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FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Kapriolen an den Märkten haben die Deutsche Börse
DAS IST LOS BEI DER DEUTSCHEN BÖRSE:
In Krisenzeiten wird an den Finanzmärkten üblicherweise rege gehandelt, und das Bedürfnis nach Absicherung gegen Risiken steigt. Von beidem profitiert die Deutsche Börse - zu schaffen macht ihr allerdings das anhaltende Zinstief, das auf die Erträge im Geschäft mit dem Verwahren von Wertpapieren drückt.
Dennoch dürfte die Deutsche Börse 2020 so viel erlöst und verdient haben wie noch nie. Der Frankfurter Marktbetreiber veröffentlicht am Mittwoch (10. Februar) nach Börsenschluss am Abend seine Bilanz für 2020, erwartet wird dabei ein Umsatz- und Gewinnanstieg. Tags darauf stellen sich Vorstandschef Theodor Weimer und Finanzvorstand Gregor Pottmeyer den Fragen der Journalisten.
Neben dem regen Handel an den Märkten infolge der Krise helfen der Börse auch von Übernahmen der vergangenen Jahre. Der seit Anfang 2018 amtierende Konzernchef Weimer will die Deutsche Börse mit Zukäufen vor allem außerhalb des Aktiengeschäfts oder dem dazugehörigen Derivate-Bereich noch unabhängiger von den starken Schwankungen an diesen Märkten machen. Im Vergleich zu Wettbewerbern ist der Konzern schon recht breit aufgestellt.
Die Suche nach geeigneten Zielen ist nicht einfach, da die Konkurrenz unter den Bietern groß ist und die Preise hoch sind. Im vergangenen Jahr war Weimer im Herbst doch noch fündig geworden: Der Konzern schnappte sich in einem milliardenschweren Zukauf 80 Prozent der Anteile des US-Stimmrechtsberaters Institutional Shareholder Services (ISS). ISS liefert institutionellen Investoren Daten und Dienstleistungen im Bereich Unternehmensführung.
"Wir setzen unsere Strategie des kontinuierlichen organischen Wachstums fort und haben vor, das akquisitorische Wachstum eher noch zu beschleunigen", hatte Weimer bei der Vorstellung der Übernahme und der Strategie für die kommenden Jahre Mitte November gesagt. "Die langfristigen Trends an den Finanzmärkten unterstützen unser solides Wachstum. Sie werden durch Corona nicht wirklich berührt. Corona hat für uns eher zyklischen Charakter. Unsere 10-Prozent-Wachstumsformel heißt: 10 Prozent Wachstum pro Jahr, sowohl bei Umsatz als auch Gewinn über den Zeitraum 2020 bis 2023."
Als 2023er-Umsatzziel nannte Weimer einen absoluten Wert von rund 4,3 Milliarden Euro. Der Umsatzanstieg soll rund zur Hälfte aus Übernahmen (M&A) kommen. Für den Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) nannte er kein absolutes Ziel. Ausgehend vom 2019er-Referenzwert, dem angepeilten Plus von zehn Prozent pro Jahr und der Aussage, dass die Marge stabil bleiben soll, ergibt dies 2023 ein Ebitda von knapp 2,5 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Im Jahr vor Weimers Start setzte die Deutsche Börse knapp 2,5 Milliarden Euro um und verdiente dabei operativ 1,5 Milliarden Euro.
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Vom Unternehmen selbst befragte Analysten rechnen für das abgelaufene Jahr mit kräftigem Wachstum. Im Schnitt erwarten die Experten bei den Nettoerlösen einen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr um rund acht Prozent auf rund 3,2 Milliarden Euro. Der Gewinn sollte demnach um zehn Prozent auf rund 1,1 Milliarden Euro gestiegen sein.
