MÜNCHEN (dpa-AFX) - Im Strafprozess gegen den ehemaligen Audi-Chef Rupert Stadler um geschönte Abgaswerte bei Dieselautos wird am Dienstag (9.15 Uhr) eine entscheidende Weichenstellung erwartet. Das Landgericht München hat Stadler und dem früheren Chef der Audi-Motorenentwicklung, Wolfgang Hatz, bei vollen Geständnissen Bewährungsstrafen in Aussicht gestellt. Jetzt müssen sie sagen, ob sie das Angebot annehmen.
Stadler und Hatz haben bisher ihre Unschuld beteuert. Der langjährige Vorstandsvorsitzende argumentierte bislang, er sei von seinen Technikern hinters Licht geführt worden. Die Kammer kam in dem schon zweieinhalb Jahre dauernden Prozess aber zu der Einschätzung, dass Stadler spätestens im Juli 2016 erkannt haben dürfte, dass die Abgaswerte von Dieselautos manipuliert gewesen sein könnten. Er hätte der Sache auf den Grund gehen, die Tricksereien abstellen und die Handelspartner informieren müssen. Stattdessen habe er den Verkauf der Autos weiter geduldet. Daher komme für Stadler eine Freiheitsstrafe wegen Betruges durch Unterlassen in Betracht.
Der frühere Audi-Motorenchef und Porsche-Technikvorstand Hatz hat bisher argumentiert, die Manipulationen seien erst nach seinem Wechsel im VW-Konzern
Zwei mitangeklagte Audi-Ingenieure hatten bereits volle Geständnisse abgelegt. Das Verfahren gegen einen der beiden, der von Anfang an als Kronzeuge aufgetreten war, wurde vor drei Wochen gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt.
Gericht, Verteidiger und Staatsanwaltschaft hatten den Verfahrensstand und den möglichen Fortgang vergangene Woche in einem Rechtsgespräch hinter verschlossenen Türen erörtert. Am Dienstag will der Vorsitzende Richter Stefan Weickert den Inhalt des Gesprächs offenlegen und die Stellungnahmen der Verteidiger und der Staatsanwaltschaft dazu hören. Dabei dürfte auch die Höhe der möglichen Geldauflagen bei einer Bewährungsstrafe eine wichtige Rolle spielen. Das Urteil könnte nach bisheriger Planung im Juni verkündet werden.
Stadler, Hatz und der mitangeklagte Ingenieur hatten mehrere Monate in U-Haft gesessen. Der erste Strafprozess zum Dieselskandal in Deutschland begann schon im September 2020./rol/DP/stw
Quelle: dpa-Afx