LUXEMBURG (dpa-AFX) - Der Online-Modehändler Global Fashion Group hat einen steinigen Weg hinter sich. Der Börsengang im vergangenen Jahr war eher missglückt, weil das Unternehmen dabei deutlich weniger erlöst hatte als erhofft. In den darauf folgenden Monaten allerdings, arbeitete sich die auf Schwellenländer ausgerichtete ehemalige Beteiligung des Berliner Startup-Investors Rocket Internet bis in den Nebenwerte-Index SDax vor. Die Corona-Krise entpuppte sich hierbei für das Unternehmen zum Katalysator. Was beim Unternehmen los ist, was die Analysten sagen und wie sich die Aktie entwickelt.

WAS IST LOS BEI GFG:

In einem Jahr, in dem viele Unternehmen unter der Corona-Pandemie ächzen, geht es für die Global Fashion Group steil bergauf. Nach einem bisher stark verlaufenen vierten Quartal will die GFG ihren Mittelfristausblick zum Jahresende wahrscheinlich aufstocken. Unter anderem beim Marktanteil von 30 Prozent hatte GFG das Ziel bereits im zweiten Quartal übertroffen. Auch beim Wachstum des Nettowarenwertes (NMV) könne man in diesem Jahr mit prognostizieren 25 Prozent die Ziele wahrscheinlich bereits überfüllen. Unter dem NMV versteht das Unternehmen den summierten Wert aller im Einzelhandel und über seine Plattformen verkauften Produkte.

Weit entfernt vom Zielkorridor ist dagegen noch das Margenziel. Die Profitabilität gemessen am um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll in drei bis vier Jahren auf mindestens sechs Prozent steigen. 2019 war der Wert noch negativ. Erreichen will der Konzern das unter anderem über eine sinkende Kostenquote. Zudem will GFG seine Investitionsausgaben auf unter 50 Millionen Euro drücken, im vergangenen Jahr hatten sie 72,1 Millionen Euro betragen.

Um diese Ziele zu erreichen, besorgte sich das Management zuletzt mit einer Kapitalerhöhung 120 Millionen Euro. Das eingenommene Geld soll unter anderem in Technologie und Liefer-Infrastruktur investiert werden.

Doch nicht nur mittelfristig zeigt sich die Geschäftsführung optimistisch. Bereits nach dem dritten Quartal schraubte GFG die Prognose für 2020 nach oben. Neben einem höheren Wachstum des Nettowarenwertes erwartet der Online-Modehändler operativ auf bereinigter Basis mindestens zehn Millionen Euro Gewinn. Bisher hatte es nur geheißen, dass die Gewinnzone erreicht werde. Vorstandschef Christoph Barchewitz sprach von einem der stärksten Quartale seit Unternehmensgründung.

WAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Was Anleger und Geschäftsführung von GFG freuen dürfte: Marktbeobachter gehen davon aus, dass der Wechsel des Konsumverhaltens hin zum Online-Handel keine Eintagsfliege bleiben dürfte. Die Experten der Privatbank Berenberg sehen zudem in den reinen Online-Händlern die klaren Gewinner der Krise. Die Corona-Pandemie habe den Trend hin zum Internet in wenigen Quartalen extrem beschleunigt, dieselbe Entwicklung hätte aus Sicht der Analysten ansonsten mehrere Jahre gedauert.

Berenberg Analyst Michael Benedict ist zudem der Ansicht, dass der aktuelle Kurs der GFG-Papiere zu niedrig ist. Im Vergleich zum Rivalen Zalando werde das Unternehmen trotz ähnlicher Wachstumszahlen niedriger bewertet, obwohl es keine Gründe gebe anzunehmen, dass das Geschäft weniger profitabel sei. Benedict sprach daher eine Kaufempfehlung aus, das Kursziel lag bei 10,80 Euro.

Von den vier von Bloomberg gesammelten Experten-Einschätzungen empfehlen alle einen Kauf der Papiere. Das durchschnittliche Kursziel von 7,95 Euro liegt jedoch nur leicht über dem aktuellen Kursniveau.

WIE ENTWICKELT SICH DIE AKTIE:

Trotz geringfügiger Abschläge im Anschluss an die Kapitalerhöhung, lief es in diesem Jahr an der Börse sehr gut für GFG-Investoren. Nach einem Anstieg von deutlich über 300 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten ist das Unternehmen inzwischen an der Börse mehr als 1,5 Milliarden Euro wert und seit September im SDax notiert. Größter Anteilseigner des Unternehmens ist mit rund 37 Prozent die schwedische Beteiligungsgesellschaft Kinnevik. Die Zerena GmbH hält fast 15 Prozent an dem Modehändler, diese Gesellschaft ist der Familie Samwer zu zuordnen.

Dabei war dem Unternehmen der Börsengang im vergangenen Jahr nur mit viel Mühe gelungen. Die Platzierung der Aktien zum Preis von 4,50 Euro gelang nur mit kräftiger Unterstützung von Kinnevik und Rocket Internet.

Doch die Corona-Pandemie verlieh dem Kurs Flügel. Die Corona-Delle,die bei so viele Aktienunternehmen weltweit deutlich erkennbar ist, war bei dem Modehändler nicht mehr als eine fast unmerkliche Senke: Ab April 2020 stiegen die Kurse rasant an.

Zwar zeigten sich die Anleger von der nach dem zweiten Quartal neu ausgegebenen Prognose enttäuscht, nach diesem kurzen Rücksetzer ging es jedoch weiter aufwärts. Ende Oktober erreichten die Papiere mit fast 9 Euro ihr bisheriges Rekordhoch. Seitdem stabilisierte sich der Kurs auf einem niedrigeren Niveau bei leicht unter 8 Euro./ssc/knd/stk

Quelle: dpa-Afx