KÖLN (dpa-AFX) - Neukunden klassischer Lebensversicherungen können trotz des Endes der Zinsflaute vorerst nicht auf höhere Zinsversprechen hoffen. Die einflussreiche Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) schlägt vor, den Höchstrechnungszins - auch Garantiezins genannt - 2024 weiterhin bei 0,25 Prozent zu belassen. "Wir betrachten nicht nur dieses eine Jahr, in dem die Zinsen am Markt wieder gestiegen sind, sondern beziehen verschiedene Faktoren mit ein", erläuterte der DAV-Vorsitzende Herbert Schneidemann.
"Die Zinssituation am Kapitalmarkt muss sich erst dauerhaft auf diesem Niveau stabilisieren, bevor wir einen höheren Höchstrechnungszins empfehlen können", sagte der Versicherungsmathematiker der Deutschen Presse-Agentur.
Änderungen des Garantiezinses gelten jeweils ausschließlich für Neuverträge des Altersvorsorgeklassikers. Für Altverträge, für die es noch bis zu 4 Prozent gibt, ändert sich in diesem Punkt nichts. Über die endgültige Höhe des Garantiezinses, der seit 1. Januar 2022 bei nur 0,25 Prozent liegt, entscheidet das Bundesfinanzministerium nach Empfehlungen der Aktuarvereinigung (Versicherungsmathematiker) und der Finanzaufsicht Bafin. Der Höchstrechnungszins soll verhindern, dass sich Versicherer mit Garantieversprechen übernehmen.
Aktuare sind Versicherungsmathematiker, die mit Methoden der Wahrscheinlichkeitstheorie und der Statistik finanzielle Unsicherheiten bei Versicherungen bewerten.
Zur laufenden Verzinsung des Altersvorsorgeklassikers zählt auch die Überschussbeteiligung, die Lebensversicherer je nach Wirtschaftslage und Erfolg ihrer Anlagestrategie jedes Jahr neu festsetzen und die auch Altkunden betrifft. Schneidemann rechnet vorerst nicht mit einer Erhöhung der Überschussbeteiligung auf breiter Front bei klassischen Kapitallebensversicherungen, in die Kunden laufend einzahlen. "Bei Produkten mit Einmalbeitrag, die oft über einen deutlich kürzeren Zeitraum laufen und heute häufig eine niedrigere Überschussbeteiligung haben, könnte diese jedoch schneller steigen."
Die Assekuranzen legen die Kundengelder vor allem in Staatsanleihen mit guter Bewertung an, die als vergleichsweise sicher gelten. Diese warfen in der Zinsflaute kaum noch etwas ab. Um die hohen Garantien für Altverträge von bis zu vier Prozent abzusichern, mussten Lebensversicherer Geld zurückstellen. Dieses Geld konnte nicht an die Kunden ausgeschüttet werden.
Weil die Zinsen von Staatsanleihen wieder gestiegen sind, ist der Kapitalpuffer - im Fachjargon Zinszusatzreserve - Schneidemann zufolge im Branchenschnitt mit rund 100 Milliarden Euro zum Jahresende ausreichend gefüllt. Das bedeutet aus seiner Sicht allerdings nicht, dass schon in den nächsten zwei Jahren Gelder für die Kunden im großen Stil frei werden. "Erst wenn aus der Zinszusatzreserve massiv Gelder frei werden, werden wir in der Breite steigende Überschussbeteiligungen sehen."/mar/DP/stw
Quelle: dpa-Afx