BONN (dpa-AFX) - Das Corona-Jahr hat der Deutschen Post wider erwarten ein Rekordjahr beschert. Die anfänglichen Unsicherheiten der Pandemie sind für die Deutsche Post längst Schnee von gestern. Jetzt geht es eher darum, die anhaltend hohe Nachfrage zu bedienen. Deshalb vergrößern die Bonner ihre Kapazitäten und nutzen, dass die Fluggesellschaften gerade Leerlauf haben. Was beim Konzern los ist, was die Analysten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEIM UNTERNEHMEN:

In den Urlaub fliegen derzeit nur wenige Menschen. Fluggesellschaften und vor allem Ferienflieger wie Condor hat die Corona-Krise mit voller Wucht getroffen. Dafür werden mehr Waren rund um den Globus bewegt, der Online-Handel boomt, die Nachfrage nach Logistikdienstleistungen steigt: Die Deutsche Post gehört damit zu den Gewinnern der Pandemie und braucht mehr Kapazitäten. Deshalb heißt es für Condor jetzt: Pakete statt Passagiere. Der Logistikkonzern und die Fluggesellschaft Condor haben erst kürzlich eine Kooperation geschlossen: Seit Ende Februar hebt Condor für DHL Express ab. Die Partnerschaft sei allerdings zuerst bis Ende Mai befristet, heißt es von Konzernseite.

Perspektivisch sei dabei auch der Transport von Impfstoffen möglich. Auch hier stellt sich der Konzern breiter auf und erweitert seine Kapazitäten zur Lagerung und zum Umschlagen von Pharma- und Medizinprodukten in Deutschland.

Die Partnerschaft mit Condor ist für die Bonner nur ein Teil eines Maßnahmenprogramms, um die weltweit steigenden Express-Volumina bedienen zu können. Bereits Anfang des Jahres hatte das Unternehmen den zusätzlichen Kauf neuer Großraumflugzeuge angekündigt. Die Corona-Krise hat das Einkaufsverhalten verändert und viel ins Internet verlagert. "Aus der Perspektive des E-Commerce könnte man sogar sagen, dass wir durch Covid-19 im Jahr 2020 bereits auf dem Stand des Jahres 2030 sind", sagte DHL-Express-Manager Michiel Greeven im November zur Situation des Online-Handels. Damit hat die Corona-Krise die Gewinnentwicklung der Deutschen Post im Laufe des Jahres quasi beflügelt. Denn wie die Post bereits Mitte Januar verkündete, lag das operative Ergebnis (Ebit) 2020 deutlich über der erst im Herbst aktualisierten Prognose.

Im Oktober hatte die Post mitgeteilt, dass sie ein Ebit von 4,1 bis 4,4 Milliarden Euro erwartet. Nach den vorläufigen Zahlen für 2020 liegt das Ergebnis jetzt bei über 4,8 Milliarden Euro. Damit hat der Konzern zwar nicht ganz das seit Jahren gesetzte Ziel von 5 Milliarden Euro geschafft, aber die Prognose hatte Konzernchef Frank Appel mit Beginn der Pandemie sowieso einkassiert. "2020 war ein außergewöhnliches Jahr", erklärte Appel. "Trotz der zahlreichen Herausforderungen konnten wir ein Rekordergebnis erzielen. Unsere Strategie und unser Geschäftsmodell haben sich als resilient erwiesen - auch in weltwirtschaftlich turbulenten Zeiten."

Im Zuge der Krise lichteten sich für die Bonner nicht nur die Wolken. Es sieht für die nächsten Jahre jetzt sogar besser aus als vor der Pandemie, stellt man die Ebit-Ziele der nächsten Jahre nebeneinander. Denn im März vergangenen Jahres lagen die Schätzungen der Deutschen Post für 2022 noch bei 5,3 Milliarden. Jetzt peilt Appel schon für das laufende Jahr mit 5,4 Milliarden mehr an. Einen detaillierten Ausblick will das Unternehmen am 9. März vorlegen.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Die im dpa-AFX-Analyser gelisteten Experten plädieren mehrheitlich weiterhin für "Kaufen". Das durchschnittliche Kursziel der Analysten seit Dezember beträgt etwas mehr als 48 Euro. Von 14 Analysten empfehlen nur drei die Aktie zu halten, Verkaufsempfehlungen gibt es keine.

