LUDWIGSHAFEN (dpa-AFX) - Die Geschäfte für den Chemiekonzern BASF laufen dank einer guten Nachfrage und höherer Preise rund. Für das Jahr 2021 zeigten sich die Ludwigshafener zunehmend optimistischer. 2020 war der Dax-Konzern wegen milliardenschwerer Abschreibungen im Zuge der Corona-Pandemie tief in die Verlustzone gerutscht. Was bei BASF los ist, was Analysten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI BASF:

2020 hatte vor allem die schwache Nachfrage der Auto- und Luftfahrtbranche den Konzern in den Anfangszeiten der Corona-Pandemie schwer belastet. Wegen einer höheren Nachfrage und gestiegener Preise laufen die Geschäfte für den Chemiekonzern aber schon seit einigen Monaten immer besser. Erst jüngst hob das BASF-Management um Konzernchef Martin Brudermüller die Ziele für 2021 zum dritten Mal an.

BASF stellte zuletzt für die zwölf Monate einen Umsatzanstieg auf 76 bis 78 Milliarden Euro in Aussicht. Der operative Gewinn vor Steuern, Zinsen und Sondereinflüssen (Ebit) soll 7,5 bis 8,0 Milliarden Euro erreichen. Mit diesen Zielen peilt BASF eine deutliche Steigerung über das Vorkrisenniveau hinaus an und bestenfalls sogar den höchsten Umsatz in der Firmengeschichte. Im Krisenjahr 2020 hatte BASF ein bereinigtes Ebit von knapp 3,6 Milliarden bei Erlösen von rund 59 Milliarden Euro erwirtschaftet.

Wegen der zuletzt positiven Geschäftsentwicklung, aber auch wegen Unternehmensverkäufen will der Konzern bis 2023 eigene Aktien für bis zu drei Milliarden Euro zurückkaufen und einziehen, das Grundkapital soll entsprechend gesenkt werden.

Im Zuge der Pandemie hatte aber auch BASF deutliche Abstriche machen müssen und den Sparkurs verschärft. Dazu gehört auch der Abbau von Arbeitsplätzen. Ende des dritten Quartals beschäftigte der Konzern nach eigenen Angaben knapp 111 000 Menschen und damit gut 7 000 weniger als Ende September 2020.

Die Branche allgemein leidet aktuell unter den höheren Kosten für Strom und Gas sowie Rohstoffe. Auch die Lieferengpässe sorgen für Gegenwind, weswegen viele Unternehmen die Produktion drosseln oder gar Anlagen stilllegen mussten und sich Aufträge verzögerten. Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) rechnete Mitte Dezember mit einer Entspannung erst im Sommer.

Auch BASF fordert die aktuelle Lage heraus, wie Konzernchef Brudermüller verdeutlichte. Das Umfeld sei aber insgesamt nicht schlecht, da alles Produzierte auch "irgendwie" verkauft werde, sagte der Firmenchef im Oktober zur Vorlage von Quartalszahlen. Es gebe auch einen Nachholeffekt aus der Pandemiezeit. Viele Anlagen seien mehr oder weniger voll ausgelastet. BASF erwartete damals laut Brudermüller "eine solide Nachfrage in den verschiedenen Geschäften bis zum Jahresende und auch darüber hinaus".

Unterdessen verzögert sich der ursprünglich für das zweite Halbjahr 2020 geplante Börsengang der BASF-Mehrheitsbeteiligung Wintershall Dea weiter. Das Unternehmen steht unter anderem wegen der finanziellen Beteiligung an der umstrittenen Ostsee-Gas-Pipeline Nord Stream 2 im Fokus. BASF hat den Gang aufs Parkett inzwischen mehrfach verschoben, die Beteiligungsgesellschaft LetterOne des russischen Milliardärs Michail Fridman will den Schritt einem Pressebericht zufolge sogar ganz verhindern.

Grund sei unter anderem die Marktstimmung gegenüber Vermögenswerten in Russland, wo das Unternehmen einen Teil seiner Gas- und Ölproduktion tätigt. Dies würde "sehr wahrscheinlich zu einer Bewertung führen, die das Potenzial des Unternehmens nicht widerspiegelt", schrieb jüngst die "Financial Times".

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Von den 18 seit Oktober von dpa-AFX erfassten Experten, die BASF auf dem Schirm haben, empfehlen zwölf die Aktie zum Kauf. Sechs raten zum Halten, keiner empfiehlt den Verkauf. Im Schnitt liegt das Kursziel bei rund 81 Euro. Allerdings weisen die Schätzungen mit 64 bis 110 Euro eine große Spanne auf. Aktuell kosten die Papiere knapp 68 Euro.

Analyst Chetan Udeshi von der US-Bank JPMorgan rechnet damit, dass die Zahlen für das vierte Quartal erwartungsgemäß stark ausfallen oder sogar leicht über den Marktprognosen liegen werden. Während sich die Nachfrage im ersten Quartal wahrscheinlich unruhig entwickeln werde, dürfte sie im Gesamtjahr weitgehend günstig sein. Bei einigen Basischemikalien dürften die Preise und Margen von den Höchstständen im Laufe der zweiten Jahreshälfte 2021 zwar wieder gesunken sein, dennoch sollten sie auf einem höheren Niveau liegen als bisher von ihm prognostiziert.

