HAMBURG (dpa-AFX) - Beim Konsumgüterkonzern Beiersdorf
DIE LAGE BEI BEIERSDORF:
Nachdem Konzernchef Stefan De Loecker bereits Anfang Mai kundgetan hatte, dass auch das zweite Quartal schwierig bleibe, bestätigten die Anfang Juli bekannt gegebenen Eckdaten dies nur noch. Der unter anderem für die Hautcreme Nivea bekannte Konzern erlöste im ersten Halbjahr insgesamt 10,7 Prozent weniger als im selben Zeitraum des Vorjahres. Das konjunktursensible Klebstoffgeschäft rund um die Marke Tesa wurde dabei genauso stark getroffen wie das Konsumgütergeschäft mit Kosmetikprodukten.
Schon vor dem Beginn der Corona-Pandemie hatte die Klebstoffsparte unter der Schwäche der deutschen Automobilbranche gelitten. Diese stand im vergangenen Jahr für knapp ein Fünftel des gesamten Umsatzes. Die Rückgänge im Bereich der Hautpflegeprodukte treffen Beiersdorf noch ungleich schwerer. Während Klassiker wie Nivea im ersten Quartal nahezu unverändert beliebt waren, kam es bei der Luxushautpflegemarke "La Prairie" bereits zu erheblichen Einbußen.
Die Verkäufe des einstigen Wachstumstreibers brachen zwischen Januar und März um mehr als ein Drittel ein. Einer der Gründe: Die "La Prairie"-Produkte werden häufig in Duty-Free-Shops an Flughäfen verkauft. Der Zusammenbruch des weltweiten Reisemarktes schlug damit auch auf den Konsumgüterkonzern durch.
Nachdem das Unternehmen bereits Anfang April die Prognose für das Gesamtjahr zurückgezogen hatte, sah sich Beiersdorf zuletzt weiter nicht in der Lage, die Auswirkungen der Pandemie auf das Gesamtjahr abzuschätzen. Zuvor war das Unternehmen von einem Umsatzwachstum aus eigener Kraft von 3 bis 5 Prozent und einer gleichbleibenden operativen Umsatzrendite von 14,5 Prozent ausgegangen. Kündigungen und Kurzarbeit wegen der Corona-Krise hatte das Unternehmen hingegen Anfang Mai eine Absage erteilt.
Ungeachtet der Belastungen im Kerngeschäft investiert Beiersdorf weiter Geld in ein besseres, grüneres Image. Neben dem Zukauf von Anteilen am britischen Hersteller von umweltfreundlicheren Spraydosen Salford Valve kooperieren die Hamburger auch mit dem Recycling-Spezialisten Werner & Merz beim Aufbau einer Kreislaufwirtschaft in der Kosmetikindustrie.
DAS SAGEN ANALYSTEN:
Marktbeobachter zeigten sich vom beschleunigten Umsatzrückgang im zweiten Quartal enttäuscht. Die vorläufigen Zahlen für das erste Halbjahr deuten einen Umsatzrückgang im zweiten Quartal von 18 Prozent an, ein deutlicher Rutsch im Vergleich zum ersten Quartal, hieß es von Jörg Philipp Frey vom Analysehaus Warburg. Dies habe ihn ganz klar enttäuscht, da die Nachfrage augenscheinlich im Juni nicht angezogen habe. Besonders für diese Entwicklung verantwortlich machte der Analyst die Absatzschwäche bei der Luxusmarke "La Prairie".
Auch wirke es laut Frey beim Blick auf die Zahlen, als stünde die Welt Kopf. Als Grund nannte der Experte den Rückgang im "defensiven" Konsumgütergeschäft, der größer ausgefallen sei als im zyklischen Klebstoffbereich. Er habe seine Schätzungen daher gekappt und das Kursziel für die Papiere geringfügig auf 97 Euro gesenkt. Bei der Bewertung blieb der Experte bei seiner neutralen Einschätzung.
Auch Molly Wylenzek, Expertin der US-Bank Jefferies, machte "La Prairie" für die überraschend schlechten Zahlen verantwortlich. Die Verkäufe der Marke seien schwer von der Corona-Krise getroffen worden und sie rechne mit einem Rückgang der Erlöse von 28 Prozent im Gesamtjahr. Aufgrund der langsamer als erwartet ausfallenden Erholung im Geschäft mit Körperpflegeprodukten senkte sie ihre Erwartungen für die Jahre 2020 und 2021 und kappte das Kursziel von 93 auf 91 Euro. Ihre generelle Empfehlung ist jedoch unverändert "Halten".
Von den 19 im dpa-AFX-Analyser gelisteten Experten sprechen sich 10 für ein Halten der Papiere aus, während 6 einen Verkauf und drei einen Kauf empfehlen. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 98,76 Euro und damit geringfügig unter dem aktuellen Kurs.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Der Aktienkurs von Beiersdorf erreichte bei 77,62 Euro sein Corona-Tief. In den zwölf Monaten vor der Pandemie hatte die Aktie deutlich zugelegt. Von um die 83 Euro im Februar 2019 war die Bewertung der Papiere bis Anfang September des vergangenen Jahres auf ein Rekordhoch bei 117,25 Euro geklettert und hatte sich anschließend im Bereich zwischen 103 und 108 Euro eingependelt: Dann kam der Absturz.
Zuletzt hat sich die Aktie zwar seit dem Crash-Tief wieder um gut ein Viertel auf rund 99 Euro erholt, doch die Pandemie steckt den Anlegern weiterhin in den Knochen. Die Abschläge seit Jahresbeginn belaufen sich auf rund 7 Prozent. Auch die für langfristige Anleger wichtige 200-Tage-Trendlinie bei knapp über 100 Euro konnte bisher nur kurzzeitig übersprungen werden.
Mit einer Marktkapitalisierung von derzeit knapp 25 Milliarden Euro liegen die Hamburger deutlich hinter dem größeren Düsseldorfer Konkurrenten Henkel
Quelle: dpa-Afx