte für den Chemiekonzern BASF
DAS IST LOS BEI BASF:
2020 hatte vor allem die schwache Nachfrage der Auto- und Luftfahrtbranche den Konzern in den ersten Monaten der Corona-Pandemie schwer belastet. Seit dem Schlussquartal geht es dank einer Erholung wichtiger Industrien aber wieder deutlich aufwärts. Wegen einer höheren Nachfrage und gestiegener Preise hob das BASF-Management um Konzernchef Martin Brudermüller erst jüngst die Ziele für 2021 zum zweiten Mal an.
Für 2021 erwartet BASF einen Umsatz von 74 bis 77 Milliarden Euro. Der operative Gewinn vor Steuern, Zinsen und Sondereinflüssen (Ebit) soll 7,0 bis 7,5 Milliarden Euro erreichen. Mit diesen Zielen peilt BASF eine deutliche Steigerung über das Vorkrisenniveau hinaus an und bestenfalls sogar den höchsten Umsatz in der Firmengeschichte. Im Krisenjahr 2020 hatte BASF ein bereinigtes Ebit von knapp 3,6 Milliarden bei Erlösen von rund 59 Milliarden erwirtschaftet.
Bei der Prognose geht das Management davon aus, dass es in der zweiten Jahreshälfte coronabedingt keine größeren wirtschaftlichen Einschränkungen geben wird. Im Zuge der Pandemie hatte auch BASF deutliche Abstriche machen müssen und den Sparkurs verschärft. Dazu gehört auch der Abbau von Arbeitsplätzen. Zuletzt beschäftigte BASF nach eigenen Angaben knapp 108 000 Mitarbeiter und damit fast 10 000 weniger als Ende Juni 2020.
Derweil bereiten der Branche in Deutschland gestiegene Energiepreise wachsende Sorgen. "Der Preisschock für Gas in Kombination mit den ohnehin höchsten Strompreisen in Europa und der Welt entwickelt sich zu einem gravierenden Kostenproblem für energieintensive Unternehmen und ihre Wettbewerbsfähigkeit am Produktionsstandort Deutschland", mahnte der Verband der Chemischen Industrie jüngst. "Hier eine Lösung zu finden, wird eine wichtige Aufgabe der neuen Bundesregierung sein."
Im Fokus steht weiter die BASF-Mehrheitsbeteiligung Wintershall Dea - unter anderem wegen ihrer finanziellen Beteiligung an der umstrittenen Ostsee-Gas-Pipeline Nord Stream 2. Nach jahrelangem Streit um die Pipeline haben Deutschland und die USA erst vor kurzem eine Einigung gefunden. Eigentlich wollte Brudermüller die ehemalige Öl-und-Gas-Tochter, an der BASF noch rund 70 Prozent hält, schon im zweiten Halbjahr 2020 an die Börse bringen. BASF hatte den Gang aufs Parkett aber erst jüngst erneut verschoben.
Mit deutlichen Zuwächsen rechnet BASF in den kommenden Jahren in China. Alleine der neue Produktionsstandort in Südchina soll 2030 vier bis fünf Milliarden Euro zum Umsatz beitragen, sagte Brudermüller im September. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen soll 1,0 bis 1,2 Milliarden Euro betragen. Insgesamt will der Konzern acht bis zehn Milliarden Euro in den neuen Standort Zhanjiang in der Provinz Guangdong investieren. China ist nach Einschätzung Brudermüllers der Hauptwachstumstreiber für die weltweite Chemieproduktion. Bis 2030 sollten rund zwei Drittel des Wachstums aus der Region China kommen.
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Von den 18 seit Juli von dpa-AFX erfassten Experten, die BASF auf dem Schirm haben, empfehlen elf die Aktie zum Kauf. Sechs raten zum Halten. Einer empfiehlt den Verkauf. Im Schnitt liegt das Kursziel bei knapp 81 Euro. Allerdings weisen die Schätzungen mit 60 bis 112 Euro eine große Spanne auf. Aktuell kosten die Papiere gut 64 Euro.
Der Chemiekonzern dürfte nach Einschätzung von Analyst Chetan Udeshi von der US-Bank JPMorgan aufgrund des starken Basischemiegeschäfts im dritten Quartal einmal mehr stark abgeschnitten haben. Allerdings sei BASF kurzfristig aber ebenso wie die gesamte Branche Unsicherheiten durch den holprigen Automarkt, einer möglicherweise nachlassenden Nachfragedynamik in China und steigenden Energiepreise in Europa ausgesetzt. Das Öl- und Gasgeschäft biete dem Unternehmen hingegen einen gewissen Schutz.