Bereinigt um Sondereffekte wie Aufwendungen für Übernahmen und den Konzernumbau wird ein Überschuss von etwas mehr als 1,2 Milliarden erwartet. Das wäre ebenfalls ein Plus von rund zehn Prozent zum Vorjahr. Die Anteilseigner sollten davon mit einer um 23 Cent erhöhten Dividende von 3,13 Euro profitieren. Das wären alles Rekordwerte.
Mit den von Experten erwarteten Ergebnissen würde die Börse Weimers Ziele erfüllen. Er hatte für das vergangene Jahr das Ziel ausgegeben, die Nettoerlöse aus eigener Kraft um mindestens fünf Prozent zu steigern und einen um Sondereffekte bereinigten Gewinn von rund 1,20 Milliarden Euro zu erzielen.
Experten halten auch die mittelfristigen Ziele Weimers größtenteils für machbar, auch wenn die Analysten laut einer Erhebung von Bloomberg im Schnitt nur einen Anstieg der Erlöse auf knapp vier Milliarden Euro sowie des operativen Gewinns auf 2,4 Milliarden Euro prognostizieren. Noch hat Weimer etwas Zeit, um das Geschäft des Konzerns mit weiteren Übernahmen zu stärken.
Der Investorentag mit den neuen Zielen hat die meisten Experten in ihrer Einschätzung der Aktie bestärkt. Es gab in der Folge kaum Ab- oder Hochstufungen. Lediglich einige Experten wie UBS-Analyst Analyst Michael Werner haben ihre Kursziele erhöht. Von den 27 bei Bloomberg erfassten Experten empfehlen derzeit 14 Analysten das Papier zum Kauf, 13 raten zum Halten und keiner hat ein Verkaufsvotum.
Das durchschnittliche Kursziel liegt mit knapp 157 Euro fast ein Fünftel über dem aktuellen Niveau. Das höchste Ziel kommt dabei mit 173 Euro vom Bankhaus Metzler und das niedrigste mit 138 Euro von Kepler Chevreux.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Die Aktie der Deutschen Börse zählte im Sommer vergangenen Jahres eindeutig zu den Gewinnern am Aktienmarkt. Vom Corona-Crash-Tief von knapp 93 Euro am 18. März ging es bis auf das Rekordhoch von 170,15 Euro im Juli nach oben. Danach mehrten sich aber die Zweifel an der Bewertung; zudem ließ das Wachstum etwas nach. Bis Anfang November sackte der Kurs auf weniger als 125 Euro ab. Seither konnte sich das Papier davon kaum erholen.
Derzeit kostet eine Deutsche-Börse-Aktie gut 135 Euro und damit rund zehn Prozent weniger als vor einem Jahr, also bevor die Corona-Pandemie die Finanzmärkte in Europa und den Vereinigten Staaten voll erfasst hatte. Damit liegt das Papier in den vergangenen zwölf Monate in der unteren Hälfte des deutschen Leitindex, der im gleichen Zeitraum leicht zulegen konnte.
Besser sieht es beim längerfristigen Blick aus. Seit dem Amtsantritt Weimers Anfang 2018 beträgt das Kursplus trotz des jüngsten Rückschlags immer noch fast 40 Prozent. Zum Vergleich: Der Dax legte in diesem Zeitraum nur um rund neun Prozent zu.
An der Börse kommt der Marktplatzbetreiber derzeit auf eine Marktkapitalisierung von knapp 26 Milliarden Euro. Damit ist die Deutsche Börse mehr wert als die ebenfalls am Finanzplatz Frankfurt angesiedelte Deutsche Bank
Im Vergleich zum Rivalen London Stock Exchange (umgerechnet rund 51 Milliarden Euro) fehlt allerdings noch ein gutes Stückchen. Die Londoner Börse hatte sich erst vor kurzem den Datenanbieter Refinitiv für 27 Milliarden Euro einverleibt und damit den Börsenwert noch einmal kräftig nach oben getrieben./zb/ben/stw/he
Quelle: dpa-Afx