Der positive Gewinntrend beim Chemiekonzern dürfte nach Einschätzung von Analyst Peter Spengler von der DZ Bank auch im ersten Halbjahr 2022 anhalten. Er geht davon aus, dass nicht nur die Geschäftsbereiche Basischemikalien (Chemicals) und Kunststoffe (Materials), sondern auch die kundennahen Segmente Industrial Solutions und Surface Technologies steigende Kosten besser weiterreichen können. Zu Industrial Solutions gehören unter anderem Dispersionen und Pigmente. Die letzte Sparte bietet etwa Autolacke und Katalysatoren an.

Nach Ansicht von Analyst Markus Mayer von der Baader Bank ist die Nachfrage nach den Produkten der BASF nach wie vor intakt. Zudem bestehe für den etwa 20-prozentigen Umsatzanteil mit der Automobilindustrie die Chance, dass sich die Nachfrage im laufenden Jahr deutlich verbessern werde. Zum einen dürfte die Autoproduktion im Jahr 2022 um mehr als neun Prozent auf bis zu 83 Millionen Fahrzeuge anziehen. Hinzu komme, dass die Lagerbestände bei den Automobilkunden so niedrig seien wie nie zuvor. Dies könne eine zusätzliche Nachfrage auslösen. Ferner habe es im Vorjahr Lieferkettenprobleme etwa durch den blockierten Suezkanal gegeben.

Für das Agrargeschäft rechnet der Baader-Analyst dank der hohen Einkommen der Landwirte mit einem starken Auftakt und einem guten Gesamtjahr 2022. In den Spezialchemie-Geschäften der Ludwigshafener, die zuvor die Inflationseffekte noch nicht an die Kunden weitergeben konnten, dürften die inzwischen laufenden Preiserhöhungen zu höheren Margen führen, glaubt der Experte.

Analyst Andrew Stott von der schweizerischen Großbank UBS bereitet mit Blick auf die Konsensschätzungen der erwartete Jahresausblick des Chemiekonzerns ein wenig Sorgen. Aus Bewertungsgründen und wegen wahrscheinlicher Veränderungen in den Unternehmensportfolios bevorzuge er die Titel von Evonik , Lanxess und Wacker Chemie .

Für Analyst Chris Counihan vom Analysehaus Jefferies sprechen mehrere Gründe für die Aktie des Chemiekonzerns im eigenen Depot, der wichtigste seien die Aktienrückkäufe. Diese zeigten, dass die Anleger vom Gewinnwachstum und dem anziehenden Barmittelfluss auch etwas abbekämen. Dabei handelt es sich laut Analyst Andreas Heine vom Investmenthaus Stifel um die ersten Rückkäufe eigener Aktien seit 2008. In der Zwischenzeit habe die Priorität eher auf Zukäufen und der Bilanz gelegen. Der Schritt zeige nun, dass das Management die Unterbewertung der Aktie angehen wolle.

Für die Öl- und Gastochter Wintershall Dea setzte Analyst Gunther Zechmann vom US-Analysehaus Bernstein Research zuletzt mit 21,8 bis 25,4 Milliarden Euro eine höhere Bewertung an. Daraus ergebe sich geschätzt ein BASF-Anteil von 15,8 bis 18,4 Milliarden Euro. Aufgrund des Engagements in Russland müsse aber ein Abschlag von 10 bis 28 Prozent einkalkuliert werden, rechnete der Experte vor. Ein Börsengang erscheint Zechmann zunehmend unwahrscheinlich, denn Miteigner Fridman könne mit seinem Anteil von 27,3 Prozent diesen Schritt blockieren. Zudem sei das Umfeld herausfordernd, denn aktuell strebten auch mehrere andere Unternehmen den Ausstieg aus dem Öl- und Gasgeschäft über den Gang an die Börse an.

DAS MACHT DIE AKTIE: (Stand: 15.2.2022, Schluss)

Die Corona-Krise hat der BASF-Aktie in der ersten Phase der Corona-Pandemie vor mehr als einem Jahr ordentlich zugesetzt. Der Kurs rutschte innerhalb weniger Wochen um mehr als 40 Prozent ab. Mitte März 2020 kostete das Papier mit 37,36 Euro so wenig wie seit 2009 nicht mehr. Inzwischen konnte sich der Kurs wieder deutlich erholen.

Mit einem Plus von rund zehn Prozent seit Anfang des Jahres schnitt die Aktie zuletzt besser ab als der Dax , der seitdem knapp drei Prozent verloren hat. Mittelfristig haben die Aktionäre aber wenig Freude. Seit dem Rekordhoch bei 98,80 Euro Anfang 2018 sank der Kurs um fast ein Drittel.

Über die vergangenen zehn Jahre konnten die Papiere kaum zulegen, während der deutsche Leitindex und der europäische Branchenindex Stoxx 600 Chemie sich mehr als verdoppelt haben.

Aktuell beträgt der Börsenwert des Konzerns knapp 61 Milliarden Euro. Damit liegt BASF auf dem zwölften Platz im Dax. Zur Amtsübernahme Brudermüllers im Mai 2018 hatte BASF mit ungefähr 80 Milliarden noch auf dem sechsten Platz gelegen./mne/tav/he

Quelle: dpa-Afx