BERLIN/FRANKFURT (dpa-AFX) - Im Luftverkehr von und nach Deutschland dauert die Corona-Flaute weiter an. Die jüngsten Reisewarnungen für das Haupturlaubsland Spanien haben bereits wieder zu Passagier-Rückgängen geführt, wie der Präsident des Branchenverbandes BDL, Peter Gerber, am Mittwoch berichtete. Weil wegen der aktuellen Einreisebeschränkungen immer noch rund 70 Prozent des internationalen Luftverkehrs blockiert seien, müsse nach Wegen gesucht werden, wie auch in Corona-Zeiten sicher geflogen werden kann.
"Die Langstrecke muss wieder möglich werden", betonte der Lufthansa
Laut Verband haben sich die US-Behörden offen für die Vorschläge und ihre schnelle Umsetzung gezeigt, während es in Europa eine eher zögerliche Haltung gebe. In Deutschland sollten Flüge von München und Frankfurt aus ermöglicht werden, sagte Gerber. An den beiden Drehkreuzen seien bereits ausreichende Testkapazitäten vorhanden. In den USA gehe es um die Flughäfen in Boston, Chicago, Los Angeles und Newark bei New York.
Die Corona-Testverfahren seien bereits schneller, einfacher und kostengünstiger geworden, sagte der BDL-Präsident. Letztlich könnten die Verfahren auch das Reisen wieder angenehmer machen. "Wenn alle getestet sind, wird auch das Fliegen ohne Masken wieder möglich."
In den Sommermonaten Juli und August habe in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr nur etwa jeder dritte Flug stattgefunden, teilte der BDL mit. Nach Einschätzung des Branchenverbandes ist jeder zweite der rund 1,1 Millionen direkt und indirekt mit der Fliegerei verbundenen Jobs akut bedroht.
Der internationale Passagierverkehr war Mitte März wegen der Pandemie-Reisebeschränkungen abrupt zusammengebrochen und danach nur sehr schleppend wieder angelaufen. Im April und Mai ruhte der Verkehr fast vollständig. Der weltweite Airlineverband IATA rechnet global mit rund 70 Milliarden Euro Verlust bei den Fluggesellschaften in diesem und weiteren 13 Milliarden Euro Netto-Verlust im kommenden Jahr.
Insgesamt fehlten laut BDL an den deutschen Flughäfen im ersten Halbjahr rund 66 Prozent der Passagiere. Im Frachtgeschäft gab es geringere Einbrüche, allerdings standen hier die Beilademöglichkeiten in den Passagierflugzeugen nicht zur Verfügung.
Einen Zwischenerfolg vermeldete die Lufthansa von ihren Sparverhandlungen mit dem Personal. Das Unternehmen hat sich mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) auf einen kurzfristigen Krisenplan geeinigt, der betriebsbedingte Kündigungen bis zum zweiten Quartal 2021 ausschließt. Im Gegenzug verzichten die Piloten auf eine Gehaltssteigerung, Zuzahlungen zur Betriebsrente und einen Teil ihrer Kurzarbeitsaufstockung. Eine grundlegende Vereinbarung zur Verhinderung betriebsbedingter Kündigungen wollen beide Seiten bis Jahresende erreichen.
Einschneidende Veränderungen im deutschen Flughafensystem verlangten die Umweltorganisation BUND und das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS), die eine Studie zur Wirtschaftlichkeit von kleineren Regionalflughäfen vorlegten. Nur 3 von 14 untersuchten Standorten hätten einen verkehrspolitischen Nutzen durch die Anbindung ihrer Region an den internationalen Flugverkehr. Die Studienautoren forderten die sofortige Schließung von 7 der 14 Standorte: Erfurt-Weimar, Frankfurt-Hahn, Kassel-Calden, Niederrhein-Weeze, Paderborn/Lippstadt, Rostock-Laage und Saarbrücken.
Der Flughafenverband ADV wies die Forderungen zurück und verlangte Kostenentlastungen insbesondere bei Sicherheitsvorkehrungen, die in anderen EU-Ländern vom Staat getragen würden. Das polyzentrische Flughafensystem sei ein Abbild der föderalen Struktur Deutschlands mit seinen starken Wirtschaftszentren und Metropolregionen, sagte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel. Der Verband verwies zusätzlich auf die Bedeutung der Flughäfen im Frachtverkehr und als regionaler Standortfaktor. Die regionalwirtschaftlichen Effekte lägen in der Regel deutlich über den von den Gesellschaftern getragenen Verlusten./ceb/ted/DP/nas
Quelle: dpa-Afx