Ein besonders hohes Kursziel setzt die US-Investmentbank Goldman Sachs an. Sie traut der Aktie zu, auf 58 Euro zu steigen. Das wäre ein Aufschlag von mehr als einem Dritten auf den derzeitigen Kurs. Analyst Matija Gergolet geht von einem weiteren starken Jahr für die Papiere des Logistikers aus. Die anhaltende Stärke im E-Commerce-Geschäft sei langfristig der Treiber der Profitabilität. Dies alles bekämen die Anleger derzeit noch zu einer günstigen Bewertung.

Das US-Analysehaus Bernstein Research schreibt, das internationale Geschäft mit Expresslieferungen dürfte sich für längere Zeit stark entwickeln. Nicht ganz so optimistisch ist das Analysehaus Warburg Research: Die Bonner hätten 2020 zwar besser abgeschnitten als gedacht, schrieb Analyst Christian Cohrs. Die Basis für andauernden Erfolg sei gelegt. Die Bewertung der Aktien erscheine mittlerweile aber ausreichend hoch.

DAS MACHT DIE AKTIE

Seit ein paar Monaten schwingt sich die Post-Aktie von Rekord zu Rekord. Ende Januar kostete das Papier dann in der Spitze 43,84 Euro - aktuell liegt der Kurs nur knapp darunter. 2020 ist es der Post auch generell erstmals seit Anfang 2018 wieder gelungen, die 40-Euro-Marke zu knacken. Zu Beginn des vergangenen Jahres war es wegen der Corona-Unsicherheiten für die Aktie zunächst gar nicht gut gelaufen. Im Zuge des Corona-Crashs war der Kurs zeitweise unter 20 Euro abgesackt.

Anschließend begann aber eine starke Erholung. Die Prognoseerhöhung gab zuletzt weiteren Schub. Seit Mitte Februar 2020, also bevor die Corona-Krise die Finanzmärkte erschüttert hatte, zog der Kurs um rund ein Viertel an. Das Papier zählt damit zu den Gewinnern der Corona-Pandemie. Zum Vergleich: Der Dax legte in diesem Zeitraum gerade mal zwei Prozent zu.

Anleger, die die Aktie bereits seit fünf Jahren in ihrem Depot haben, können sich sogar über ein Kursplus von mehr als 80 Prozent freuen. Die Post kommt nach der jüngsten Rally an der Börse derzeit auf eine Marktkapitalisierung von knapp 52 Milliarden Euro.

Die Bundesrepublik hält über die KfW immer noch rund ein Fünftel der Anteile an dem früheren Staatsmonopolisten, der seit 2000 an der Börse notiert ist. Das Paket ist derzeit fast elf Milliarden Euro wert und damit eine der wertvollsten Beteiligungen des Staates an einem Unternehmen. Noch mehr sind allerdings die rund 32 Prozent an der Deutschen Telekom wert - die Anteile an dem Bonner Konzern kommen derzeit auf einen Wert von rund 23 Milliarden Euro.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte Ende Januar einen Verkauf von Staatsbeteiligungen ins Spiel gebracht, um einen Teil der Kosten für die Corona-Hilfsmaßnahmen zu finanzieren. "Der Wert der staatlichen Beteiligungen ist in den letzten Jahren ordentlich gewachsen. Deshalb sollten wir prüfen, welche staatlichen Beteiligungen zurückgefahren werden können. Auch das bringt Geld in die Staatskasse, das wir für Zukunftsinvestitionen gut gebrauchen können", sagte er der "Welt am Sonntag"./knd/zb/mne/

Quelle: dpa-Afx