Analyst David Varga von dem Bankhaus Metzler sieht die europäische Chemiebranche am Beginn eines jahrelangen starken Aufschwungs. Dank ihres starken Upstream-Geschäfts sollte BASF in einem inflationären Umfeld wie diesem besonders gut abschneiden. Varga erwartet deshalb, dass sich die Geschäfte des Konzerns deutlich besser entwickelt haben als erwartet. Dies sollte zu einer weiteren Anhebung des Ausblicks führen. Dazu dürften auch der starke Anstieg der Öl- und Gaspreise und die hervorragenden Aussichten für Hartschaum-Vorprodukt MDI beitragen. Harte Schaumstoffe werden unter anderem als Isoliermaterial in Kühl- und Gefrierschränken sowie in Häuserfassaden eingesetzt.
Auch Analyst Andreas Heine vom Investmenthaus Stifel rechnet damit, dass das dritte Quartal deutlich über den Markterwartungen gelegen hat. Dies ergebe sich vor allem aus der Entwicklung im Basischemiegeschäft. Im Geschäft mit Kunststoffen (Materials) sei der Margentrend weiterhin günstig, aber der Hurrikan Ida habe die MDI-Produktion in den USA beeinträchtigt. Im Saat- und Pflanzenschutzgeschäft sollte BASF höhere Volumen und bessere Preise verzeichnet haben, allerdings dürfte in dem saisonal schwachen Quartal die Kosteninflation der dominierende Faktor sein.
Weniger euphorisch zeigte sich Analyst Oliver Schwarz von der Investmentbank Warburg Research. Die Anleger des Chemiekonzerns sollten sich im dritten Quartal auf erste Auswirkungen einer stockenden Nachfrage durch die Autoindustrie vorbereiten, warnte er. Da der Mangel an Chips wahrscheinlich nicht rasch behoben sei, dürften sich die niedrigeren Produktionszahlen auch auf das erste Halbjahr 2022 auswirken. Zudem rechnet er damit, dass sich die Stromknappheit in China auf die Nachfrage nach Chemikalien dort auswirken wird. Die hohen Preise für Erdöl und Erdgas sollten hingegen den Beitrag von Wintershall Dea zum Nettoergebnis 2021 erhöhen.
BASF ist nach Ansicht von Analyst Peter Spengler von der DZ Bank bereits gut aufgestellt. Die Desinvestitionen verbesserten die Bilanz des Konzerns und reduzierten die Schwankungen in Bezug auf Öl- und Gaspreise sowie das Bruttoinlandsprodukt. Er rechnet damit, dass sich das aktuelle dynamische Gewinnmomentum auch im zweiten Halbjahr 2021 fortsetzen wird. Dann sollten auch die bisher im Gegensatz zu den Basis- und Kunststoffsegmenten zurückgebliebenen Spezialchemiesegmente die Rohstoffpreiserhöhungen an ihre Kunden weiterreichen können.
Gunther Zechmann vom US-Analysehaus Bernstein Research sieht BASF und Evonik gut positioniert, um im kommenden Jahrzehnt vom Wachstumsmarkt Plastik-Wiederaufbereitung zu profitieren. Bisher leide das Wachstum in diesem Bereich unter den niedrigen Erträgen und den schlecht vorhersagbaren Gewinnen. Einige Hersteller von täglichen Verbrauchsgütern und Verpackungen wie der Lebensmittelkonzern Nestle seien indes schon jetzt bereit, eine Prämie für die Wiederaufbereitung des von ihnen verwendeten Plastiks zu zahlen.
DAS MACHT DIE AKTIE:
In der ersten Phase der Corona-Pandemie vor mehr als einem Jahr rutschte der Kurs innerhalb weniger Wochen um mehr als 40 Prozent ab. Mitte März 2020 kostete die BASF-Aktie mit 37,36 Euro so wenig wie seit 2009 nicht mehr. Inzwischen konnte sich die Aktie wieder erholen.
Mit einem Minus von rund einem Prozent seit Anfang des Jahres schnitt die Aktie allerdings deutlich schlechter ab als der Dax
Über die vergangenen zehn Jahre konnten die Papiere kaum zulegen, während der deutsche Leitindex und der europäische Branchenindex Stoxx 600 Chemie
Aktuell beträgt der Börsenwert des Konzerns gut 59 Milliarden Euro. Damit liegt BASF auf dem zwölften Platz im Dax. Zur Amtsübernahme Brudermüllers im Mai 2018 hatte BASF mit ungefähr 80 Milliarden noch auf dem sechsten Platz gelegen./mne/ngu/jha/
Quelle: dpa-Afx